Philanthropie Giving Funds als Alternative zur klassischen Stiftung

Andreas Schiemenz

Andreas Schiemenz ist seit 2021 Geschäftsführer des Sinngeber Family Office. Foto: Sinngeber

Zahlreiche vermögende Familien sind gesellschaftlich engagiert und möchten Teile ihres wirtschaftlichen Erfolgs in gemeinnützige Projekte oder Organisationen investieren. Doch die Auswahl ist riesig: Unzählige gemeinnützige Organisationen und Stiftungen suchen Unterstützung. Viele Vermögende verlieren dabei den Überblick. Auch stellt sich die Frage, ob Geld gespendet oder eine eigene Stiftung gegründet werden soll. Der Aufwand und die bürokratischen Hindernisse einer Stiftungsgründung sind jedoch hoch und der Weg zur Philanthropie kann steinig und kostenintensiv werden. Vor allem bei größeren Summen oder internationalem Engagement ist die Umsetzung komplex und gute Ideen versanden in der Frühphase aufgrund der hohen Herausforderungen.

Warum Vermögende nach neuen Wegen in der Philanthropie suchen 

Gerade Unternehmerfamilien verbinden mit dem wirtschaftlichen Erfolg auch eine Verantwortung über das eigentliche Unternehmertum hinaus. Es ist jedoch eine Herausforderung, dieser Verantwortung den richtigen Rahmen zu geben. Vermögende haben oft wenig Zeit, sich um ihre gemeinnützigen Projekte zu kümmern. Für die betreuenden Family Offices, Wealth- und Private Banker steht die Vermögensverwaltung im Mittelpunkt und das gesellschaftliche Engagement spielt naturgemäß eher eine Nebenrolle. Viele Familien wünschen sich jedoch, der Philanthropie mehr Raum geben und sich untereinander austauschen zu können.

Den Raum für Engagement und Austausch bietet ein Giving Fund: Das Grundkonzept basiert auf einem sogenannten Donor Advised Fund. Bereits 1931 wurde der erste Donor Advised Fund in den USA durch den New York Community Trust gelauncht. In der Zwischenzeit nutzen 1,3 Millionen Philanthropen dieses Instrument – und repräsentieren damit über 10 Prozent des jährlichen Spendenmarktes in den USA. Der National Philanthropic Trust berichtet in seinem aktuellen Report, dass Donor Advised Funds allein im Jahr 2022 die stolze Summe von 52,2 Milliarden US-Dollar in Non-Profit-Organisationen investierten. Insgesamt beläuft sich das Vermögen dieser Vehikel (Asset under Management) auf 229 Milliarden US-Dollar.

Vermögende setzen sie oft zusätzlich zu ihrer eigenen Stiftung ein. In den USA nutzen prominente Unternehmer wie Bill Gates, Mark Zuckerberg, Elon Musk oder MacKenzie Scott diese Möglichkeit. Die Vorteile überzeugen: Die Donor Advised Funds, die auch Giving Funds genannt werden, sind flexibel, kostengünstig und erlauben es, gemeinsam mit anderen zu investieren. Doch wie funktioniert das Modell, und wie auch hier in Deutschland?

So funktioniert ein Giving Fund in der Praxis 

Personen spenden im Prinzip philanthropisches Kapital in eine Dachstiftung. Wie bei einer eigenen Stiftung können Spenden in das Grundstockvermögen dabei vom erweiterten Spendenabzug profitieren. Im Giving Fund kann normalerweise auch gewählt werden, ob die Spender Geld in den Grundstock oder in das Verbrauchsvermögen der Dachstiftung einzahlen. Der Vorteil des Verbrauchsvermögen liegt darin, dass das gesamte philanthropische Kapital wirken kann. Es kann sofort ausgeschüttet werden oder erst nach einer längeren, mehrjährigen Zeitspanne.

Buchhalterisch errechnet die Stiftung jede Zustiftung einzeln, wie einen selbstständigen Stiftungsfonds oder eine namentliche Zustiftung. Über eine Nutzeroberfläche erhalten die Gebenden stets den aktuellen Stand des jeweiligen philanthropischen Vermögens.

 

Nach der Spende kommt das Konzept der Donor Advised Fund zum Tragen: Die Spender gehen für das stets eigens ausgewiesene Kapital eine Vereinbarung ein, durch die sie die Dachstiftung anweisen können, an welche gemeinnützige Organisationen sie das Guthaben spenden soll. Diesem formalen Vorschlagsrecht folgt die Stiftung normalerweise. Würde sie das nicht tun, könnte sie schnell das Vertrauen der Spender verspielen.

Für die Auszahlung an Projekte gibt es in der Folge zwei Wege: Entweder können die Spender vorab geprüfte Projekte verschiedener Organisationen auswählen, mit denen die Dachstiftung schon zusammengearbeitet hat. Oder die Dachstiftung erhält einen neuen Vorschlag, prüft dann die Gemeinnützigkeit des Empfängers und führt schließlich die gewünschte Überweisung aus. So stellt die Dachstiftung sicher, dass die Förderung die richtigen gemeinnützigen Empfänger erreicht.

Die Dachstiftung braucht aber dementsprechend eine breite Satzung. Nur solch eine Satzung erlaubt, dass die Stiftung viele verschiedene gemeinnützige Projekte in Deutschland und im Ausland fördern kann – und die Spender sie dementsprechend anweisen können. Klar ist: Das eingezahlte und virtuell als „eigener“ Giving Fund errechnete Kapital steht nur noch für eine gemeinnützige Verwendung zur Verfügung und kann dann unabhängig vom Einzahlungszeitpunkt an Organisationen oder Projekte im In- und Ausland weitergeleitet werden. 

Weitere Vorteile: Anonyme und internationale Spenden

Vermögende Spender können anonym bleiben, da nur die Dachstiftung als Absender der Spende sichtbar ist. Für Philanthropen, die über Donor Advised Funds mehrere Zwecke unterstützen, stellt die Dachstiftung eine zentrale Spendenbescheinigung aus. Das Family Office muss so nicht fehlenden oder verspäteten Bescheinigungen hinterhertelefonieren.

 

Insgesamt verändert sich das Stiftungswesen in Deutschland. In den letzten Jahren waren die Gründungen von Stiftungen das bevorzugte Angebot für das unternehmerische oder persönliche Engagement. Doch sind diese Gründungen sehr aufwendig, kostenintensiv und müssen bürokratische Auflagen erfüllen. Besonders jüngere Vermögende schreckt ab, dass sie ihr Grundstockvermögen dauerhaft binden müssen und nur die Zinserträge für gemeinnützige Arbeit nutzen können. Ein Donor Advised Fund kann vorerst eine Alternative darstellen.


Über die Autoren: 

Andreas Schiemenz und Michael Schmid sind Geschäftsführer des Sinngeber Family Office. Schiemenz hat einen Fokus auf Beratung, während Schmid seine Expertise auf Giving Funds konzentriert.

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