Wenn jemand eine rechtsfähige Stiftung errichtet, ermöglicht das dem Stifter, sein Vermögen auch über seinen Tod hinaus dauerhaft einem gemeinnützigen Zweck zu widmen. Das Vermögen „geht stiften“. Die damit einhergehende geringe Flexibilität schreckt in der Praxis allerdings viele potenzielle Stifter ab. Sie tun sich insbesondere zu Lebzeiten schwer, ihr Vermögen beziehungsweise teilweise große Teile davon unwiederbringlich wegzugeben. Damit entziehen sie es ihrem und dem Zugriff ihrer Familie; zu groß ist der Respekt vor unerwarteten Entwicklungen in der Zukunft. Vor diesem Hintergrund kann die weitaus flexiblere GmbH in bestimmten Fällen eine nennenswerte Alternative für die langfristige und strukturierte Förderung gemeinnütziger Zwecke darstellen.
Vorzüge der gemeinnützigen GmbH
Der größte Vorteil der gemeinnützigen GmbH – kurz gGmbH – ist die mit ihr einhergehende Flexibilität. Anders als die Stiftung ist die GmbH körperschaftlich strukturiert, das heißt: Sie unterliegt dauerhaft dem Willen ihrer jeweiligen Gesellschafter. Ein geschlossener Gesellschafterkreis oder auch nur ein Alleingesellschafter kann die tatsächliche Geschäftsführung der Organisation beeinflussen und lenken.
Diese Flexibilität kollidiert allerdings mit den gemeinnützigkeitsrechtlichen Anforderungen, insbesondere mit dem sogenannten Gebot der Selbstlosigkeit. Demnach dürfen die Gesellschafter der gGmbH nicht begünstigt werden. Folglich ist bei einer gemeinnützigen GmbH vorrangig der Gewinnanspruch des Gesellschafters abzubedingen und das Gesellschaftsvermögen vor dem Zugriff der Gesellschafter zu schützen. Ungeachtet dessen können die Gesellschafter den Zweck der GmbH im Wege eines Gesellschafterbeschlusses jederzeit ändern – sogar in einen gewerblichen Zweck – oder die GmbH wieder auflösen und somit in den Genuss des Gesellschaftsvermögens kommen, wobei in diesem Fall etwaige steuerliche und erbrechtliche Folgen zu beachten sind.
Ein weiterer positiver Aspekt der gGmbH ist: Sie ist frei von staatlicher Aufsicht. Während bei Stiftungen sowohl im Rahmen des Gründungsprozesses als auch im Tagesgeschäft erheblicher Abstimmungsbedarf mit der Aufsicht besteht, muss die gGmbH für ihre Gründung lediglich die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllen, insbesondere das erforderliche Mindestkapital aufbringen. Die gGmbH wird auch nicht laufend überwacht. Die Stiftungsaufsicht schränkt weder die Stifter noch die Organe mit ihren umfangreichen Befugnissen ein.
Ebenso kann bei einer gGmbH auch ohne großes Grundstockvermögen – erforderlich ist grundsätzlich lediglich das Stammkapital in Höhe von 25.000 Euro – mit der Tätigkeit begonnen werden. Eine selbstständige Stiftung zu errichten, dürfte regelmäßig erst ab einem mittleren sechsstelligen Vermögen zweckmäßig sein.
Steuerliche Privilegien ähnlich, nicht gleich einer gemeinnützigen Stiftung
In steuerlicher Hinsicht profitiert die gemeinnützige GmbH bei Einhaltung der gemeinnützigkeitsrechtlichen Vorschriften in der Regel von den Steuervergünstigungen nach den Einzelsteuergesetzen. So kann sie grundsätzlich von der Körperschaft- und Gewerbesteuer befreit sein sowie erbschaft- und schenkungsteuerbefreit letztwillige beziehungsweise lebzeitige Zuwendungen erhalten. Die Körperschaftsteuerbefreiung der gemeinnützigen GmbH gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG umfasst auch die Vermögensverwaltung. Lediglich die auf den sogenannten wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb entfallenden Einnahmen unterliegen aus Wettbewerbsgründen „normal“ der Körperschaft- und Gewerbesteuer. Zuwendungen an eine gGmbH sind neben der Schenkungsteuerfreiheit insoweit privilegiert, als der Zuwendende diese im Rahmen der Einkommensteuer als Sonderausgaben in Abzug bringen kann, wobei die Höchstbeträge aus § 10b Abs. 1 EStG gelten. Insoweit ergeben sich keine Unterschiede zur gemeinnützigen Stiftung.
Maßgeblicher Unterschied – und Nachteil der gGmbH – ist allerdings der sogenannte erweiterte Spendenabzug gemäß § 10b Abs. 1a EStG, wonach Spenden in den Vermögensstock einer gemeinnützigen Stiftung bis zu einem Gesamtbetrag von einer Million Euro – bei zusammenveranlagten Ehegatten sogar von zwei Millionen Euro – zusätzlich zu den vorgenannten Höchstbeträgen als Sonderausgaben berücksichtigt werden können. Diese Vorschrift ist auf die gGmbH nicht anwendbar, sodass die Zuwendungen lediglich in den Grenzen des § 10b Abs. 1 EStG, das heißt in Höhe von bis zu 20 Prozent des Gesamtbetrags der Einkünfte abzuziehen sind und darüber hinausgehende Zuwendungen erst in den folgenden Veranlagungszeiträumen berücksichtigt werden können. Im Einzelfall kann sich daher die Errichtung einer Förderstiftung neben der gGmbH anbieten, die ihre Erträge gemäß § 58 Nr. 1 und 2 AO an die gGmbH weiterleitet.
