Gané-Gründer und -Vorstände im Gespräch „Die Digitalisierung ist eine Attacke auf die Mittelmäßigkeit“

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Wie viel Plattform-Ökonomie, Story und Bilanz gehören dazu?

Rathausky: Zu den Digitalisierungsgewinnern zählen wir nicht nur Plattform-Ökonomie wie Online-Handel und Cloud-Telefonie, sondern auch Unternehmen, die vom Digitalisierungstrend nicht negativ betroffen sind, die vielmehr ihre technologischen Möglichkeiten nutzen, um den Vorsprung gegenüber dem Wettbewerb auszubauen. Von Storys halten wir gar nichts. Wir mögen keine binären Null- oder Eins-Entscheidungen. Unsere Unternehmen müssen sich über viele Jahre bewährt haben, margenstark sein, ordentliche Verzinsungen auf das eingesetzte Kapital aufweisen und langfristig organisch wachsen können.

Die Weltwirtschaft und die Geschäftsmodelle wandeln sich nicht zuletzt aufgrund des jüngsten Digitalisierungsschubs zunehmend schneller. Gibt es für das Thema Plattform-Ökonomie einen grundsätzlichen Rendite-Kicker an den Finanzmärkten?

Hüttinger: Das Wesensmerkmal rein digitaler Geschäftsmodelle ist die Plattform-Ökonomie. Sie nutzt Netzwerkeffekte. Das ist ihre wichtigste Eigenschaft. Sie steigert den Nutzen für den einzelnen Kunden, je mehr Menschen sich ihr anschließen. Und je größer so ein Netz ist, desto wertvoller ist es und desto schwieriger ist es für andere, in diesen Markt einzutreten. Daraus können grandios profitable Geschäftsmodelle entstehen, die zurecht so bewertet sind, weil sie nur einen geringen Kapitaleinsatz benötigen. Allerdings müssen sich digitale Ökosysteme ständig weiterentwickeln und mitunter auch für andere Plattformen öffnen, sonst können sie an Relevanz verlieren und wieder vom Markt verschwinden. 

Sind Zweifel an den hohen KGVs der FAAAM-Aktien berechtigt?

Hüttinger: Eine prüferische Skepsis ist immer angebracht. Und man muss sich den einzelnen Fall anschauen. Was aber ist in einem Umfeld von Nullzinsen das richtige KGV für ein schuldenfreies und hochprofitables Unternehmen, das Milliarden verdient und kontinuierlich organisch wächst? Wir denken nicht, dass die entscheidende Frage ist, ob das heutige KGV fünf Punkte höher oder niedriger sein sollte, sondern wo das Unternehmen in fünf oder sieben Jahren im Wettbewerb steht und welches Zinsniveau wir dann haben.


Pure Play: Das Aktien-Konzentrat von Gané
Im Gané Business Partner Fund bringen die Verantwortlichen ihre Auffassung zur Digitalisierung der Wirtschaft und der langfristigen Geldflut der Notenbanken fokussiert zum Ausdruck.

Lediglich neun Aktientitel befinden sich im Gané Business Partner Fund. Spielt Diversifikation keine Rolle mehr?

Muhle: Tut sie in der Tat nicht mehr so stark, weil wir einen gewaltigen Umbruch der Weltwirtschaft erleben. Immer schnellere und schlauere Technologien führen innerhalb einer globalen Wettbewerbssituation zur Automatisierung fast aller Geschäftsbereiche. Für Unternehmensorganisationen, die über Jahrzehnte aufgebaut wurden, ändert sich plötzlich die Welt. Meistens aber sind die Organisationen, Strukturen und Menschen träge und nicht anpassungsfähig genug. Digitalisierung ist eine Attacke auf die Mittelmäßigkeit. Die Halbwertszeit einst erfolgreicher Branchen und Unternehmen sinkt dramatisch. Wenigen Gewinnern stehen zahlreiche Verlierer gegenüber. Es genügt nicht mehr, nur in Unternehmen zu investieren, die einen altbewährten Wettbewerbsvorteil besitzen. Jeder Wettbewerbsvorteil muss ständig ausgebaut werden. Wir trauen uns zu, genau solche Unternehmen zu selektieren, die das zu leisten imstande sind.

Wie viel Cash-Quote gönnen Sie sich, um opportunistisch bei neuen Aktien zugreifen zu können?

Rathausky: Wir möchten immer weitgehend investiert sein. Wir streben an, langfristig an unseren Unternehmen beteiligt zu sein, ohne große Umschichtungen vornehmen zu müssen. Gibt es eine neue Investmentidee, dann muss sie so gut sein, dass sie eine bestehende Idee verdrängen kann. Dafür schaffen wir dann Platz im Portfolio.

Der Kreis der Investoren ist bei einem Spezial-AIF begrenzt. Ist die Obergrenze bereits erreicht?

Hüttinger: Aus regulatorischen Gründen dürfen wir insgesamt nur 100 Investoren aufnehmen. Derzeit sind wir für neue Gelder offen. Wir behalten uns aber eine vorzeitige Schließung vor. Ein Investor kann zwar täglich über seine Anlagegelder verfügen, er sollte aber die Rückgabe mit einer Frist von 90 Tagen ankündigen, um keinen Rücknahmeabschlag tragen zu müssen. Mit dieser Regelgung schützen wir das partnerschaftliche Interesse aller Beteiligten.


Über die Interviewten:
Uwe Rathausky und Henrik Muhle gründeten 2007 die Gané Aktiengesellschaft. Seither maganen die beiden den über 4 Milliarden
Euro schweren Mischfonds Acatis Gané Value Event (ISIN: DE000A2DR2M0) und wurden 2019 vom Finanzen-Verlag zu Deutschlands „Fondsmanager des Jahres“ gekürt. Marcus Hüttinger wechselte Anfang 2020 als Partner zum Gané-Team und bildet mit den Rathausky und Muhle den Vorstand der Gané Investment-AG.

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