Es gibt gute Nachrichten! Die Fünf-Jahres-Überlebensrate für Frauen, die in den USA an Brustkrebs erkrankt sind, liegt mittlerweile bei 90 Prozent, wie die Breast Cancer Research Foundation (BCRF) berechnet hat. Leider sind andere Statistiken weniger ermutigend: Eine von acht Frauen wird im Laufe ihres Lebens Brustkrebs entwickeln. Im Jahr 2020 wurden laut BCRF weltweit zwei Millionen neue Krebsfälle diagnostiziert. Brustkrebs ist die häufigste Krebsart bei Frauen und die zweittödlichste, nach Lungenkrebs. Um die Dringlichkeit der Behandlungen besser zu verstehen: Im Jahr 2020 starben nach BCRF-Angaben 685.000 Frauen an Brustkrebs.
Innovation als Motor für zukünftiges Wachstum
Die Überlebensraten bei Krebserkrankungen haben sich in den vergangenen dreißig Jahren dank kontinuierlicher Innovationen sowohl in der Diagnostik als auch in der Behandlung erheblich verbessert.
Obwohl sich Gesundheitsaktien im laufenden Jahr schwertun, ist das Gesundheitswesen unabhängig davon von anhaltender Innovation geprägt. Bis Ende 2022 befanden sich Charles River Laboratories zufolge mehr als 6.000 Medikamente in der Entwicklung. Rund 40 Prozent dieser in Entwicklung befindlichen Medikamente beziehen sich auf die Behandlung von Krebs, beispielsweise Krebsimpfstoffe, hieß es unlängst im McKinsey Oncology Market Outlook. Andere Präparate sind bereits auf dem Markt, wie Radiopharmazeutika und CAR-T-Therapien, oder befinden sich in fortgeschrittener Entwicklung, wie personalisierte Therapien.
Präzisionsmedizin sorgt für einen Paradigmenwechsel in der Krebstherapie
Antikörper-Wirkstoff-Konjugate (AWKs) verbinden Antikörper mit Chemotherapie für eine präzise Zielsteuerung. Zahlreiche therapeutische Erfolge belegen diese bahnbrechende Innovation, wie zum Beispiel Enhertu bei Brustkrebs. Heute sind viele Pharmaunternehmen in der Forschung und Entwicklung aktiv, um solche Kombinationen zu entwickeln. Elahere ist ein besonders signifikantes Beispiel. Dieses AWK zeigt eine signifikante Tumorreduktion bei Eierstockkrebs. Die beschleunigte Zulassung durch die US-amerikanische Food and Drug Administration (FDA) im November 2022 unterstreicht das Potenzial der bereits jetzt als revolutionär geltenden Behandlung.
Die Onkologietherapien beschreiten neue Wege, indem sie sich auf die präzise Tumorzielsteuerung konzentrieren. Ein jüngster Fortschritt in diesem Bereich ist die Bindung von Antikörpern (therapeutischen Produkten, die auf Krebszellen abzielen) an Radioisotope. Im Gegensatz zur herkömmlichen externen Strahlentherapie werden diese Produkte intravenös verabreicht, was eine präzise Zielsteuerung der Tumorzellen ermöglicht, während das umgebende gesunde Gewebe erhalten bleibt. Pluvicto, ein Produkt zur gezielten Behandlung eines Antigens in Prostatakrebszellen, erhielt im Jahr 2022 die FDA-Zulassung. Dies stellt einen wichtigen Meilenstein im Bereich der Biopharmazeutika dar und erweist sich bereits als kommerzieller Erfolg.
Personalisierte Therapien zur Behandlung von Lungenkrebs: Die Genetik als Schlüssel
Lungenkrebs ist durch das Vorhandensein verschiedener genetischer Veränderungen und Mutationen gekennzeichnet. Anstatt einen einzigen Ansatz zu verwenden, bietet die Ausnutzung spezifischer genetischer Veränderungen die Möglichkeit einer individuelleren und effektiveren Behandlung. Bestimmten Formen von Lungenkrebs liegt eine Erbgut-Umlagerung in einem bestimmten Genabschnitt (ALK-Gen) zugrunde. Die ALK-Genveränderung wurde bereits 2007 bei Lungenkrebs identifiziert, wobei die Hälfte aller ALK-positiven Lungenkrebsfälle bei Menschen unter 50 diagnostiziert wird (Quelle: Nuvalent, Lung Cancer Research Foundation). Im Oktober 2023 präsentierte Nuvalent auf der AACR-NCI-EORTC-Onkologiekonferenz, die auch als „Triple Meeting“ bekannt ist, sehr vielversprechende vorläufige Daten aus Studien bei Lungenkrebspatienten, die auf einen potenziellen Durchbruch in diesem Bereich hindeuten, schlussfolgert das Institut IQVIA for Human Data Science.
