Für den deutschen Markt Erste Schweizer Privatbank erhält vereinfachte Freistellung

Jürg Staub ist unbeschränkt haftender Gesellschafter und Vorsitzender der Geschäftsleitung der Schweizer Privatbank Reichmuth & Co.

Jürg Staub ist unbeschränkt haftender Gesellschafter und Vorsitzender der Geschäftsleitung der Schweizer Privatbank Reichmuth & Co. Foto: Reichmuth & Co

Das erste Schweizer Institut hat die vereinfachte Freistellung für den deutschen Markt von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) erhalten, wie das Schweizer Online-Portal „Finews“ berichtet. Der Anfrage der Privatbank Reichmuth & Co, ein inhabergeführtes Familienunternehmen mit Sitz in Luzern, wurde im September 2017 stattgegeben. Sechs weitere eidgenössische Banken sollen aktuell auf Zusage der Bafin warten.

Der Privatbank darf damit auf deutschem Gebiet frei um Vermögensverwaltungskunden werben und mit den Instituten hierzulande in Konkurrenz treten. „Ich freue mich, dass wir nun mit gleicher Ellenlänge den Markt bearbeiten können“, sagt Jürg Staub, Chef von Reichmuth & Co gegenüber dem private banking magazin. Das Institut sei seit jeher spezialisiert auf familiengeführte Mittelstandsunternehmen in Deutschland.

Der formell abgesicherte Status sollte dem Institut helfen, Kundenberater anzuziehen, so Staub. Entsprechend hat die Privatbank von Anfang an auf die Freistellung gedrängt. Die Kosten für den gesamten Prozess vom Gesuch bis zur Anerkennung bewegen sich im fünfstelligen Bereich, so Staub gegenüber „Finews“.

Der Weg dorthin war jedoch lang. Die Schweiz und Deutschland hatten im Juli 2015 die Bestimmungen für den freien Marktzugang geklärt. Seitdem konnten Schweizer Banken, die grenzüberschreitend in Deutschland ihre Finanzdienstleistungen anbieten wollten, dies bei der Bafin anmelden.

Nur blieb der große Andrang aus, obwohl die eidgenössischen Institute lange auf diesen Marktzugang hingewirkt hatten. Zunächst war der Prozess lange Zeit unklar. Weiterhin trugen interessierte Schweizer Institute zu viele Steuer-Altlasten mit sich herum, was sich durch den Anfang 2017 eingeführten automatischen Austausch von Daten (Automatischer Informationsaustausch, AIA) klärte. Schließlich war zudem lange die Frage von möglichen Auswirkungen der EU-Finanzmarktrichtlinie Mifid II offen. Die berührt aber die Bestimmungen zwischen Deutschland und der Schweiz nun nicht.

Laut „Finews“ berichten Insider, dass bei vielen Schweizer Privatbanken die Schwarzgeld-Thematik hemmend wirke. Viele Institute seien diesbezüglich noch im Visier von deutschen Finanzämtern – auch nach Inkrafttreten des AIA-Abkommens. Zudem erhalte die Bafin mit der Freistellung theoretisch die Möglichkeit, Prüfer zu Schweizer Banken zu schicken. Viele Institute sollen deshalb gezögert haben, Deutschland ihre Bücher offenzulegen.

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Auch Staub berichtet von einer gewissen Zurückhaltung in der Branche gegenüber der Freistellung. „Aus Schweizer Sicht fände ich es schade, wenn die Institute den Zugang jetzt nicht nutzen“, so der Privatbank-Chef. Für Schweizer Banken ist Deutschland nach wie vor der wichtigste Offshore-Markt und neben dem Heimatmarkt der zweitwichtigste Standort überhaupt. Vor allem kleinere eidgenössische Institute könnten aus dieser Art des Marktzugangs einen Vorteil schlagen.

Die aktuell einzige Alternative, eine Freistellung zu erlangen, ist in Deutschland eine Niederlassung mit Bankenlizenz aufzubauen. Dieser Weg ist jedoch mit deutlicher mehr Kosten verbunden. Offenbar habe sich in der Schweiz aber auch die Diskussion um den vereinfachten Marktzugang verlagert hin zu der Forderung nach neuen Schweizer Finanzgesetzen, um die Äquivalenz zum EU-Raum sicherzustellen und auf diese Weise den erleichterten Marktzutritt zu erhalten.

Der Prozess müsse aber noch verhandelt werden. Auf das Ergebnis zu einem unbestimmten Zeitpunkt wollte Reichmuth & Co. laut Staub aber nicht warten.

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