Blockchain-Technologie Welche Potenziale für institutionelle Anleger im Ökosystem der Kryptowährungen stecken

Jakob Wilhelmus, PGIM

Jakob Wilhelmus ist seit März 2022 Direktor für Thematische Forschung bei PGIM, Foto: PGIM

Am 31. Oktober 2008 postete ein Nutzer mit dem Pseudonym Satoshi Nakamoto auf einer Kryptographie-Mailingliste einen Link zu einem Whitepaper über Bitcoin und startete damit die Revolution der Kryptowährungen. Das Versprechen der digitalen Währung – Echtzeit-Transparenz, Anonymität, Sicherheit und „trustless Owner-ship“ ohne Beteiligung staatlicher Stellen oder des traditionellen Bankensystems – kam genau zum richtigen Zeitpunkt für eine Welt, die durch den Zusammenbruch von Lehman Brothers sechs Wochen zuvor erschüttert worden war.

Wie auch immer die Geschichte von Bitcoin ausgehen wird, die Verbindung von Distributed-Ledger-Technologie und Kryptographie stellt einen echten technologischen Durchbruch dar. Für institutionelle Anleger dürften allerdings eher die mit der digitalen Währung verbundenen Technologien als Investmentobjekt eine Zukunft haben als die Währung selbst.

Die vier Dimensionen einer Kryptowährung

Kryptowährungen sind digitale Vermögenswerte, die über eine Blockchain ohne einen vertrauenswürdigen Intermediär wie eine Verwahrstelle oder Bank verwaltet und dokumentiert werden. Jede Kryptowährung existiert auf einer Blockchain – einem dezentralen „Ledger“ (Hauptbuch) – wo alle Transaktionen, die in diesem Netzwerk getätigt werden, aufgezeichnet, abgerechnet und validiert werden. Kryptowährungen sind untrennbar mit der ihnen zugrundeliegenden Blockchain verbunden. Tatsächlich lassen sich viele der Unterschiede, die zwischen den verschiedenen Währungen bestehen, auf die Unterschiede in ihren Blockchains zurückführen.

Sämtliche der mehr als 10.000 Nachfolger von Bitcoin werden durch Designentscheidungen geprägt, die sich in vier Dimensionen einordnen lassen: Dezentralisierung, Sicherheit, Skalierbarkeit und Stabilität. Jede Kryptowährung (und die ihr zugrunde liegende Blockchain) stellt einen einzigartigen Kompromiss zwischen diesen Elementen dar.

Dezentralisierung bedeutet, dass ein unveränderlicher Ledger geschaffen wird, der nicht von einer zentralen Stelle zur Validierung von Teilnehmern und Transaktionen abhängig ist. Das steht in krassem Gegensatz zum konventionellen Finanzsystem, bei dem ein vertrauenswürdiger Finanzintermediär (häufig eine Bank) Transaktionen im Namen der Kunden abrechnet, verifiziert und aufzeichnet.

Bei einer Blockchain wird diese Funktion stattdessen von mehreren unabhängigen Minern übernommen, die durch Utility-Tokens oder Kryptowährungen einen finanziellen Anreiz erhalten, als unabhängige Prüfer der Authentizität des Netzwerks zu fungieren. Miner zeichnen Transaktionen auf und verifizieren diese in einem Wettbewerb, an dessen Ende ein finanzieller Anreiz steht. Bei der Bitcoin-Blockchain ist dieser Anreiz neue Bitcoinwährung. Je mehr Knotenpunkte innerhalb des Netzwerks jede Transaktion aufzeichnen und validieren, desto schwieriger ist es, einen ausreichend großen Teil des Netzwerks zu kompromittieren, um es zu hacken und falsche Transaktionen aufzuzeichnen. Blockchains, die auf Sicherheit optimiert sind (wie das Bitcoin-Netzwerk), sind in der Regel stark dezentralisiert.

Dezentralisierung, Sicherheit, Skalierbarkeit: Das „Blockchain-Trilemma“

Die Fähigkeit einer Blockchain, ein wachsendes Transaktionsvolumen zu verarbeiten, wird durch die Skalierbarkeit bestimmt. Effiziente Transaktionsgeschwindigkeiten und geringe Kosten für Aufzeichnung und Validierung von Transaktionen sind von entscheidender Bedeutung dafür, dass sich die Blockchain-Technologie zu einem breit akzeptierten digitalen Zahlungssystem entwickeln kann. Ohne Kompromisse bei Dezentralisierung und Sicherheit – was Ethereum-Mitbegründer Vitalik Buterin als „Blockchain-Trilemma“ bezeichnet – wird es für Blockchain-Netzwerke nicht einfach sein, effizient zu skalieren und mit herkömmlichen Netzwerken in Bezug auf Komfort, Geschwindigkeit und Kapazität zu konkurrieren.

Als Reaktion auf die erheblichen Defizite bei der Verarbeitungsgeschwindigkeit haben Unternehmen eine Reihe von Lösungen für die Skalierung entwickelt. Einige zielen darauf ab, neue, schnellere Blockchains zu schaffen (so genannte Layer-1-Lösungen), während andere Anwendungen auf bestehende Blockchains aufsetzen, um deren Effizienz zu steigern (so genannte Layer-2-Lösungen). Hierbei werden im Grunde mehrere Nutzertransaktionen gebündelt und in Summe aufgezeichnet (anstatt einzeln).

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Das sogenannte „Lightning Network“ ist beispielsweise eine Skalierungslösung für die Bitcoin-Blockchain, „StarkNet“ ist eine Lösung für Ethereum. Viele dieser Lösungen könnten auch für aktuelle und künftige digitale Zentralbankgelder (CBDCs) interessant sein.

Alle Kryptowährungen sind mit den Kompromissen des Blockchain-Trilemmas konfrontiert, aber nicht alle Kryptowährungen leiden unter enormen Wertschwankungen. Die vierte Dimension: Stabilität. Stablecoins wie Tether, USD Coin und Dai sind digitale Währungen, die auf einer Blockchain aufgezeichnet und abgerechnet werden und deren Wert explizit an einen anderen Vermögenswert gebunden ist. Viele der bekanntesten Stablecoins sind an ein Zentralbankgeld – häufig den US-Dollar – gekoppelt.

Je nach Stablecoin können diese Reserven entweder „on-chain“ (in Form von digitalen Vermögens-werten) oder „off-chain“ (in Form von herkömmlichen Geldmarktwerten) angelegt sein. Unabhängig davon, ob ein Stablecoin mit Fiat oder digitalen Vermögenswerten unterlegt ist, sind die Reservemechanismen weder reguliert noch besteht die Pflicht einer externen Prüfung.