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FvS Research Institute zu Aktienrückkäufen Künstliche Kurswertbeeinflussung vor Rekordvolumen

Wenn ein Unternehmen seine eigenen Aktien am Kapitalmarkt erwirbt, setzt es freie Mittel ein, um die Anzahl ausstehender Aktien zu reduzieren. Es tauscht Kasse gegen einen höheren Aktienkurs. Problematisch dabei ist, dass durch die Rückkäufe kein ökonomischer Mehrwert geschaffen wird. Liquide Mittel werden ausgegeben, dafür aber keine neuen Assets angeschafft. Auch der Investor ist nur auf dem Papier reicher geworden und hat nicht wie bei einer Dividende mehr Geld in der Kasse, das er neu investieren könnte.

Es wundert daher nicht, dass Aktienrückkäufe eher ein Mittel letzter Wahl sind. Erst wenn sich keine weiteren Investitionsmöglichkeiten und Wachstum versprechende Zukäufe ergeben, es keinen Grund für kurzfristige Schuldentilgung gibt, kein übermäßig hoher Liquiditätspuffer benötigt wird und die Dividende nicht kurzfristig erhöht werden soll, greifen Unternehmen zu der Maßnahme und kaufen ihre eigenen Titel zurück.

Derzeit treffen alle diese Faktoren zu, schreibt Philipp Immenkötter vom Flossbach von Storch Research Institute in der Studie „Aktienrückkäufe im Trend“: Im aktuellen von Niedrigzinsen geprägten Marktumfeld erscheinen sowohl Kassenhaltung als auch vorzeitige Schuldentilgung als wenig aussichtsreich. Angesichts der niedrigen Zinsen notieren die Kurse der Unternehmensanleihen auf hohem Niveau, sodass eine kurzfristige Rückzahlung des Fremdkapitals als nicht opportun erscheint. Gleichzeitig ist die Zinsbelastung auf historisch niedrigem Niveau, womit auch hier kein Handlungsbedarf besteht.

Die Dividende kurzfristig zu erhöhen scheidet ebenfalls als Alternative aus: Investoren geben leicht steigende Dividenden gegenüber volatilen Ausschüttungen den Vorzug. Darüber hinaus fassen Anleger eine potenzielle Kürzung der Dividende im Folgejahr als deutlich negatives Signal auf.

Im Gegensatz dazu liegen die Kurs-Gewinn-Verhältnisse (KGV) vergleichsweise niedrig. So lag zur Jahresmitte 2018 das KGV für den Dax bei 14,0 und damit deutlich unter dem langfristigen Durchschnitt seit 2012 von 17,7. Aktuell hat das Dax-KGV sogar auf 11,0 zurückgesetzt. Auch das KGV des M-Dax hatte sich im Juli mit 18,5 (gegenüber dem Durchschnitt von 19,7) leicht verringert. Im Verhältnis zu den erwirtschafteten Gewinnen erscheinen die Aktien vieler Unternehmen im aktuellen Marktumfeld daher als nicht überbewertet.

„Vor diesem Hintergrund rücken Aktienrückkäufe verstärkt in den Fokus der Unternehmen“, fasst Studienautor Immenkötter zusammen. „Die Rückkäufe der insgesamt 80 in Dax und M-Dax gelisteten Unternehmen dürfte bis zum Jahresende bei rund 10,5 Milliarden Euro zu liegen kommen – und das Vorjahresvolumen von 5,5 Milliarden Euro weit übertreffen.“ Ein neues 10-Jahreshoch ist damit in greifbarer Nähe.

Entwicklung der Rückkaufprogramme seit 2005

Aktienrückkäufe verlaufen prozyklisch. Nur wenn ausreichend ausschüttungsfähige Mittel zur Verfügung stehen, können Aktienrückkäufe auf den Weg gebracht werden. Daher steigen die Rückkaufaktivitäten im Zuge einer wirtschaftlichen Expansion an und brechen mit Einsetzen einer Krise abrupt ab. Als im Jahr 2008 Aktienrückkäufe der Dax- und M-Dax-Unternehmen mit 16 Milliarden Euro ihr Allzeithoch erreicht hatten, setzte die Finanzkrise dem Trend ein Ende. Seit 2005 war bis dahin viel Geld in Rückkäufe geflossen: Von 2005 bis 2008 stieg das Volumen der zurückgekauften Aktien von 3,2 Milliarden Euro auf 16,9 Milliarden Euro an – bislang der historische Höchstwert.

Nach der Finanzkrise dauerte es einige Zeit, bis die Wirtschaftslage sich soweit gebessert hatte, dass die im Dax und M-Dax gelisteten Konzerne wieder aktiv werden konnten. 2011 begannen bereits fünf Konzerne mit Rückkäufen. Im Jahr 2017 waren elf Unternehmen mit dem genannten Rückkaufvolumen von 5,5 Milliarden Euro dabei. Der aktuelle Rückkauf-Zyklus geht nun schon in sein zehntes Jahr. Über sein Ende wird die Konjunktur entscheiden. Derzeit ist allerdings noch kein Ende in Sicht.