Gespräch mit Pictet-Teilhaber „Wir sind ein 214 Jahre altes Start-up“

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Was erwartet die vermögende Klientel heutzutage von ihrem Wealth Manager?

Best: Sicherlich eine maßgeschneiderte, hochwertige Dienstleistung rund um das Vermögen. Die Vermögensanlage als solche ist dabei nur ein Teil. Es geht um viel mehr, wenn man es ganzheitlich betrachtet. Wir sprechen dabei über die drei Bereiche Family Governance, Operational Governance und Investment Governance. Es geht zunächst um das Set-up einer Familie, dann die Konsolidierung und Überwachung des Vermögens, dann die Vermehrung. Natürlich will man auch Letzteres, keine Frage. Aber wenn man die ersten beiden Teile nicht korrekt aufgestellt hat, wird auch das Vermehren des Familienvermögens nicht funktionieren. Der Kunde kann sich von uns natürlich auch nur in einem Bereich betreuen lassen oder eben ganzheitlich in allen dreien. Darüber hinaus hat die Klientel ein Gespür dafür, ob ein Dienstleister unabhängig und frei von Interessenskonflikten ist oder nicht. Dazu passt gut unser Pictet-Modell, mit dem wir beim Kunden durch die langfristige Ausrichtung, die eigene Struktur und Governance und durch die Fokussierung auf Vermögensverwaltung glaubwürdig sind.

Warum ist das Thema Family Governance so wichtig?

Best: Weil es meist um zentrale Weichenstellungen für die Familie und deren Vermögen geht. Gibt es zum Beispiel eine Familiencharta, kann diese gewisse Spielregeln für das Zusammenleben der Familie rund um das Vermögen und die Familienwerte festlegen und für Klarheit im Umgang miteinander sorgen. Sie kann die Familienmitglieder in alle Fragen rund um das Thema Vermögenserhalt einbeziehen und sollte Mechanismen kennen, die verhindern, dass ein einzelner Familien-angehöriger dem Vermögen oder dem Familienunternehmen schaden kann. Ein anderes Beispiel ist die Nachfolgeplanung, ein Riesenthema für Unternehmerfamilien. Da sollten Familien frühzeitig klären, wer was erben soll und wie das konkret geschieht. Dem Zufall sollte man das nämlich tunlichst nicht überlassen. Es gibt genügend wohlhabende Familien in Europa und anderswo, die dies verhängnisvoller-weise nicht fertiggebracht haben, deren Familienvermögen merklich geschmolzen ist oder gar komplett verloren ging.

Seit der Finanzkrise ist es um das Vertrauen in Banken nicht gut bestellt. Nun setzen Themen wie Family Governance voraus, dass sich Familien Ihrer Bank anvertrauen. Erleben Sie da Vorbehalte?

Best: In der überwiegenden Zahl verlaufen die Gespräche enorm positiv und offen. Wir hören oft, man habe nie die Gelegenheit gehabt, diese Fragen mit einem Partner auf Augenhöhe zu erörtern. Hier hilft uns unser Unternehmertum.

Was leistet eine Operational Governance?

Best: Es geht um die Frage, wie das Vermögen strukturiert und organisiert werden soll. Zum Beispiel kann man über eine Luxemburger Struktur eine Art Familienfonds auflegen, der dann über Sub-Fonds in die unterschiedlichen Anlageklassen wie Aktien, Anleihen, Hedgefonds und Rohstoffe investiert. Die verschiedenen Familienmit-glieder können dann ihre individuellen Strategien zusammenstellen, ohne dass jeweils neue Strukturen entstehen müssen. Bei anderen stellt sich vielleicht die Frage, ob die Familie direkten Zugriff auf das Börsenparkett haben möchte. Grundsätzlich wird in der Operational Governance auch geklärt, wie das Vermögen konsolidiert und fortlaufend kontrolliert werden soll. Erst dann hat man eine Ausgangslage, um künftige Investmententscheidungen sinnvoll treffen zu können.

Ihr nächster Schritt in Deutschland?

Best: Wir sind sehr zuversichtlich, was die Geschäftsentwicklung in Deutschland betrifft, und bleiben dort auch expansiv. Auch unsere Unternehmenskultur passt gut zur Mentalität unserer deutschen Kunden. Wir mögen es, wenn Dinge auf vertrauenswürdige Art gut durchdacht und zielgerichtet ausgeführt werden. Die Wealth-Management-Dienstleistung hat Zukunft. Immer mehr Menschen werden Fragen zu ihrer Vermögensverwaltung haben, weil die Zahl der Produkte steigt und das Thema Vermögen mit zunehmenden regulatorischen Anforderungen komplexer wird. Die Menschen werden Beratung benötigen. Und wenn sie eine Beratung brauchen, müssen sie vertrauen. Und wenn sie vertrauen wollen, brauchen sie eine Bank, die ihre Bedürfnisse in den Vordergrund stellt. Und wir fühlen uns dafür sehr gut aufgestellt.