Geschäftsmodelle im Vergleich Investments in die digitale Infrastruktur sind robust

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Die erhöhte Nachfrage nach Telekommunikationsdienstleistungen und die relativ stabilen, hohen Dividenden deuten eigentlich auf eine generelle Attraktivität von Telekommunikationsanbietern hin. Eine mögliche Erklärung für die nur durchschnittliche Wertentwicklung traditioneller Telekommunikationsanbieter in der aktuellen Krise liefern die schwachen Wachstumszahlen der vergangenen Jahre und der mittelfristige Ausblick für die Branche. Zwar ist das konsumierte mobile Datenvolumen von 2014 bis 2019 jährlich im Durchschnitt um mehr als 30 Prozent gestiegen (Quelle: Ericsson 2019 Mobility Report), die Umsätze von Telekommunikationsanbietern blieben jedoch nahezu unverändert.

Um aber die höheren Datenvolumina und Übertragungsgeschwindigkeiten anbieten zu können, sind enorme Investitionen in den Ausbau der digitalen Infrastruktur nötig. Der anstehende Ausbau der 5G- und Glasfasernetze erschwert das Wachstum des freien Cashflows auch weiterhin, weshalb Zweifel am mittelfristigen Ausblick der Branche gerechtfertigt sind. Manche Telekommunikationsanbieter sind zudem durch Geschäftszweige wie Roaming oder einen hohen Anteil an Geschäftskunden vorübergehendem Gegenwind ausgesetzt. Deshalb sollten Anleger einzelne Investments genau prüfen, denn wie erfolgreich Unternehmen der Telekommunikationsbranche diese Krise meistern, hängt weitestgehend vom Geschäftsmix ab. 

Neben Betreibern von Rechenzentren und Funkmasten haben Telekommunikationsunternehmen mit eigener Netzinfrastruktur besonders robuste Geschäftsmodelle und unterscheiden sich damit deutlich von solchen Anbietern, deren Ergebnisse primär von Angebot und Nachfrage getrieben sind. In den vergangenen Wochen konnten gerade jene Unternehmen, die hinter der digitalen Infrastruktur stehen, ihr Image durch verlässliche Netze und Gesten wie die Bereitstellung von kostenlosem Datenvolumen etwas aufpolieren. Zudem hat die Politik inzwischen erkannt, dass eine leistungsfähige Telekommunikationsinfrastruktur in der heutigen Zeit notwendig ist. 

Deutsche Telekom hält an Prognose fest 

Ein gutes Beispiel für ein erfolgreiches Unternehmen mit eigener Netzinfrastruktur ist die Deutsche Telekom, welche mit mehr als 50.000 eigenen Funkmasten einer der größten digitalen Infrastruktur-Betreiber Europas ist. Das Unternehmen meldete im April 2020 ein Plus von 76 Prozent bei den Festnetztelefonaten und einen Zuwachs von über 30 Prozent im Bereich Mobilfunk.

Zudem lieferte die Deutsche Telekom mit den Quartalszahlen einen eindrucksvollen Beweis für die Krisenfestigkeit der Branche: Nahezu unbeeinträchtigt von der Corona-Virus-Pandemie startet der Konzern mit einem operativen Ergebnissprung von 10 Prozent ins neue Geschäftsjahr und steht weiterhin zur bisherigen Prognose für 2020. Auch bei der Dividende ist auf die Deutsche Telekom Verlass: Wegen des robusten Geschäftsmodells braucht der Konzern aus heutiger Sicht keine staatliche Unterstützung und kann sich angesichts der Ergebnisentwicklung eine Ausschüttung leisten. Deshalb büßte die Aktie seit Jahresbeginn nur 6 Prozentpunkte ein (Stand: 25. Mai 2020), während die europäische Telekommunikationsbranche (SXKP) um 15 Prozent nachgab. 

Fazit

Mit Blick auf Umsätze, Gewinne und Dividenden während der Corona-Virus-Krise wird die Robustheit von Unternehmen im Bereich der digitalen Infrastruktur deutlich. Damit bleibt der Sektor ein relativ sicherer Hafen in unruhigen Zeiten. Anleger sollten einzelne Investments aber genau prüfen, weil nicht alle Unternehmen gleichermaßen vom Telekommunikationsboom profitieren werden. Die Nachfrage nach Telekommunikationsdienstleistungen und das Wachstum der digitalen Infrastruktur dürften in den nächsten Jahren hoch bleiben.


Über den Autor:
Johannes Maier ist Analyst für globale Infrastruktur-Aktien. Er arbeitet seit 2019 bei der auf institutionelle Anleger spezialisierten Fondsgesellschaft Bantleon. Von 2011 bis 2019 war er für Bloomberg tätig. Bei dem Finanzinformationsdienst bekleidete er in New York und später auch in London mehrere Posten. 

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