Goldlöckchen-Szenario vor dem Aus Welche Verwalterqualitäten jetzt gefragt sind

Markus Jesberger (links) und Thomas Segura: „Niedrige Zinsen in einem nahezu inflationsfreien Umfeld bei geringen Rohstoffkosten schienen kein Märchen zu sein“.

Markus Jesberger (links) und Thomas Segura: „Niedrige Zinsen in einem nahezu inflationsfreien Umfeld bei geringen Rohstoffkosten schienen kein Märchen zu sein“.

In den entwickelten Ländern herrschten in jüngerer Vergangenheit positive volkswirtschaftliche Bedingungen. Zum Höhepunkt der Entwicklung riefen einige Marktteilnehmer im Jahresverlauf 2017 das sogenannte Goldy-Locks- oder Goldlöckchen-Szenario aus.

Niedrige Zinsen in einem nahezu inflationsfreien Umfeld bei geringen Rohstoffkosten schienen kein Märchen zu sein. Die Weltwirtschaft wuchs, die Unternehmen verdienten ordentlich und in der Presse war häufiger von Fachkräftemangel als von Arbeitslosigkeit zu lesen.

Nachfragedominierter Aktienmarkt

Für europäische Renteninvestoren war dies eine herausfordernde Zeit und ist es bis heute. Eine Umlaufrendite von 3 Prozent hatte man zuletzt 2011 gesehen. Mit Anleihen guter Bonität und dem Zinszyklus angemessener Laufzeit ist kein Kapitalerhalt möglich, oft nicht einmal nominal. Kontoguthaben und kurzlaufende Staatspapiere mit Negativrenditen führten zur Frage, wo für Fremdkapitalgeber noch Rendite zu finden sei.

Laufzeitverlängerung, Bonitätsabstriche oder gar Fremdwährungsexkurse waren für viele Marktteilnehmer nur bedingt eine Alternative. Es blieb nur die Flucht auf die Eigenkapitalseite oder in Spezialitäten wie Rohstoffe, Private Equity oder Hedgefonds. Vermögende Privatpersonen, die ihr Kapital nach Inflation, Steuern und Kosten erhalten wollten, waren förmlich gezwungen, in ihrer Vermögensallokation risikotragende Anlagen zu berücksichtigen.

Viele Investoren haben ihre Vermögensstruktur in Richtung von Aktienanlagen angepasst und damit einen nachfragedominierten Markt geschaffen. Dieser kannte 2017 nur eine Richtung. Keine Korrektur, die nicht binnen Wochen wieder hätte aufgeholt werden können. Volatilität war ein Fremdwort, das Risikobewusstsein vergessen.

Bären als Warnsignal

Wer das Märchen von Goldlöckchen und den drei Bären von Joseph Cundall, das auf den englischen Dichter Robert Southey zurückgeht, gelesen hat, ist jedoch gewarnt: Eine Prinzessin verläuft sich und betritt ein unbekanntes Haus. Dort nutzt sie Essen, Stuhl und Bett. Als die Bewohner, drei Bären, am Abend zurückkehren, stellen sie den Eindringling mit den goldenen Locken und ziehen ihn zur Verantwortung. In Deutschland fällt die partielle Analogie zum uns besser vertrauten Märchen Schneewittchen auf.

Für Börsianer ist das Erscheinen von Bären keine gute Nachricht. Insbesondere nicht, wenn – wie in der Geschichte – von einem kleinen, einem mittleren und einem großen die Rede ist. Unter Bärenmarkt versteht man an der Börse Phasen von anhaltend sinkenden Kursen.

Im aktuellen Umfeld sollten sich Investoren fragen, ob sich neben der Rückkehr der Volatilität am Aktienmarkt und der angestiegenen Rohstoffpreise weitere signifikante Veränderungen der Marktbedingungen vollzogen haben. Von vielen beobachtet, aber in der Wirkung möglicherweise unterschätzt, hat sich das Zinsniveau in den USA erhöht. Weitere Zinserhöhungen der Zentralbank Fed werden von den Analysten namhafter Institute erwartet.