Institutionelle Kapitalanlage Weibliche Chefs arbeiten besonders in einer Sparte in der Finanzwelt

Cassandra Lichnock (CALSTRS), Marcie Frost (Calpers) und Rachel Elwell (Border to Coast)

Führungskräfte mit ähnlichen Arbeitsgebern: Cassandra Lichnock, Marcie Frost und Rachel Elwell. Foto: CALSTRS / Calpers / Border to Coast

Die Finanzbranche gilt gemeinhin als Männerdomäne – was Zahlen auch untermauern. Laut Citywire sind lediglich 12 Prozent der Portfoliomanager Frauen. Eine Studie der Fondsfrauen, von KPMG und der Universität Mannheim aus 2024 zeigt: Im Durchschnitt sind in der deutschsprachigen Finanzbranche 40 Prozent Frauen und 60 Prozent Männer beschäftigt.

Allerdings: Der Frauenanteil sinkt, je weiter man sich auf der Hierarchieebene nach oben bewegt. So sind nur 26 Prozent der Mitarbeitenden in Führungspositionen weiblich, auf Ebene der Geschäftsleitung oder des Aufsichts- und Verwaltungsrates sind es sogar jeweils nur noch 13 Prozent. Doch international scheint sich eine große Ausnahme in der Finanzbranche herauszukristallisieren: Pensionsfonds.

Frauen sitzen bei Pensionsfonds häufiger auf dem Chefsessel

Wie eine Untersuchung des Official Monetary and Financial Institutions Forums zeigt, führen Frauen 28 Prozent der 50 untersuchten, öffentlichen Pensionsfonds. Im Vergleich zu 2023 sind es noch einmal 4 Prozentpunkte mehr. Insgesamt hat der Thinktank für den Gender Balance Index 335 Finanzinstitute untersucht, zu denen auch Zentral- und Geschäftsbanken sowie Staatsfonds gehören. Dort waren im Jahr 2024 nur 16 Prozent der Chefpositionen mit Frauen besetzt. Pensionsfonds sind unter den untersuchten Institutionen deshalb die, bei denen am häufigsten eine Frau die Geschäfte leitet.

So leitet Carol Young den größten Pensionsfonds Großbritanniens, den Universities Superannuation Scheme (USS). Auch bei drei der größten US-Pensionsfonds, California State Teachers Retirement System (Calstrs), California Public Employees Retirement System (Calpers) und dem New York State Common Retirement Fund haben Frauen die Verantwortung.

 

Der Anteil von Frauen in anderen Führungspositionen wuchs zudem dreimal schneller, wenn Frauen die Pensionsfonds als Geschäftsführerin leiten. „Meiner Erfahrung nach gibt es im öffentlichen Sektor viele Möglichkeiten, sich weiterzuentwickeln und aufzusteigen“, sagte etwa Cassandra Lichnock gegenüber der „Financial Times“ (Bezahlschranke, in englischer Sprache).

Die Chefin von Calstrs fügte hinzu, dass leitende Frauen andere weibliche Mitarbeiter zu größeren Leistungen herausfordern und ermutigen. Calstrs ist einer der weltweit größten Pensionsfonds und verwaltet Assets in Höhe von 353 Milliarden US-Dollar.

Pensionsfonds passen besser zu Familienleben

Rachel Elwell, Geschäftsführerin von Border to Coast, sieht einen weiteren Grund, warum mehr Frauen in Führungspositionen bei Pensionsfonds sind: „Wenn man sich weltweit umsieht, wird man feststellen, dass Pensionsfonds weniger geografisch konzentriert sind, was sehr hilfreich ist, wenn man einen etwas anderen Lebensstil haben möchte“. So hat Border to Coast seinen Sitz nicht in London, sondern in Leeds. Das Unternehmen ist ein Pool, der für die Verwaltung des Vermögens der Pensionsfonds der lokalen Gebietskörperschaften in Großbritannien eingerichtet wurde.

Für andere Geschäftsführerinnen waren auch die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, sowie das weniger aggressive Umfeld Gründe, warum es mehr Frauen an die Spitze schaffen. In solch einem Umfeld würde Talent eher gefördert, da Führungskräfte anders als im Investmentbanking weniger politisch handeln muss. Zudem seien die finanziellen Entscheidungen bei Pensionsfonds langfristiger und die finanziellen Belohnungen weniger anreizorientiert.

Gleichzeitig zeigt der Bericht des Thinktank auch, dass sich bei Pensionsfonds noch einiges verbessern kann. So seien Frauen in operativen Investmentrollen noch immer unterrepräsentiert. Außerdem arbeiten in Europa und Nordamerika deutlich mehr Frauen in Führungspositionen der Pensionsfonds als beispielsweise in Schwellenländern. Und: Wenn Institutionen 2024 Führungspositionen neu besetzten, gingen diese Jobs zu einem Großteil an Männer. Bei Geschäftsbanken und Staatsfonds lag die Quote gar bei 100 Prozent, bei Zentralbanken bei 82 und bei Pensionsfonds bei 78 Prozent.


Die Studie können Sie hier einsehen.

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