Georg Graf von Wallwitz „KI gibt keine Antwort auf das Warum“

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Und wie schätzen Sie das KI-Verständnis und -Engagement hiesiger Unternehmen ein?

von Wallwitz: Ohne Zweifel wissen alle, dass KI wichtig ist. Wie so oft gilt es aber, die rechtlichen und regulatorischen Fragen abschließend zu prüfen, bevor es in die Praxis geht. Das ist in den USA anders: Dort sitzt die Tat im Sattel, wie der Publizist Golo Mann es einmal ausgedrückt hat.

Könnten der Staat oder Unternehmen etwas beitragen, um einen günstigen Nährboden zu schaffen?

von Wallwitz: Der Staat müsste die Behandlung für Wagniskapital verbessern. Deutschland ist hier noch immer ein Entwicklungsland. Zugleich müssten aber auch die Unternehmen mehr investieren, mit Mut zum Verlust, nur ist der hierzulande nicht sehr ausgeprägt.

Verbraucher, Tech-Giganten, neue Unternehmertypen: Wer wird voraussichtlich Profiteur der kommenden KI-Welle sein?

von Wallwitz: Nutznießer ist unmittelbar jeder, der mit standardisierten Tätigkeiten zu tun hat, nicht zuletzt der Staat. Ebenso jeder, der in der Lage ist, viele Daten zu sammeln. Wie Technologiefirmen – aber nicht nur. Und mittelbar profitiert natürlich auch der Verbraucher.

 

Sind die Folgen der KI auf die Fondsindustrie absehbar?

von Wallwitz: Im Grunde ist die Frage, welches Können eines heutigen Fondsmanagers sich prinzipiell der KI entzieht. Die Technik kann Zahlen und Texte analysieren und erkennt Muster in Kursen, in der Entwicklung von Unternehmensgewinnen, in makroökonomischen Daten, im Anlegerverhalten, in Nachrichten und Inhalten sozialer Netzwerke. Sie durchforstet große, teilweise unstrukturierte Datenmengen auf verwertbare Muster und übersetzt sie in Handelssignale. Diese unglaubliche Effizienz regt die Phantasie der Branche an und bringt Häuser wie Blackrock dazu, erhebliche Ressourcen zu investieren.

Sobald KI-Prozesse im Asset Management ordentlich funktionieren, dürfte kaum jemand das Risiko eingehen, das mit dem handgestrickten Investmentprozess eines alternden Fondsmanagers einhergeht. Fondsmanager werden oft gierig oder satt, verstehen neue Paradigmen nicht mehr, finden sich auf einmal in den neuen Märkten nicht mehr zurecht. Eine vollständige oder teilweise automatisierte Investitionstechnik vermeidet dies. Regelbasiertes Handeln ist berechenbar. Und Erfolg soll berechenbar sein. Bleibt also die Frage nach dem kreativen Rest im lebendigen Fondsmanager, der sich von keinem KI-Algorithmus nachbilden lässt. Und ob dieser einen positiven Performance-Beitrag leistet.