Gesetzgeber schließt Lücke Leerverkäufe auf Währungen und Gold wieder steuerpflichtig

Peter Reiter von der Wirtschaftskanzlei Reiter Partnerschaft

Peter Reiter von der Wirtschaftskanzlei Reiter Partnerschaft

Seit Einführung der Abgeltungsteuer ab dem Jahr 2009 gehen viele private Anleger davon aus, dass sämtliche inländischen Bankgeschäfte der Abgeltungsteuer unterliegen. Dies ist jedoch bei Termingeschäften mit effektiver Lieferung von Währungen, Gold oder anderen Edelmetallen, sogenannten sonstige Wirtschaftsgüter nicht der Fall. Vielmehr müssen Gewinne sowie Verluste aus solchen Geschäften in der Einkommensteuererklärung der Privatanleger als sonstige Einkünfte im Sinne des Paragrafen 23 des Einkommensteuergesetzes (EStG) erfasst werden.

Allerdings bestand zwischen 2009 und Ende 2016 eine Besteuerungslücke bei Leerverkäufen über sonstige Wirtschaftsgüter, wenn das Veräußerungsgeschäft oder Termingeschäft effektiv beliefert wurde. Diese Besteuerungslücke wurde durch das sogenannte BEPS-Umsetzungsgesetz mit Wirkung für Veräußerungen ab dem 24. Dezember 2016 geschlossen.

Die Denke des Gesetzgebers

Leerverkäufe über Fremdwährungen oder sonstige Wirtschaftsgüter (Gold, sonstige Edelmetalle) waren bis zur Einführung der Abgeltungsteuer als private Veräußerungsgeschäfte steuerpflichtig. Der Gesetzgeber wollte jedoch alle Finanzinstrumente einheitlich als Einkünfte aus Kapitalvermögen (Paragraf 20 EStG) besteuern und führte daher eine Regelung zur Erfassung von privaten Termingeschäften mit Differenzausgleich in den Katalog der Kapitaleinkünfte ein. Gleichzeitig wurden die Regelungen über Leerverkäufe und Termingeschäfte bei den privaten Veräußerungsgeschäften (sonstige Einkünfte) gestrichen.

Dabei übersah der Gesetzgeber, dass die Neuregelung der Kapitaleinkünfte lediglich Termingeschäfte erfasst, die auf einen Differenzausgleich oder einen durch den Wert einer veränderlichen Bezugsgröße bestimmten Geldbetrag oder Vorteil gerichtet sind. Physisch belieferte Termingeschäfte über sonstige Wirtschaftsgüter sind von dieser Regelung nicht erfasst.

Trotzdem wurde zugleich die alte Vorschrift zur Besteuerung von Leerverkäufen als private Veräußerungsgeschäfte gestrichen. Es bestand daher zwischen 2009 und Ende 2016 wohl eine Besteuerungslücke für Leerverkäufe über sonstige Wirtschaftsgüter.

Uhren zurückgestellt

Mit dem am 23. Dezember 2016 veröffentlichten Gesetz zur Umsetzung der Änderungen der EU-Amtshilferichtlinie und von weiteren Maßnahmen gegen Gewinnkürzungen, kurz BEPS-Umsetzungsgesetz, schloss der Gesetzgeber diese Lücke wieder. Dies erfolgt durch Wiederaufnahme der bereits vor 2009 geltenden Regelung, wonach private Veräußerungsgeschäfte auch Veräußerungsgeschäfte umfassen, bei denen die Veräußerung der Wirtschaftsgüter früher erfolgt als der Erwerb (Paragraf 23 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 EStG).

Private Leerverkäufe über Wirtschaftsgüter, die nicht ohnehin bereits zu Kapitaleinkünften führen, beispielsweise Leerverkäufe über Aktien, sind damit mit Wirkung ab dem 24. Dezember 2016 wieder voll steuerpflichtig. Entscheidend ist, dass die Veräußerung auf einem nach dem 23. Dezember 2016 rechtswirksam abgeschlossenen Vertrag oder Geschäft beruht.

Ein Praxisbeispiel

Leerverkauf im Jahr 2016

Privatanleger A verkauft am 10. März 2016 exakt 10.000 US-Dollar zum Termin 30. Juni 2016 (Leerverkauf). Am 10. März 2016 besitzt A keine Dollar und hat auch keinen Kaufvertrag zum Bezug von Dollar abgeschlossen. Der Verkaufspreis beträgt 11.000 Euro. Am 10. Mai 2016 kauft A 10.000 US-Dollar zum Termin 30. Juni 2016 zum Preis von 9.000 Euro, ein sogenanntes Eindeckungsgeschäft. Am 30. Juni 2016 werden seinem Konto 11.000 Euro gutgeschrieben und gleichzeitig 9.000 Euro abgebucht.

Der A tätigt einen Leerverkauf über US-Dollar als Wirtschaftsgut. Das Devisentermingeschäft ist nicht auf einen Differenzausgleich ausgerichtet, da der volle Betrag dem A in Euro gutgeschrieben wird - und nicht lediglich die Differenz. Es liegen daher im Jahr 2016 keine steuerpflichtigen Kapitaleinkünfte vor. Ein privates Veräußerungsgeschäft liegt ebenfalls nicht vor, da die Veräußerung vor der Anschaffung erfolgte. Der Gewinn in Höhe von 2.000 Euro ist somit steuerfrei.

Abwandlung: Leerverkauf im Jahr 2017

Privatanleger A verkauft die Fremdwährung am 10. März 2017 mit Termin 30. Juni 2017 und deckt sich am 10. Mai mit Termin 30. Juni 2017 ein.

Aufgrund der Wiedereinführung der Besteuerung der Leerverkäufe bei Fremdwährungen (oder sonstigen Wirtschaftsgütern) ist der Gewinn von 2.000 Euro als privates Veräußerungsgeschäft im Jahr 2017 mit dem persönlichen Einkommensteuersatz von A zu versteuern.

Konsequenzen für Anleger

Die Einordnung von Leerverkäufen über Währungen, Gold oder andere Edelmetalle als privates Veräußerungsgeschäft (sonstige Einkünfte) führt zur Besteuerung mit dem individuellen tariflichen Steuersatz, der vielfach über dem Abgeltungsteuersatz von 26,375 Prozent (inklusive Solidaritätszuschlag) liegt. Anders als bei sonstigen privaten Veräußerungsgeschäften wie beispielsweise über Grundstücke gibt es für diese Leerverkäufe keine einjährige Spekulationsfrist. Der Leerverkauf ist damit unabhängig vom Zeitraum zwischen dem Leerverkauf und dem Eindeckungsgeschäft steuerpflichtig.