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Volatile Festzinsmärkte Vier Aufgaben, die ein Anleiheportfolio erfüllen sollte

Güterabfertigung am Long Beach Container Terminal bei Los Angeles, USA

Güterabfertigung am Long Beach Container Terminal bei Los Angeles, USA: Anleihen bilden den mit Abstand größten Wertpapiermarkt weltweit. Foto: Imago Images / ZUMA Wire

Flavio Carpenzano

Bislang waren die Festzinsmärkte in diesem Jahr so volatil wie selten zuvor. Der Bloomberg Global Aggregate und der Bloomberg US Treasury fielen zwischenzeitlich auf ihre Allzeittiefs. Weil es auch bei risikoreichen Assetklassen zu Ausverkäufen kam, zweifeln viele Anleger an der Sinnhaftigkeit von Anlagen in Festzinspapieren.

Deshalb sollte man sich jetzt einmal mehr die Frage stellen, warum man überhaupt in Anleihen investiert. In unsicheren Zeiten sollte man innehalten und sich vor Augen führen, welche Aufgaben Festzinspapiere in einem Portfolio erfüllen. Das wichtigste Ziel beim Investieren ist der Wertzuwachs, aber Anleihen haben vier wichtige Aufgaben: Kapitalerhalt, laufende Erträge, Inflationsschutz und Diversifikation der Aktienanlagen. Als Anleiheinvestor muss man vor allem darauf achten, dass man sein Kapital zurückerhält, und nicht darauf, was man für sein Kapital erhält. Anleihen zu ignorieren ist keine Option, weil sie der mit Abstand größte Wertpapiermarkt weltweit sind. Sowohl sein Volumen als auch die Zahl der Emittenten sind erheblich gestiegen.

Vier Aufgaben von Anleihen

Aus unserer Sicht erfüllen Anleihen vier wichtige Aufgaben:

Mit unterschiedlichen Anleihearten können Investoren unterschiedliche Ergebnisse erzielen. Beispielsweise haben globale Staatsanleihen bislang die Aktienanlagen in einem gemischten Portfolio besser diversifiziert als andere Assetklassen. Dies, ihre in der Regel steileren Zinsstrukturkurven, ihre längere Duration und ihre vergleichsweise hohe Stabilität machen sie zu einem idealen Instrument für den Kapitalerhalt. Dagegen sind High-Yield- und Emerging-Market-Anleihen aufgrund ihrer höheren nominalen Renditen besser geeignet, wenn man laufende Erträge erzielen möchte.

1. Diversifikation der Aktienanlagen

Bislang haben Investoren Anleihen vor allem als Schutz gegen fallende Märkte genutzt, aber wegen der steigenden Korrelation zwischen Aktien und Festzinspapieren fragen sich jetzt viele, welche Aufgabe Anleihen in einem Portfolio noch erfüllen. Es gab Zeiten, in denen diese Korrelation positiv war. Auch im aktuellen Umfeld mit einer hohen Inflation und schwachem Wirtschaftswachstum ist das der Fall. Aber diese Phasen sind sehr selten. In der Regel sind Aktien und Anleihen langfristig negativ korreliert. Außerdem dürfte die Inflation bald ihren Höhepunkt erreichen, während das Wachstum vermutlich weiter nachlassen wird. Zugleich steigt das Risiko einer Rezession. Deshalb erwarten wir, dass sich die Korrelation wieder normalisiert. Dann werden Staatsanleihen auch wieder ihrer wichtigsten Aufgabe gerecht: Diversifikation der Aktienanlagen.

Seltene Extremereignisse sind schwer vorherzusagen. Deshalb könnte es sehr sinnvoll sein, ein diversifiziertes Portfolio davor zu schützen. In schwierigen Marktphasen mit fallenden Aktienmärkten boten Qualitätsstaatsanleihen, vor allem lang laufende, in der Regel echten Schutz vor Verlusten, selbst wenn die Renditen sehr niedrig oder sogar negativ waren.

2. Kapitalerhalt

Die Aufmerksamkeit der Marktteilnehmer richtet sich zunehmend auf das schwächere Wachstum und das steigende Rezessionsrisiko. In volatilen Marktphasen könnten Staatsanleihen und Investmentgrade-Unternehmensanleihen wertvollen Schutz gegen Verluste bieten. Wie die nachstehende Grafik zeigt, haben sich US-Treasuries und Investmentgrade-Unternehmensanleihen seit 2001 in allen Phasen mit großen Verlusten besser entwickelt als andere risikoreiche Wertpapiere wie Aktien und High-Yield-Anleihen.

Grafik: Qualitätsanleihen waren bei volatilen Aktienmärkten recht stabil

Die Fundamentaldaten der Unternehmen sind nach wie vor gut, sodass Firmen mit Investmentgrade-Status die Phase mit schwachem Wachstum verkraften dürften. Das Ausfallrisiko von Investmentgrade-Unternehmensanleihen ist niedriger als das von High Yield. Selbst wenn es zu einer weltweiten Rezession kommt, dürften zwar mehr Anleihen herabgestuft und/oder zu gefallenen Engeln (eine Anleihe, die von Investmentgrade-Status auf High-Yield-Status heruntergestuft wurde) werden, ein starker Anstieg der Zahlungsausfälle ist aber nicht zu erwarten. Dies dürfte allerdings mit einer stärkeren Volatilität und einer Spread-Ausweitung einhergehen.

