Anfang September 2025 berichteten zahlreiche Medien, dass Rupert Murdoch und seine Kinder ihren langjährigen, gerichtlich ausgetragenen Nachfolgestreit über die Kontrolle in der Murdoch-Familienstiftung beigelegt hätten. Sohn Lachlan Murdoch erhalte die Kontrolle über die Stiftung, die anderen drei Kinder würden abgefunden.
Der Fall der Murdoch-Familienstiftung ist ein weiteres prominentes Beispiel, in dem ein Nachfolgekonflikt dadurch gelöst wurde, dass sich die Familienstämme trennen. Gleichzeitig steht er exemplarisch für einen Paradigmenwechsel in der Praxis von Familienunternehmen und Familienstiftungen: Obwohl viele Unternehmerfamilien weiterhin bestrebt sind, das Familienvermögen zusammenhalten, sind sie immer häufiger aufgeschlossen gegenüber Regelungen, die einen – teilweisen – Ausstieg einzelner Gesellschafter ermöglichen. Diese Entwicklung sowie die entsprechenden Gestaltungsansätze sollen in diesem Beitrag erläutert werden.
I. Bindung des Familienvermögens in Unternehmen oder Stiftung
Traditionell verfolgen Unternehmerfamilien das Ziel, das Familienvermögen – insbesondere das Unternehmensvermögen – über Generationen hinweg zusammenzuhalten und gemeinsam zu mehren. Dafür gibt es nachvollziehbare Gründe:
- Oftmals ist das Familienvermögen nicht teilbar, weil es in einer besonderen Immobilie oder einem Unternehmen gebunden ist.
- Ein größeres Gesamtvermögen kann effektiver investiert werden als mehrere kleinere Vermögensteile. Es eröffnet Zugang zu exklusiveren Anlageklassen und ermöglicht eine breitere Diversifikation.
- Das von einer Generation aufgebaute Familienvermögen soll sicher zusammengehalten werden. Mehrere Vermögensinhaber können sich gegenseitig kontrollieren.
Rechtlich wird der Zusammenhalt des Familienvermögens durch kündigungsbeschränkende Regelungen in Gesellschaftsverträgen, Widerrufsklauseln in Schenkungsverträgen, testamentarische Anordnungen wie die Testamentsvollstreckung, Erbverträge oder auch Stiftungskonstruktionen gewährleistet.
Alle diese Gestaltungen haben ihre Berechtigung: Kündigungsbeschränkungen sind zum Schutz des Familienunternehmens unerlässlich. Familienstiftungen sind ein hervorragendes Instrument, um Vermögen gesichert in die nächsten Generationen zu übertragen. Sie bieten zudem Flexibilität in der Governance und bei der Verteilung der Erträge
II. Ausstiegsregelungen als präventive Konfliktlösung
An dem verbreiteten Ziel, das Familienvermögen zusammenzuhalten, hat sich wenig geändert. Viele Unternehmerfamilien, die das Vermögen zusammenhalten und gemeinsam investieren, haben in den vergangenen Jahren große Erfolge erzielt. In der Beratung von Unternehmerfamilien ist jedoch in Bezug auf die Bindung im Unternehmen oder der Stiftung eine Entwicklung erkennbar: Immer mehr Unternehmerfamilien regeln vorsorglich, dass einzelne Gesellschafter ganz oder teilweise aus dem Familienunternehmen oder der Familienstiftung gegen Abfindung ausscheiden können. Dahinter stehen zwei zentrale Überlegungen:
- Das Familienvermögen muss nicht ausschließlich im Unternehmen gebunden sein – Familienmitglieder sollen innerhalb gewisser Grenzen frei über ihre Vermögensallokation entscheiden können.
- Eine starke Bindung kann Konflikte verschärfen. Allein die Option, sich im Streitfall lösen zu können, kann Spannungen vorbeugen und Konflikte entschärfen.
III. Ausstiegsregelungen in der Praxis
Der – teilweise – Ausstieg gelingt, wenn er bereits bei Errichtung der Struktur mitgedacht und geregelt wurde.
Leitplanke für entsprechende Regelungen im Gesellschaftsvertrag des Familienunternehmens ist die finanzielle Leistungsfähigkeit des Unternehmens. Das freiwillige Ausscheiden wird deshalb häufig auf einen Teil der Beteiligung beschränkt. Die Kündigung der gesamten Beteiligung hätte bei Gesellschaftern mit größerer Beteiligung zur Folge, dass die Gesellschaft durch die Abfindung zu stark belastet würde.
Außerdem wird bei der Abfindungsermittlung eine Bewertung des Unternehmens zugrunde gelegt, die substantiell unterhalb des Verkehrswerts liegt. Das ist möglich, weil das freiwillige Ausscheiden eine zusätzlich Option ist und sich die Ausstiegsklausel – anders als Regeln für die ordentliche Kündigung oder das zwangsweise Ausscheiden – nicht daran messen lassen muss, ob sie eine kündigungsbeschränkende Wirkung entfaltet oder gar sittenwidrig ist.
Darüber hinaus ist bei der Gestaltung von Ausstiegsklauseln sicherzustellen, dass der Gesamtbetrag der Abfindungen in der Höhe beschränkt ist. Wenn mehrere Gesellschafter gleichzeitig teilweise aussteigen wollen, verlängert sich dadurch im Zweifel der Zeitraum der Abfindungszahlung. Die Belastung des Unternehmens kann zudem dadurch verringert werden, dass ein Gesellschafter, der aus der Gesellschaft teilweise aussteigen will, zunächst den übrigen Gesellschaftern seine Beteiligung zum Erwerb anbieten muss.
Der von den übrigen Gesellschaftern zu zahlende Kaufpreis kann unterhalb dessen liegen, was die Gesellschaft über mehrere Jahre als Abfindung zahlen würde. Das bietet einen Anreiz für die übrigen Gesellschafter, ihre Beteiligung an der Gesellschaft zu erhöhen.