Ausblick: Die Zukunft der Onkologie verspricht exponentielles Wachstum
Diese und andere Innovationen werden das zukünftige Wachstum in der Onkologie weiter antreiben. Der therapeutische Bereich der Onkologie ist der umfassendste im gesamten Gesundheitssektor. Darüber hinaus wird erwartet, dass auch andere Marktsegmente, wie die Krebsdiagnostik, in den kommenden Jahren ein zweistelliges Wachstum verzeichnen werden.
Die Präzisionsmedizin in der Onkologie setzt neue Maßstäbe und bietet Patienten konkrete, effektive Behandlungsoptionen. Die Wissenschaft hat bereits einen langen Weg zurückgelegt und steht vor dem Erreichen bislang ungeahnter Horizonte.
Die Kostenauswirkungen von Innovationen: Im Dilemma zwischen Fortschritt und Zugänglichkeit
Es sollte nicht übersehen werden, dass Spitzentechnologien zu den rasant steigenden Kosten einiger innovativer Behandlungen beitragen. Dies kann die Zugänglichkeit für die Mehrheit der Patienten einschränken. Die Kosten für Forschung und Entwicklung nehmen aufgrund technologischer Fortschritte zu und wirken sich auf die Preisgestaltung aus. Preisregulierungen sind das Ergebnis von Verhandlungen zwischen Gesundheitsbehörden und pharmazeutischen Herstellern. Der Wettbewerb zwischen Forschungslaboren trägt jedoch dazu bei, die Kosten langfristig zu senken und lebenswichtige Behandlungen erschwinglicher zu machen.
Ein träger Aktienmarkt 2023: Warum der globale Gesundheitssektor hinterherhinkt
Trotz solider Grundlagen konnte der globale Gesundheitssektor in diesem Jahr bisher nicht mit dem breiteren globalen Aktienmarkt mithalten. Der globale Gesundheitssektor, gemessen am MSCI World Health Care NR USD, schnitt um fast 13 Prozent schlechter ab als globale Aktien, repräsentiert durch den MSCI World NR USD (Quelle: Bloomberg, Stand: 17. Oktober 2023). Diese Unterperformance ist hauptsächlich auf die derzeit schwierige Lage im Marktumfeld zurückzuführen.
Uneinheitliche Performance innerhalb des Gesundheitssektors
Die Performance innerhalb des Gesundheitssektors war wiederum sehr uneinheitlich. Einerseits konnten große Pharmaunternehmen eine überdurchschnittliche Performance verzeichnen, was jedoch vorrangig auf ein starkes Interesse an Aktien im Zusammenhang mit Adipositas und Diabetes zurückzuführen ist. Kleine Biotechnologieunternehmen hinkten hingegen dem breiten Gesundheitssektor hinterher.
Fehlende fundamentale Treiber
Neben diesen Elementen gibt es keine wirklichen fundamentalen Treiber, die das schlechte Abschneiden des Sektors gegenüber dem Gesamtmarkt verursacht haben könnten.
Insgesamt zeigt sich, dass trotz starker Fundamentaldaten der Gesundheitssektor Schwierigkeiten hat, im aktuellen Marktumfeld Tritt zu fassen. Die Verschiebung der Anlegerpräferenzen und die hohe Performance-Streuung innerhalb des Sektors sind Faktoren, die Anleger im Blick behalten sollten.
Ein robustes Zukunftsbild für das Gesundheitswesen und die Onkologie
Aus unserer Sicht bleibt die mittel- bis langfristige Perspektive für das Gesundheitswesen und insbesondere die Onkologie stabil. Die Bewertungen sind unserer Meinung nach sehr chancenreich. Positive klinische Daten werden das Wachstum weiterhin stützen, insbesondere aufgrund der attraktiven Bewertungen. Die kurz- bis mittelfristige Perspektive hängt jedoch stark von der gesamtwirtschaftlichen Lage ab, die sich allmählich für defensive Wachstumssektoren wie das Gesundheitswesen verbessert. Das Wirtschaftswachstum zeigt einen Abwärtstrend – wahrscheinlich ohne jedoch in eine Rezession abzurutschen – derweil die Inflation nachlässt und die großen Zentralbanken ihren Zinserhöhungszyklus fast abgeschlossen haben. Dies schafft ein günstiges Umfeld für den Sektor: Auch der Marktbereich der Onkologie dürfte vom Wechsel von Zinserhöhungen zu Zinssenkungen profitieren.
Aus einer langfristigen Perspektive wird der Sektor weiterhin von Innovation und dem Megatrend einer alternden Bevölkerung angetrieben. Krebs ist hauptsächlich eine Alterskrankheit, und das Risiko, im Laufe unseres Lebens an Krebs zu erkranken, liegt dem US-amerikanischen National Institute of Health (NIH), der weltweit größten biomedizinischen Forschungsorganisation zufolge, bei erschreckenden 40 Prozent. Der medizinische Bedarf an Krebsbehandlungen bleibt daher extrem hoch.
Glücklicherweise bewegen sich die Dinge in die richtige Richtung. Die Überlebensraten sind in den letzten Jahren gestiegen und nähren die Hoffnung, dass Krebs in Zukunft zu einer heilbaren Krankheit werden kann.
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