Damoklesschwert Pflichtteilsrecht
Neben steuerlichen Erwägungen nehmen pflichtteilsrechtliche Fragestellungen im Rahmen der Nachfolgeplanung erfahrungsgemäß eine zentrale Rolle ein. Das Pflichtteilsrecht gewährt einem engen Kreis von Familienangehörigen ein nicht entziehbares Recht auf Teilhabe am Nachlass. Für die Erbeinsetzungen von beziehungsweise Zuwendungen an gemeinnützige Körperschaft gelten keine besonderen Regelungen. Die Vorschriften der §§ 2303 ff. BGB sind auch dann anwendbar, wenn Vermögen im Wege der Verfügung von Todes wegen auf eine Stiftung oder eine gGmbH übertragen wird. Gemeinnützigkeit schützt nicht vor Pflichtteilsansprüchen. Vor diesem Hintergrund sollte stets der Abschluss von Pflichtteilsverzichtsverträgen angestrebt werden.
Anderenfalls bleibt dem Stifter die Möglichkeit, die Ansprüche des Pflichtteilsberechtigten durch lebzeitige Zuwendungen zu schmälern. Für Zuwendungen an gemeinnützige Stiftungen ist mittlerweile anerkannt, dass diese ohne Einschränkungen dem Pflichtteilsergänzungsrecht unterliegen. Allerdings unterliegen auch Zuwendungen an gemeinnützige Stiftungen der ratierlichen Abschmelzung nach § 2325 Abs. 3 BGB.
Ein Beispiel für die gGmbH:
Spendet der Erblasser im Jahr 2015 einer Stiftung eine Million Euro und verstirbt er im Jahr 2023, unterliegt die Zuwendungen im Erbfall nur noch zu 3/10 der Pflichtteilsergänzung.
Jedenfalls in Fällen, in denen der Erblasser alleiniger Gesellschafter ist, scheiden Pflichtteilsergänzungsansprüche durch „Zuwendungen“ des Erblassers an die gemeinnützige GmbH meines Erachtens aus. In diesen Fällen erfolgt die Leistung des Gesellschafters an seine (gemeinnützige) GmbH auf Grundlage des Gesellschaftsverhältnisses – sogenannte „causa societatis“ – und stellt keine unentgeltliche Zuwendung dar. Ist der Erblasser nicht alleiniger Gesellschafter der Gesellschaft und leistet er eine disquotale Einlage, kommt allerdings eine relevante Schenkung gegenüber dem mittelbar profitierenden Gesellschafter in Betracht.
Bei der pflichtteilsrechtlichen Betrachtung der gGmbH kommt eine weitere Dimension hinzu. Anders als die Stiftung „gehört“ die GmbH ihren Gesellschaftern, das heißt die Geschäftsanteile an der GmbH fallen in den Nachlass des Erblassers und sind daher als Nachlasswert im Rahmen der Berechnung des Pflichtteilsanspruchs zu bewerten. Grundsätzlich bildet der sogenannte Substanzwert bei der Bewertung von Geschäftsanteilen den Mindestwert, der auch bei der gGmbH zu hohen Werten und somit zu einem empfindlichen Pflichtteilsanspruch führen würde. Allerdings ist der Wert der Geschäftsanteile entsprechend den §§ 55 Abs. 1 Nr. 2, 4 AO auf den Wert der eingezahlten Kapitalanteile zuzüglich des gemeinen Wertes der geleisteten Sacheinlagen – im Regelfall also auf die Stammeinlage in Höhe von 25.000 Euro – beschränkt. Angesichts des pflichtteilsrechtlichen Stichtagsprinzips gilt dies regelmäßig auch für den Fall eines etwaigen späteren Verlustes der Gemeinnützigkeit.
Das Fazit
Die gGmbH eignet sich zweifellos als Gestaltungsmittel für die Nachfolgeplanung und kann eine ernsthafte Alternative zur Errichtung einer gemeinnützigen Stiftung darstellen, wobei die Wahl des richtigen Rechtsträgers stets abhängig von den kurz- und langfristigen Vorstellungen des „Stifters“ ist. Ungeachtet der Möglichkeit, die gGmbH der Stiftung durch entsprechende satzungsmäßige Regelungen anzunähern, wird die Errichtung einer Stiftung weiterhin regelmäßig dann vorzugswürdig sein, wenn der Stifter eine dauerhafte Zweckbindung des Stiftungsvermögens beabsichtigt und die Organisationsstruktur und die Verfolgung der satzungsmäßigen Zwecke langfristig und über sein Ableben hinaus sichern will.
Demgegenüber steht die mit der gGmbH einhergehende Flexibilität. Die gGmbH ermöglicht dem „Stifter“ die langfristige Förderung gemeinnütziger Zwecke, ohne sich selbst oder seine Rechtsnachfolger dahingehend ewig zu verpflichten. Anders als die gemeinnützige Stiftung gewährt die GmbH dem „Stifter“ und seinen Erben zudem die Möglichkeit, früher oder später durch einen entsprechenden Gesellschafterbeschluss auf das Gesellschaftsvermögen zuzugreifen. Die Übertragung des Vermögens ist nicht unumkehrbar.
Letztlich sollte bei der Gründung einer gGmbH jedoch stets eines im Vordergrund stehen: die Förderung gemeinnütziger Zwecke.
Über den Gastautor:
David Witzheller, LL.M. ist Rechtsanwalt bei der Kanzlei Müller Mahlmann in Hamburg. Er ist seit 2021 in dieser Position für die Kanzlei tätig. Witzheller ist auf das Erb- und Stiftungsrecht inklusive der Prozessführung spezialisiert.