Kommentar vom WSH Family Office Warum Vermögensverwalter mehr denn je weltweit investieren müssen

Die Gastautoren André Schmidt (l.) und Martin Drathen

Die Gastautoren André Schmidt (l.) und Martin Drathen erklären, wie die internationale Streuung von Vermögen gelingen kann. Foto: WSH Deutsche Vermögenstreuhand

Erfolgreiche Diversifikation und Vermögensallokation gehören bei der strategischen Vermögensausrichtung untrennbar zusammen. Im wissenschaftlichen Diskurs bilden die Portfoliotheorie nach Markowitz und das CAPM-Modell hierzu die Grundalge. Kein Vermögensverwalter kommt heute an der Frage der richtigen Risikodiversifikation vorbei.

Wer weltweit sein Vermögen streut und in verschiedenen Regionen sowie Wachstumsphasen investiert ist, kann sich vor regionalen Risiken und unterschiedlichen wirtschaftlichen Entwicklungen durch regional begrenzte Wachstumseinbrüche absichern. Dabei gilt oftmals der Grundsatz, je breiter die internationale Streuung, desto besser der Schutz vor einzelnen, regionalen und auf bestimmte Sektoren bezogenen Risiken.

Geopolitische Risiken erhöhen Bedeutung der Streuung 

Gerade vor dem Hintergrund der aktuellen geopolitischen Risiken – ob durch den Krieg Russlands in der Ukraine, den Nahost-Konflikt oder den Spannungen zwischen China und Taiwan – ist es ratsam, Vermögen international zu diversifizieren. Angesichts weltpolitischer Unsicherheiten ist globale Risikodiversifikation sowohl über die verschiedenen Assetklassen, als auch über die verschiedenen Regionen das erste Gebot.

Aber nicht nur das Risikomanagement spricht für internationale Investments. Auch mit Blick auf Ertragszpotenziale kann es sich lohnen, Vermögen zu internationalisieren. Während in den Industrieländern die Wachstumsraten und das Produktivitätswachstum immer langsamer steigen, bieten beispielsweise Schwellenländer nicht nur hohe Wachstums-, sondern auch Rendite-Chancen. Wer diese nutzen will, kommt auch ohne das Motiv der Risikodiversifikation an einer internationalen Vermögensanlage nicht vorbei.

Wie Vermögensverwalter die richtige Balance finden 

Für Vermögensverwalter, die solche Ertrags- und Diversifikationspotenziale ausnutzen wollen, ergeben sich konkrete Anwendungsfragen. Zum Beispiel, wie tief beziehungsweise breit die internationale Diversifikation wirklich gehen sollte. Schließlich besteht zwischen Diversifikation und Ertragschancen ein Zielkonflikt. Je breiter das Risiko gestreut wird, desto geringer fallen oft die Ertragschancen aus. Die entscheidende Frage: Wie viel internationale Streuung ist in der Vermögensanlage notwendig, damit die Grenzkosten in Form von Ertragseinbußen nicht die Grenznutzen der Risikoreduktion übersteigen.

Darüber hinaus sollten auch bei allen grenzüberschreitenden Investments die erforderlichen Transaktionskosten nicht außer Acht gelassen werden. Die Transaktionskosten von Investitionsentscheidungen umfassen:

  • Informationsgewinnung
  • Entscheidungsfindung
  • Überwachung und Kontrolle
  • Organisation 

Nicht selten reduzieren internationale Transaktionskosten die erwarteten Renditen empfindlich. Damit zeigt sich, dass dem eher normativen Gebot der Internationalisierung der Vermögensanlage auch Kosten und Risiken gegenüberstehen.

 

Ziel einer globalen Anlagestrategie muss sein, internationale Ertragspotenziale bei vertretbaren Kosten zu erschließen. Im liquiden Vermögen lässt sich dies vergleichsweise einfach durch zahlreiche aktiv und passiv gemanagte Fondsstrukturen umsetzen. Doch in anderen Anlageklassen – wie Immobilien, Beteiligungen oder Vergabe von Fremdkapital durch Kredite oder kreditähnliche Vehikel – ist dies deutlich anspruchsvoller. Hier fehlt es oftmals an Markttransparenz oder an adäquaten Zugängen zu diesen Märkten. 

Die Internationalisierung bleibt ein wichtiger Baustein moderner Vermögensverwaltung. Entscheidend ist die professionelle Umsetzung – von der sinnvollen Risikodiversifikation über das Erschließen von Ertragspotenzialen bis zum Management der Transaktionskosten. Nur wer diese Aspekte ausbalanciert, kann die Vorteile der internationalen Streuung nutzen. 


Über die Autoren:

André Schmidt leitet den Bereich Strategie beim Düsseldorfer Multi Family Office WSH und ist Inhaber des Lehrstuhls für Makroökonomik und Internationale Wirtschaft an der Universität Witten/Herdecke. Sein Fokus liegt auf der strategischen Asset-Allokation für Familienvermögen.

Martin Drathen ist Geschäftsführer der WSH Deutsche Vermögenstreuhand in Düsseldorf. Der Wirtschaftsingenieur verantwortet die Identifikation und Umsetzung von Investments in illiquiden Märkten und sitzt in mehreren Kontrollgremien und Beiräten. 

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