3. Laufende Erträge

Anders als Aktien haben Anleihen klar definierte und prognostizierbare Erträge in Form von Kuponzahlungen – solange der Emittent solvent bleibt. Während die Rendite mit den Kursen schwankt, bleiben die Kupons von Festzinsanleihen in der Regel stabil. Das macht sie zu einer möglichen Quelle laufender Erträge. Angesichts der Alterung der Bevölkerung dürfte die Nachfrage nach laufenden Erträgen hoch bleiben, sodass auch die Renditen langfristig vergleichsweise stabil bleiben sollten. Durch den Ausverkauf am Anleihemarkt seit Anfang 2022 sind die Anfangsrenditen erheblich gestiegen. Dies spricht für von jetzt an höhere laufende Erlöse, vor allem durch regelmäßige Erträge. So könnte ein größeres Polster gegen Kursverluste entstehen.

Nach wie vor zählen High-Yield- und Emerging-Market-Anleihen zu den wenigen festverzinslichen Assetklassen, die trotz der zurzeit höheren Inflation zeitweise positive Realrenditen (Nominalrenditen abzüglich Inflation) bieten konnten.

Der Erfolg von High Yield bei einer rückläufigen oder sogar schrumpfenden Wirtschaft wird häufig angezweifelt, aber langfristig kann sich die Assetklasse trotz kurzfristig hoher Volatilität gut entwickeln. Insgesamt steigt die Kreditqualität des High-Yield-Marktes. BB- und CCC-Anleihen haben jetzt 52 Prozent und etwa 11 Prozent Anteil am Index (Stand: 31. August 2022. Die Zahlen stehen für den prozentualen Anteil am US-Marktwert. Die Marktwerte von BB-Anleihen und CCC-Anleihen beziehen sich auf den Bloomberg Ba US High Yield Index und den Bloomberg Caa US High Yield Index).

Die Ausfallquoten sind noch immer niedrig. Sie könnten zwar steigen, wenn es zu einer Rezession kommt, aber das Renditepolster und eine aktive Wertpapierauswahl können helfen, mögliche Risiken auszugleichen. Unterdessen liegt die durchschnittliche Duration des US-High-Yield-Marktes bei über 4,5 Jahren; die von US-Investmentgrade-Anleihen beträgt über 7,5 Jahre (Stand: 31. August 2022, gemessen an der modifizierten Duration des Bloomberg US Corporate High Yield 2% Issuer Cap Index und des Bloomberg US Corporate Bond Index). Wegen ihrer kürzeren Duration reagieren High Yield weniger sensibel auf die im Zuge der Inflationsbekämpfung steigenden Zinsen der Zentralbanken.

Die Aufnahme von High Yield in ein Portfolio kann dessen Gesamtduration verkürzen und bietet zugleich die Chance auf Kursgewinne in Konjunkturaufschwüngen. Das sorgt für eine bessere Diversifikation des Anleiheteils als eine Absicherungsstrategie gegen Extremrisiken.

4. Inflationsschutz

In den USA ist die Inflation noch immer fast so hoch wie seit Jahrzehnten nicht mehr. In diesem Umfeld könnten US Treasury Inflation-Protected Securities (inflationsgeschützte US-Staatsanleihen, kurz TIPS) einen guten Inflationsschutz bieten.

Grundsätzlich ist für US-TIPS und Anleihen immer ein aktiver Ansatz angeraten. Als aktiver Manager können wir in Papiere mit Restlaufzeiten aus dem US-TIPS Index investieren, die am meisten von der kurzfristigen Inflation profitieren dürften und weniger sensibel auf steigende Zinsen reagieren. Beispielsweise könnten zurzeit US-TIPS mit kürzerer Laufzeit interessant sein. Ihnen dürfte weiterhin die hohe reale Verbraucherpreisinflation zugutekommen, weil bei ihnen vor allem die laufenden Erträge zählen. Länger laufende US-TIPS werden dagegen insbesondere von Veränderungen der Break-even-Inflation und den Inflationserwartungen bestimmt. Da sich die Geldpolitik der US Federal Reserve normalisiert, gehen wir davon aus, dass sich lang laufende US-TIPS unterdurchschnittlich entwickeln werden, weil sich die Fed vor allem darauf konzentriert, die Inflation unter Kontrolle zu bekommen.

Ein flexibler Total-Return-Ansatz

Mehr Volatilität, die Normalisierung der Geldpolitik, höhere weltpolitische und Inflationsrisiken dürften für einen flexiblen und aktiven Investmentansatz sprechen. Anders gesagt: Interessant sein dürften der Aufbau eines Portfolios mit einer umfassenden Perspektive, unter Berücksichtigung aller Risikofaktoren und ihrer Korrelationen, und eine breite Streuung dieser Risiken auf Grundlage des Konjunkturumfelds. Aber ein flexibler Ansatz für Core-Festzinspapiere muss effizient gemanagt werden. Bei zu hohen Anleiherisiken könnte das Ergebnis ein unausgewogenes Portfolio sein, dass stark mit dem Aktienmarkt korreliert ist. Die anhaltend hohe Inflation, die strafferen Finanzbedingungen und das nachlassende Wachstum sind Herausforderungen für Investoren.

Viele sind der Meinung, dass es traditionellen globalen Anleiheansätzen schwerer fällt, möglichst hohe Erträge zu erzielen, während höher rentierliche Anlagen mit zusätzlichen Risiken einhergehen können. Um hohe risikobereinigte Erträge zu erwirtschaften, muss man genau überlegen, welche Assetklassen zusammenpassen. Wenn man beispielsweise High Yield in ein Portfolio aufnimmt, steigen nicht nur die Renditen, sondern auch die Verlustrisiken. Wenn wir sie aber mit einer negativ korrelierten Position kombinieren und das Portfolio am Ende möglichst ein asymmetrisches Risiko-Ertrags-Profil hat, sind stabilere Erträge möglich.

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