Gestaltungsspielraum bis 17. August EU-Erbrechtsverordnung betrifft auch Deutsche in der Schweiz

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Drum prüfe, wer in der Schweiz vererben will

Für alle in der Schweiz wohnhaften Deutschen, die verhindern wollen, dass bei ihrem Ableben die deutschen Erbschaftsgerichte für ihren gesamten Nachlass zuständig sind, lohnt es sich somit, rechtzeitig die Struktur ihres Vermögens zu überprüfen und bei Bedarf deutsche Vermögenswerte umzustrukturieren oder gänzlich zu veräußern.

Sollte der in der Schweiz lebende Klaus Schmid als deutscher Staatsangehöriger jedoch die Abwicklung seines gesamten Nachlasses durch deutsche anstelle der schweizerischen Erbschaftsgerichte bevorzugen, so sollte er bis zum Todeszeitpunkt stets noch gewisse in Deutschland gelegene Vermögenswerte beibehalten. Diese deutschen Vermögenswerte begründen gemäß der ErbVO bei im Ausland lebenden Deutschen die Zuständigkeit der deutschen Erbschaftsgerichte.

Anwendbares Erbrecht

Nebst der Zuständigkeit in Erbschaftssachen regelt die ErbVO auch, welches nationale Erbrecht auf den jeweiligen Erbfall anwendbar ist. Grundsätzlich ist stets das nationale Erbrecht desjenigen Staates anwendbar, in welchem der Verstorbene zum Todeszeitpunkt seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hatte. Dies kann auch das Erbrecht eines Nicht-EU-Staates sein. Sollte Klaus Schmid an seinem letzten gewöhnlichen Aufenthaltsort in der Schweiz versterben, so wäre gemäß der ErbVO das schweizerische Erbrecht auf seinen Nachlass und die Nachlassabwicklung anwendbar.

Dies ist eine wichtige Neuerung, denn nach derzeitigem deutschem Recht wäre das deutsche Erbrecht selbst dann anwendbar, wenn Klaus Schmid als deutscher Bürger in der Schweiz versterben sollte (Staatsangehörigkeitsprinzip).

Sollte Klaus Schmid das deutsche Erbrecht dem schweizerischen Erbrecht vorziehen, so hätte er nach der ErbVO die Möglichkeit, kraft Testament anstelle des schweizerischen freiwillig das deutsche Erbrecht zu wählen. Diese Rechtswahl würde auch von den Schweizer Gerichten anerkannt und respektiert, wenn er in der Schweiz versterben sollte.

Rechtzeitige Planung ist wichtig

Die ErbVO bringt bei internationalen Erbschaften einerseits eine höhere Vorhersehbarkeit und andererseits mehr Flexibilität bei der Erbschaftsplanung.

Von diesen Vorteilen können jedoch nur diejenigen in der Schweiz wohnhaften deutschen Mandanten profitieren, die rechtzeitig vor dem 17. August 2015 ihre bestehenden Testamente oder Erbverträge überprüfen und an die neuen Regeln der ErbVO anpassen.

Dringender Handlungsbedarf besteht für deutsche Mandanten, die noch vor ihrem Umzug in die Schweiz ein Testament oder einen Erbvertrag aufgesetzt haben. Derartige alte Testamente oder Erbverträge schöpfen den erweiterten Planungsspielraum unter der ErbVO kaum aus. Sie führen beim Zuzug in die Schweiz sogar regelmäßig zu unerwünschten Resultaten, weil sich beispielsweise entgegen den Wünschen des Erblassers bei dessen Tod ein anderes Erbschaftsgericht mit seinem Nachlass beschäftigt oder ein anderes als sein bevorzugtes Erbrecht zur Anwendung kommt.

Schließlich sollten auch deutsche Mandanten, die vorübergehend in einem anderen EU-Staat als Deutschland, zum Beispiel in Italien, wohnten und dort allenfalls auch Grundeigentum erworben haben, unbedingt ihre Nachlassplanung überprüfen, wenn sie hernach wieder nach Deutschland zurückkehren oder sich beispielsweise in der Schweiz niederlassen.

In allen diesen Fällen gilt: Deutsche Mandanten müssen aktiv werden und ihre erbrechtliche Planung rechtzeitig aktualisieren.


Über den Autor:
Patrick von Arx ist Rechtsanwalt in Zürich. Er berät Privatpersonen und Unternehmer im Erbrecht und bei der Unternehmensnachfolgeplanung. Er fungiert auch als Testamentsvollstrecker (Schweizerisch: Willensvollstrecker) und vertritt Erben in Gerichtsverfahren.

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