Corona-Sonderregeln Für Stiftungen bleibt Rechtsunsicherheit

Seite 2 / 3

3. Welche Covid-19-Erleichterugen gelten für Stiftungen?

Für Stiftungen und Vereine sieht das Gesetz zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht in Artikel 2 Paragraph 5 bestimmte Erleichterungen vor:

(1) Ein Vorstandsmitglied einer Stiftung (oder eines Vereins) bleibt auch nach Ablauf seiner Amtszeit bis zu seiner Abberufung oder bis zur Bestellung seines Nachfolgers im Amt.

Erläuterung: Damit sollen Stiftungen handlungsfähig bleiben, wenn zeitlich befristete Vorstandsämter auslaufen und aufgrund Covid-19 neue Vorstände nicht bestellt werden können. Eine gute Stiftungssatzung enthält eine solche Regelung ohnehin. Sie gilt nun aber auch für alle Stiftungen, deren Satzung eine solche Regelung fehlt. Wichtig: Die Möglichkeit zur Abberufung eines Vorstands bleibt unberührt.

(2) Abweichend von der gesetzlichen Regel im Verein (Paragraph 32 Abs. 2 S. 1 BGB) kann der Vorstand – auch ohne Ermächtigung in der Satzung – Mitgliedern ermöglichen,

  1. an der Versammlung ohne Anwesenheit am Versammlungsort teilzunehmen und Rechte im Wege der elektronischen Kommunikation auszuüben oder
  2. ohne Teilnahme an der Versammlung ihre Stimmen vor der Durchführung der Versammlung schriftlich abzugeben.

Erläuterung: Mit Nummer 1 sollen – auch ohne ausdrückliche Ermächtigung in der Satzung – „virtuelle“ Versammlungen im Wege elektronischer Kommunikation ermöglicht werden. Dabei kann auch ein Teil der Mitglieder an einem bestimmten Ort zusammenkommen und andere Mitglieder können an der Versammlung im Wege elektronischer Kommunikation teilnehmen. Mit Nummer 2 soll ermöglicht werden, vor Beginn einer Versammlung die Stimme schriftlich abzugeben, ohne an der Veranstaltung teilnehmen zu müssen, was auch als Stimmbotschaft bezeichnet wird.

(3) Abweichend von der gesetzlichen Regel im Verein (Paragraph 32 Abs. 2 BGB) ist ein Beschluss ohne Versammlung der Mitglieder gültig, wenn (i) alle Mitglieder beteiligt wurden, (ii) bis zu einem gesetzten Termin mindestens die Hälfte der Mitglieder ihre Stimmen in Textform abgegeben haben und (iii) der Beschluss mit der erforderlichen Mehrheit gefasst wurde.

Erläuterung: Damit soll die Beschlussfassung im Umlaufverfahren erleichtert von dem strengen Erfordernis der Zustimmung aller Mitglieder zu dieser Verfahrensart entkoppelt werden. Dazu soll es genügen, dass alle Mitglieder beteiligt werden und bis zu einem festgesetzten Termin mindestens die Hälfte der Mitglieder im Umlaufverfahren ihre Stimme abgibt. Für die Entscheidung in der Sache bleibt es bei den regulären Mehrheitserfordernissen, insbesondere solchen aus der Satzung. Die Stimmabgabe muss nicht mehr in Schriftform erfolgen, sondern ist auch in Textform möglich, sodass anstelle einer eigenhändig unterschriebenen Erklärung, auch eine Stimmabgabe zum Beispiel durch E-Mail und Telefax möglich ist.

Rechtsunsicherheit für Stiftungen

Für Stiftungen besteht leider Rechtsunsicherheit bei den vorgenannten Covid-19-Erleichterungen zur Beschlussfassung außerhalb von Versammlungen.

Dies rührt daher, dass diese Erleichterungen nach ihrem Wortlaut ausdrücklich nur für Mitglieder von Vereinen gelten, und zur Anwendung auf Vorstände von Stiftungen eine gesetzliche Verweisungskette bemüht werden muss (Paragraph 86, 28, 32 BGB). Und die Akzeptanz dafür ist überraschenderweise nicht einheitlich.

Zwar gibt es Stiftungsaufsichtsbehörden, welche die Erleichterungen zur Beschlussfassung auch auf Stiftungen anwenden, unter ausdrücklicher Annahme der Verweisungskette (zum Beispiel Hamburg und Rheinland-Pfalz). Andere Aufsichtsbehörden wie die Regierung von Oberbayern vertreten jedoch die Auffassung, dass die Sonderregeln für Stiftungen nicht gelten sollen. In der Rechtsliteratur gibt es Stimmen dafür und dagegen. Der Bundesverband Deutscher Stiftungen will sich immerhin dafür einsetzen, dass die Regelungen von den Stiftungsaufsichtsbehörden einheitlich angewendet werden.