Für alternative Investmentfonds An diesen Punkten von Mifid II besteht Nachbesserungsbedarf

Martina Hertwig ist Partnerin und Wirtschaftsprüferin bei Baker Tilly sowie Mitglied des ZIA-Präsidiums.

Martina Hertwig ist Partnerin und Wirtschaftsprüferin bei Baker Tilly sowie Mitglied des ZIA-Präsidiums. Foto: Baker Tilly

Mifid II hat in der Praxis eine Reihe von Problemen aufgeworfen. Viele Banken und Finanzanlagenvermittler beklagen den hohen administrativen Aufwand. Die EU hat im Februar 2020 mit der Überprüfung der Finanzmarktrichtlinie begonnen, einer der zentralen Richtlinien zur Regulierung der Finanzmärkte. Die Konsultation begann am 17. Februar 2020 und läuft noch bis zum 20. April 2020. Alle interessierten Unternehmen können ihr Feedback in Form eines vorgegebenen Fragebogens bei der Kommission einreichen.

Die EU verfolgt mit der Review mehrere Ziele: Erstens soll von allen Stakeholdern Feedback über die bisherige Anwendung eingesammelt werden. Im Zentrum steht dabei die Frage, ob Probleme in kurzer Zeit behoben werden können. Zudem möchte der Regulator Feedback zu verschiedenen technischen Aspekten von Mifid II.

Für die Branche der alternativen Investmentfonds sehen wir vor allem bei drei Punkten Nachbesserungsbedarf. So sollte man eine neue Anlegerkategorie einführen, nämlich die des semiprofessionellen Anlegers. Außerdem brauchen wir eine Lockerung der Zielmarktdefinition und einige Klarstellungen zum geforderten Ex-ante-Kostenausweis.

Einführung der Kategorie semiprofessioneller Anleger

Der erste Punkt ist eine Neuorganisierung der Anlegerkategorien. Nach Mifid II gibt es bislang zwei Anlegerkategorien – nämlich private und professionelle Anleger. Hier wird im Fragebogen die Einführung einer weiteren Kategorie vorgeschlagen, der semiprofessionelle Anleger. Dieser Vorschlag ist zu begrüßen. Die Privatanleger-Kategorie ist aufgrund der umfassenden Anlegerschutzvorgaben nicht passend für erfahrene, vermögende Anleger.

Zwar können erfahrene Privatanleger sich bereits jetzt schon für die Profi-Anleger-Kategorie entscheiden. Eine neue Kategorie semiprofessionelle Investoren würde die Informationspflichten gegenüber vermögenden Anlegern mit Erfahrung jedoch verringer. Außerdem hätten wir dann eine Harmonisierung von Mifid II mit dem Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB), das die Fonds reguliert. Im KAGB gibt es nämlich bereits alle drei Anlegerkategorien.

Sie sind neugierig aufs Private Banking?

Wir auch. Abonnieren Sie unseren Newsletter „pbm daily“. Wir versorgen Sie vier Tage die Woche mit aktuellen Nachrichten und exklusiven Personalien aus der Welt des Private Bankings.

Mehr Flexibilität beim Zielmarkt

Der zweite Punkt ist eine Lockerung beim Zielmarkt. Gemäß Mifid II muss der „Hersteller“ eines Finanzinstruments vor Vertriebsstart den Zielmarkt für das Produkt bestimmen. Er muss beispielsweise festlegen, in welche Risikoklasse das Produkt fällt oder wie hoch ein potenzieller Verlust ausfallen kann. Hier sollte Mifid II mehr Flexibilität zulassen.

Der Fragebogen der EU-Kommission fragt hierzu ab, ob Ausnahmen vom Zielmarkt möglich sein sollten, wenn der Anleger es selbst wünscht. In diesem Fall wäre beispielsweise auch die Zeichnung eines riskanteren Produktes möglich, als in der Anlegerrisikoklassifizierung vorgesehen. Grundsätzlich würden wir hier mehr Flexibilität begrüßen, da die Kategorien in der Realität teilweise sehr starr sind. Beispielsweise werden Anteile an geschlossenen Publikums-AIF regelmäßig in sehr hohe Risikoklassen einsortiert.