Geschäftsprozesse der Zukunft, Teil 2 Von den Erfolgsfaktoren eines digitalen Private Bankings

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Multikanalstrategie aus einem digitalen Guss

Je nach internem Fokus auf Investment-Management, Produkteverkauf oder Handel, steht eine Digitalisierungsstrategie vor grundlegend anderen Fragestellungen. An der Schnittstelle zu diversen Kundenkanälen ist eine Reihe von Potentialen adressierbar. Zu denken ist hier an den Kundenberater selbst, E-banking, Kundenapplikationen, Email, Papierinteraktion oder auch videobasierte Interaktion.

Insbesondere die Harmonisierung der Kanäle lässt vielfach zu wünschen übrig. Oft werden Digitalisierungsinitiativen an der Kundenschnittstelle punktuell umgesetzt, entweder weil Verantwortlichkeiten nicht sinnvoll gebündelt sind oder lokale schnelle Erfolge über systematische gesamtheitlich Entwicklungen präferiert werden. Für ein harmonisches Kundenerlebnis ist eine koordinierte Ausrichtung hingegen unerlässlich.

Private Banking lebt von der Kundeninteraktion zwischen Personen. Deshalb ist es meines Erachtens erste Priorität, die Interaktion zwischen Kundenberater und Kunde zu stärken und mit digitalen Möglichkeiten zu versehen.

Marktführer stellen für ihrer Berater Beratungsprozesselemente auf Tablets zur Verfügung, wenn möglich mit einem hohen Integrationsgrad der involvierten Prozesse. So werden einerseits interaktive Kundenreportings, Anlage-Optimierungen sowie Szenario-Diskussionen zum Kundenerlebnis.

Jeder Versuch, Kunden in eine vornehmliche Online-Welt und Robo-Advice zu transferieren, führt unweigerlich zur Schwächung der Beziehung zwischen Kunde und Kundenberater und letztendlich der Bank. Ist der persönliche Kontakt erst einmal minimiert, ist es für den Kunden umso leichter, den Anbieter ohne emotionale Bindung zu wechseln, im besten Fall zu einem Niedrigpreisanbieter mit vollständiger Online-Präsenz.

Das heißt nicht, Instrumente und Lösungen für den Eigengebrauch der Kunden nicht bereit zu stellen, wo dies der Wettbewerb erfordert. Eine aktive Transformation der Kunden in digitale Kunden ist meines Erachtens hingegen mittelfristig kontraproduktiv.

Zusätzlich ist es auch möglich durch eine weitgehende Prozessintegration die Kundendatenaufnahme, Bereitstellung kundenindividueller und regulatorischer Dokumentation sowie den direkten Handelsabschluss von einer analogen in die digitale Welt zu transferieren, was die Kundeninteraktion stärkt und für den Kundenberater Doppelarbeiten minimiert. Insbesondere bei Reisetätigkeit und Kundenbesuchen am Domizil lassen sich so Stärken ausspielen.

Umgang mit regulatorischen Hürden

Die regulatorische Welt stellt allerding hin und wieder noch Hürden an dieser Stelle, in dem nur begrenzte Anzahl von Kundendatensätzen für den Kundenberater verfügbar gemacht werden können oder kundenidentifizierende Elemente auf mobilen Geräten nicht gestattet werden. Damit werden oft Sicherheitsargumente der Compliance und Risikofunktionen überinterpretiert und technische Möglichkeiten eines persönlichen Kundenerlebnisses wie auch die Kundendatenerfassung unnötig erschwert, obwohl Gleiches im analogen Prozess durchaus möglich ist.

Noch komplexer wird die Welt im grenzüberschreitenden Geschäft, wo restriktive Cross-Border-Regeln viele der national möglichen Fälle zu Nichte machen. Nichtsdestotrotz hat es auch hier Möglichkeiten, reisende Kollegen von Ferne mit Kundenvorbereitungen aus den Support-Funktionen zu versorgen, ohne dass man lediglich PDF-Reportings per Email versenden muss.