Gebot der ertragreichen Vermögensanlage Wie Negativzinsen die Gemeinnützigkeit von Stiftungen gefährden können

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Vom Verwalter zum Manager

Begeht ein Stiftungsverantwortlicher oder externer Manager also einen haftungsrelevanten Regelverstoß, wenn er innerhalb der Vermögensanlage die Zahlung von Negativzinsen in Kauf nimmt? Angesichts des bereits erwähnten, in zahlreichen Landesstiftungsgesetzen enthaltenen Gebots der ertragreichen Anlage erscheint dies naheliegend.

Als Handlungs- und Haftungsmaßstab für Stiftungsvorstände wird in Anlehnung an die Rechtslage bei Aktiengesellschaften zunehmend häufig der „ordentliche und gewissenhafte Geschäftsleiter“ herangezogen. Unausgesprochen verändert sich das Leitbild des Stiftungsvorstands damit vom Verwalter zum Manager.

Dieser handelt pflichtgemäß, wenn er bei einer Entscheidung vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Information zum Wohle der Stiftung zu handeln. Hieraus lassen sich auch für das Szenario drohender Negativzinsen einige Schlüsse ziehen:

  • Nichtstun ist zu wenig. Angesichts der unerwünschten Folgen ist zum Wohle der Stiftung zumindest die aktive Suche nach Alternativen erforderlich. Fatal und haftungsträchtig wäre es, lediglich durch unbegründete Inaktivität Guthabenkosten zu produzieren. Allerdings darf dabei das Ziel der ertragreichen Anlage nicht verabsolutiert, sondern muss gegen die anderen Anlageziele, insbesondere die Sicherheit, abgewogen werden.

    Ob die Vermeidung von Negativzinsen beispielsweise Einlagen außerhalb des inländischen Sicherungssystems rechtfertigen, erscheint unter diesem Gesichtspunkt zweifelhaft. Das Erfordernis der angemessenen Information dürfte es aber erforderlich machen, dass sich der Vorstand regelmäßig einen fundierten Marktüberblick über die Guthabenkonditionen verschiedener Institute verschafft.

  • Sinnhaftigkeit des Liquiditätsbestands hinterfragen: Bei der Vermögensanlage von Ewigkeitsstiftungen spielt die Liquidität grundsätzlich eine geringere Rolle als bei den meisten anderen Investoren. Denn diese Stiftungen dürfen das Anlagevermögen ja ohnehin nicht ausgeben. Je nach Anlagepolitik kann eine Cash-Reserve natürlich zu Investitionszwecken sinnvoll sein, die dann aber auch aktiv und nachvollziehbar genutzt werden muss und auf das notwendige Minimum zu beschränken ist.

  • Risiken neu bewerten. Die naheliegende Art, Negativzinsen im Einlagenbereich zu vermeiden, ist die Investition der betreffenden Gelder. Nach wie vor scheuen viele Stiftungsvorstände die Wertschwankungsrisiken an den Kapitalmärkten, insbesondere bei Aktien.

    Doch im Falle der Negativverzinsung von Vermögensteilen stellt sich die Frage noch drängender als bisher, ob mögliche Schwankungen mit Zuwachs- und Ertragschancen nicht eher in Kauf zu nehmen sind als sichere Kosten und sicherer realer Vermögensverzehr ohne irgendeine Chance. Zahlt eine Stiftung tatsächlich Negativzinsen, bedarf es hierfür einer guten Begründung.

  • Gut dokumentieren. Um mögliche Haftungsrisiken für sich auszuschließen sollte der Stiftungsvorstand alles dafür tun, die Pflichtgemäßheit seines Handelns zu dokumentieren. Das betrifft auch die Entscheidung, Negativzinsen in Kauf zu nehmen, um eine Liquiditätsreserve zu haben. Nach einer Befragung des Bundesverbands Deutscher Stiftungen machen allerdings nur rund zwei Drittel aller Stiftungen von dieser simplen enthaftenden Maßnahme Gebrauch. 

Auch auf Seiten der steuerlichen Gemeinnützigkeit kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an: In der Praxis ist die Überprüfung der Finanzbehörden von einem breiten Ermessensspielraum geprägt. Die zuständigen Körperschaftsteuerfinanzämter achten vor allem darauf, dass die Stiftung einmal vorhandene Erträge zeitnah für die Zweckverwirklichung einsetzt. Ob die Höhe dieser Mittel dem vorhandenen Stiftungsvermögen angemessen ist, wird hingegen seltener nachgehalten.

Was nicht heißen soll, dass die fehlende Angemessenheit nicht sanktionierbar ist. Sicherlich kann das Finanzamt eine vorübergehende Ertraglosigkeit tolerieren, wenn diese gut begründet ist, beispielsweise bei unternehmensverbundenen Stiftungen, wenn das verbundene Unternehmen keine Gewinne an die Eigentümer ausschüttet.

Vor diesem Hintergrund erscheint es auch nicht zwingend unzulässig, dass die zur Zweckerfüllung verfügbaren Mittel durch Negativzinsen geschmälert werden. Dieses aber, wie angesprochen, nur unter den aufgezeigten Voraussetzungen.