Gespräch mit Pictet-Teilhaber „Wir sind ein 214 Jahre altes Start-up“

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Herr Best, Sie sind seit 2003 Pictet-Teilhaber. Das Pictet-Modell der Teilhaberschaft ist ja ein Besonderes. Es gibt mehrere Partner, die sich für längere Zeit in die Bank einkaufen. Nicht alle sind notwendigerweise Mitglieder der Familie Pictet. Was haben die Kunden davon?

Best: Wir sind kein Familienunternehmen im eigentlichen Sinne. Dennoch sind wir eine Bank in Privatbesitz, geführt mit Familienwerten. In der Regel besteht unsere Partnerebene aus sechs bis neun Teilhabern. Derzeit sind es mit dem Einstieg von Boris Collardi sieben. Alle kaufen sich zu gleichen Teilen zum Buchwert ein und verlassen das Unternehmen am Ende ihrer Partnerzeit wieder zum Buchwert. Somit ist es – anders als bei börsennotierten Unternehmen – nicht deren Ziel, kurzfristig den Wert der Gruppe zu maximieren. Durch die langfristige Ausrichtung und den ausgeprägten Kundenfokus stellt sich schließlich der Erfolg ein. So ist jedenfalls unser Selbstverständnis.

Gibt es eine Hierarchie unter den sieben Partnern?

Best: Nein, jeder Partner hat genau eine Stimme. Und da wir recht lange miteinander arbeiten – durchschnittlich ist ein Partner etwas über 20 Jahre dabei –, legen wir extrem viel Wert darauf auszuwählen, mit wem wir in den nächsten zwei Jahrzehnten zusammenarbeiten werden. Aktuell ist der jüngste Teilhaber 44 Jahre alt, der älteste 62. Das ist eine gute Altersstruktur, und wir neigen dazu, alle zehn Jahre ein oder zwei Partner aufzunehmen. Damit ist eine gute Nachfolgeplanung auf Partnerebene gewährleistet. Alles Aspekte, die zu einer langfristigen und nachhaltigen Unternehmensführung führen. Vergleichen Sie unser Modell mal mit anderen Wirtschaftsbereichen. In der Welt der börsennotierten Unternehmen beträgt die durchschnittliche Amtszeit eines Vorstandssprechers viereinhalb Jahre und verkürzt sich eher noch, gerade in den USA.

Update 6. Februar 2019: Nicolas Pictet scheidet zum September dieses Jahres aus dem Kreis der Gesellschafter aus. Neuer Senior-Teilhaber und damit Teil der Fürhungsriege der Privatbank wird Renaud de Planta, der bereits seit 1998 Teilhaber ist. Zum 1. April 2019 tritt zudem Sébastian Eisinger, stellvertretender Leiter des Asset Management und Leiter Investments, in den Teilhaberkreis ein. Quelle: Unternehmensangaben

Gleichzeitig ist die Pictet-Gruppe mit rund 4.500 Mitarbeitern keine kleine Organisation. Gibt es auch Beteiligungsprogramme für die zweite Management-Ebene?

Best: Wir haben vor über zehn Jahren bereits ein Beteiligungsprogramm für die gehobene  Management-Ebene eingeführt, sodass verdiente Mitarbeiter auch Anteilseigner an der Pictet-Gruppe werden können. Derzeit haben wir etwa 40 dieser sogenannten Equity-Partner, die jedoch nicht zwangsläufig auch die zweite Management-Ebene repräsentieren. Vielmehr sind es Mitarbeiter, die beispielsweise für die Entwicklung eines Marktes maßgeblich verantwortlich sind, eine neue Asset-Klasse implementiert haben, über großartige Investment- oder Kundenfähigkeiten verfügen oder auch im operativen Bereich Maßstäbe gesetzt haben. Kurzum: die uns als Gruppe voranbringen. Aber wir messen auch diesen Mehrwert und wollen signifikante Ergebnisse sehen. Es wird gezielt unternehmerisches Denken unter den Mitarbeitern gefördert und gefordert. Und auch abseits der Equity-Partner partizipiert ein Großteil der Mitarbeiter mit einem variablen Anteil des Gehalts unmittelbar am Erfolg des Unternehmens. Dieses Programm gibt es übrigens schon seit fast 100 Jahren. Somit entsteht insgesamt eine sehr unternehmerisch geprägte Unternehmenskultur. Und der Kunde trifft bei Pictet auf besonders motivierte Ansprechpartner.

 

Über den Interviewten:
Rémy Best ist einer von sieben Teilhabern der Schweizer Bank Pictet. Bereits seit 2003 gehört er dem Führungsgremium der Gruppe an. Seit 2014 und seit Juni 2018 zusammen mit Boris Collardi ist er für das Wealth Management der Bank zuständig.

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