Vorstand der Eurex Clearing „Unser Marktanteil ist auf 10 Prozent angewachsen“

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Der Regulator möchte also, dass das Geschäft perspektivisch in der EU stattfindet. Aber gibt es denn eine Alternative zum Finanzplatz London, der im Euro-Clearing über ein Monopol verfügt?

Graulich: Noch vor zwölf Monaten gab es diese Alternative nicht. Damals wurde etwa 98 Prozent des Euro-Zinsderivate das sogenannte „Euro-Clearing“ in London abgewickelt. Der Rest entfiel auf die Eurex und die Chicago Mercantile Exchange.

Wir als Eurex haben Ende 2017 gemeinsam mit großen Marktteilnehmern eine Initiative gestartet, um eine solche Alternative in der EU aufzubauen. Sie bietet nicht nur die Möglichkeit, das Monopol zu brechen, um Risiko zu diversifizieren und eine Konkurrenzsituation zu schaffen, sie hilft auch dem Regulator und der Politik ein Stück weit, ihre Ziele zu erfüllen.

Der Eurex könnte das einen Wachstumsschub verleihen.

Graulich: Unbestritten. Und es würde den Finanzplatz Frankfurt stärken. Denn viele schreiben dem Euro-Clearing eine Signal-, um nicht zu sagen eine Leuchtturmfunktion zu, wenn es um die Frage geht, wo Banken in einer Post-Brexit-Welt Ressourcen, Verantwortlichkeiten und Themen allokieren.

Es wird argumentiert, dass dort, wo das Euro-Clearing angesiedelt wird, weitere zentrale Funktionen wie Handel und Risikomanagement angesiedelt werden. Es geht also um einen positiven Effekt für den Finanzplatz Frankfurt im Wettbewerb gegen Paris oder Amsterdam.

Angesichts der Unsicherheit im Zusammenhang mit dem Brexit steigt die Zahl der Marktteilnehmer, die ihr Geschäft vom Londoner Clearing-Haus LCH nach Frankfurt zu Eurex Clearing verlagern wollen. Können Sie das bestätigen?

Graulich: Ja, das kann ich bestätigen. Unser Marktanteil ist binnen eines Jahres von 0,5 Prozent auf über 10 Prozent angewachsen. London rangiert heute bei rund 90 Prozent, die USA spielen heute kaum noch eine Rolle bei Euro denominierten außerbörslich gehandelten Zinsderivaten. Wir dagegen sehen in Frankfurt einen kontinuierlich wachsenden Kundenzulauf.

Ein harter Brexit ist immer noch denkbar. Was dann?

Graulich: Die EU-Kommission hat zugesichert, dass selbst im Falle eines harten Brexits temporär und unter strengen Auflagen weiterhin für einen Zeitraum, der voraussichtlich 12 Monate umfasst, Zugang zur Marktinfrastruktur u.a. zentrale Gegenparteien in London gewährleistet ist. Dies gibt den Marktteilnehmer mehr Zeit, um koordiniert die Alternative der Eurex weiter auszubauen.

Dass die Eurex als Unternehmen nach Wachstumsquellen sucht, versteht sich von selbst. Wie hoch sind die Kosten für Kunden bei einer Verlagerung des Euro Clearing von London nach Frankfurt?

Graulich: Vor etwa anderthalb Jahren gab es aus London heraus immer wieder die Behauptung, dass, wenn das Geschäft in die EU migrieren würde, das ein Nischenmarkt wäre. Und dann würden die Kosten für die Endkunden explodieren – teilweise war die Rede von 100 Milliarden Euro über einen Zeitraum von 5 Jahren.

Und, ist da etwas dran?

Graulich: Inzwischen kann man sagen, dass das alles haltlose Behauptungen waren. Die wesentlichen Kostentreiber sind inzwischen mindestens identisch zwischen London und Frankfurt. Eine Studie von Union Investment kam zu dem Schluss, dass es sich lohnt - auch unabhängig vom Brexit -, von London nach Frankfurt umzuziehen. Die Studienautoren bezifferten die möglichen Kosteneinsparungen auf bis zu 30 Prozent. 


Über den Interviewten:
Matthias Graulich ist seit August 2014 Vorstandsmitglied der Eurex Clearing  und verantwortet die Strategie und die Produktentwicklung. Graulich kam 2001 zur Gruppe Deutsche Börse. Er hatte seither eine Reihe von Führungs- und Projektmanagementpositionen bei der Deutschen Börse und bei Eurex inne und begleitete zahlreiche strategische Projekte.

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