Was sich bereits abzeichnete, ist jetzt offiziell: Die Volksbank Mittelhessen und die Raiffeisenbank im Hochtaunus nehmen Fusionsgespräche auf. In einem gemeinsamen Statement ihrer Vorstände bestätigen die Genossenschaftsbanken entsprechende Medienberichte der vergangenen Tage.
Die Aufsichtsräte beider Banken haben ihre Vorstände beauftragt, „Verhandlungen über eine Fusion beider Häuser zu führen“, heißt es in der Pressemitteilung. Sollten die Verhandlungen erfolgreich sein, stimmen die Aufsichtsräte und Vertreterversammlungen der beiden Institute voraussichtlich im zweiten Halbjahr 2025 über den Zusammenschluss ab.
Traditionelles Banking und Online-Angebot sollen sich ergänzen
Die Fusion biete „große Chancen für beide Häuser“, heißt es in der Mitteilung weiter. „Die Geschäftsgebiete grenzen direkt aneinander und unsere Banken liegen in einer boomenden Region am Rande des Rhein-Main-Gebietes. Die Raiffeisenbank im Hochtaunus teilt unsere genossenschaftlichen Werte“, sagen die Vorstandssprecher der Volksbank Mittelhessen Lars Witteck und Peter Hanker.
Ihre Bank lege den Fokus auf das „traditionelle Bankgeschäft“ und biete optimale Beratung, unter anderem im Private Banking. Witteck sieht „großes Entwicklungspotenzial für eine gemeinsame Bank“. Während die Volksbank Mittelhessen für das traditionelle Bankgeschäft mit einem dichten Filialnetz stehe, verfüge die Raiffeisenbank im Hochtaunus über eine bundesweite Marke mit Online-Angeboten, die die Dienstleistungen der eigenen Bank ergänzen könnten.
Witteck und Hanker sprechen damit das ungewöhnliche Geschäftsmodell der Raiffeisenbank im Hochtaunus an, die im Herbst 2022 ankündigte, alle ihre Filialen zu schließen, und mit einem Online-Konto bundesweit – statt wie für Genossenschaftsbanken üblich lokal – auf Akquise ging.
Wahrer Grund für Fusion: Probleme bei der Raiffeisenbank im Hochtaunus
Zudem setzte die Bank auf Immobilienkredite. Damit profitierte sie zunächst vom Immobilienboom, war aber auch von der Krise betroffen. In der ansonsten optimistisch formulierten Mitteilung klingt der eigentliche Grund für die Fusion durch: Man könne voneinander profitieren und gleichzeitig „die Kollegen bei den Herausforderungen ihrer deutschlandweiten gewerblichen Immobilienfinanzierungen unterstützen“.
Achim Brunner, Vorstandsvorsitzender der Raiffeisenbank im Hochtaunus, formuliert es so: „Die vergangenen Jahre haben das Geschäftsmodell der Raiffeisenbank im Hochtaunus stark beeinflusst.“ Die veränderten Rahmenbedingungen und regulatorische Vorgaben stellten gerade kleinere Banken vor Herausforderungen, weshalb man nach einem starken Partner suchen würde.
Immobilienmarkt: Freund und Feind der Raiffeisenbank im Hochtaunus
Hinter diesen Worten versteckt sich, dass die Raiffeisenbank im Hochtaunus auf der Liste der „Banken mit Reputationsrisiko“ des Bundesverbands der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) geführt wird. Nach Informationen von „Finanzbusiness“ (Bezahlschranke) hat die Bafin der Bank Ende 2024 zudem ein Kreditverbot erteilt.
Das Kreditportfolio der Bank bestand in den vergangenen Jahren zu einem Großteil aus gewerblichen Immobiliendarlehen. Die Krise auf dem Immobilienmarkt führte folglich immer wieder zu Wertberichtigungen.
Hinzu kamen die ungewöhnlich hohen Mitgliedsanteile, die bei der Raiffeisenbank im Hochtaunus laut Angaben der „FAZ“ (Bezahlschranke) 50.000 Euro pro Anleger betrugen, während sie bei anderen Genossenschaftsbanken deutlich niedriger ausfallen. Treten Mitglieder aus, müssen ihre Anteile ausgezahlt werden. Auch bei wenigen Austritten kommen so schnell hohe Auszahlungssummen zusammen.
Dass die Raiffeisenbank im Hochtaunus aufgrund dieser Probleme auf der Suche nach Fusionspartnern war, ist schon seit Wochen Bestand diverser Medienberichte. Im Gespräch waren die Frankfurter Volksbank und die Volksbank Mittelhessen, wobei die Fusion mit Letzterer als wahrscheinlicher galt.
Volksbank Mittelhessen wächst und wächst
Im Fall einer Fusion erweitert sich das Geschäftsgebiet der Volksbank Mittelhessen um Teile des Hochtaunuskreises. Bislang reicht es von Frankenberg im Norden bis Karben kurz vor Frankfurt im Süden, sowie von Bad Laasphe an der hessisch-nordrhein-westfälischen Grenze im Westen bis nach Thüringen im Osten.
Mit einer Bilanzsumme von 11,6 Milliarden Euro gehört die Bank schon jetzt zu den zehn größten Genossenschaftsbanken in Deutschland. Mehr als 1.000 Mitarbeiter betreuen knapp 350.000 Kunden.
Zuletzt kündigte das Institut bereits den Zusammenschluss mit dem VR-Bankverein Bad Hersfeld-Rotenburg an. Hinzu kommen die Übernahmen der Volksbank Schupbach und der Volksbank Feldatal. Wahrscheinlich wird die Volksbank Mittelhessen noch weiter wachsen. Witteck kündigte bereits an, dass er für weitere Fusionen offen ist.
Private Banking bei der Volksbank Mittelhessen
Auch im Private Banking ist die Volksbank Mittelhessen aktiv. Leiter der Abteilung Private Banking ist Boris Müller. Er ist seit 1996 bei der Volksbank und seit 2020 gesamtverantwortlich für das Private Banking. Sein Stellvertreter Thorsten Jung ist als Teamleiter für das Private Banking in den Regionen Wetzlar-Weilburg und Wetterau verantwortlich.