Gespräch mit Mohamed El-Erian „Investoren sollten jede einzelne Position ihres Portfolios prüfen“

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Mit Rettungspaketen greifen Staaten und Zentralbanken derzeit stark in die Privatwirtschaft ein. Welche Gefahr geht davon aus?

El-Erian: Wenn Unternehmen mit Staatsgeld gerettet werden, sollte dies nach bestimmten Regeln erfolgen. Die Kernfrage ist, wer unter welchen Bedingungen mit welcher Art von Exit-Strategie gerettet wird. Stattdessen werden wir wohl am Ende vor einem Teller Spaghetti mit einem Durcheinander von Staat und Privatwirtschaft sitzen.

Wie wird sich die Nachfrageseite verändern?

El-Erian: Auf der Nachfrageseite werden wir einen Dreiklang der Ungleichheit sehen: Ungleichheit bei Einkommen, Wohlstand und bei den Chancen. Außerdem könnte eine höhere Risikoaversion die Dynamik der Nachfrage begrenzen. All das würde von einer höheren Verschuldung in allen Teilen der Gesellschaft, Staaten, Unternehmen und Privathaushalten, begleitet.

Hätten wir eine Chance gehabt, die Pandemie vorauszusehen? Oder ist Covid-19 ein sogenannter Schwarzer Schwan?

El-Erian: Es ist eher ein grauer Schwan. Wir hätten die sich vervielfachenden „Tail Risks“ – also die Gefahr hoher Verluste ausgelöst durch ein extrem unwahrscheinliches Ereignis mit massiven Auswirkungen – besser adressieren können. Gerade in Zeiten, in denen die Wirtschaft immer gebrechlicher geworden ist. Geschwächt durch zu viele Jahre eines geringen Wirtschaftswachstums, das zudem nicht für alle Bevölkerungsschichten spürbar war, immer neue Experimente der Zentralbanken, künstliche Finanzstabilität und durch eine zu geringe Aufmerksamkeit für das nachhaltige Wohlbefinden unseres Planeten.

Angesichts Ihrer erfolgreichen Karriere möchte jeder gerne wissen, wie Sie ihr eigenes Geld investieren. Wie sieht Ihr persönliches Portfolio aus?

El-Erian: Ich bin immer mehr zu einem Nischenspieler geworden. Und ich gehe viel taktischer vor, als ich das in der Vergangenheit getan habe. Ich nutze eher Cash als Anleihen oder die Diversifikation von Anlagen, um mein Risiko zu managen. Mir würde es schwerfallen, eine Anleihe mit einem Negativzins zu kaufen. Das bisschen Exposure, das ich noch im Aktienmarkt habe, ist in sorgfältig ausgewählten Einzelwerten investiert, die sich durch eine starke Bilanz, ausreichend Cash, ein gutes Management und eine vorteilhafte Positionierung für die Zeit nach der Krise auszeichnen.