Fondsanalyse Deluxe, Teil 29 Wie DWS-Fondsanalysten auf eine Pferde-Strategie stießen

Peter Warken, Co Leiter für die Allokation bei der DWS: Der Fondsanalyst erklärt den Auswahlprozess des Asset Managers anhand eines Nomura-Fonds.

Peter Warken, Co Leiter für die Allokation bei der DWS: Der Fondsanalyst erklärt den Auswahlprozess des Asset Managers anhand eines Nomura-Fonds. Foto: DWS

Zinsen von mehr als 4 Prozent pro Jahr für Lösungen wie Tagesgeld, Geldmarktfonds oder entsprechende ETFs – das treibt das Interesse von Anlegern. So lagen im Jahr 2023 die Mittelzuflüsse in Geldmarktfonds bei fast 200 Milliarden Euro. Das sind 80 Prozent mehr als noch im Vorjahr.

Inzwischen sollte jedoch sowohl der EZB- wie auch der US-Leitzins die Spitze erreicht haben. Wir rechnen mit dem Beginn des Lockerungszyklus in diesem Jahr. Anleger, die ausschließlich in geldmarktnahen Lösungen investiert sind, sind folglich einem Wiederanlagerisiko ausgesetzt. Und das ist nicht zu vernachlässigenden: Ihr Kapital könnte möglicherweise bald zu niedrigeren Renditen verzinst werden.

 

Davon abgesehen: Langfristig dürfte es in jedem Fall schwierig sein, mit reinen Geldmarktanlagen der Inflation zu begegnen. Aktuell wird am Kapitalmarkt eine langfristige Inflation von deutlich über 2 Prozent per annum eingepreist, sodass unserer Ansicht nach für den realen Vermögensaufbau kaum ein Weg an Aktien vorbeiführt. Auch wenn die globalen Aktienmärkte nahe den Allzeithochs handeln, bleibt unsere langfristige These für Aktien bestehen: Sie haben sich historisch als inflationsschützend erwiesen. Zudem können Anleger an Gewinnwachstum und Innovationen partizipieren, wie beispielsweise jüngst im Trend rund um künstliche Intelligenz.

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Allerdings sind selbst breit gestreute Aktieninvestitionen mit größeren Schwankungen verbunden: In der globalen Finanzkrise waren zeitweise Wertrückgänge von mehr als der Hälfte des investierten Kapitals möglich. Ein hundertprozentiges Aktieninvestment mag daher für einige Anleger außerhalb ihrer Risikotoleranz liegen. Also vielleicht doch lieber ein Mix verschiedener Anlageklassen – von geldmarktnahen Investitionen über Anleihen bis hin zu Aktien. Solch ein Ansatz kann für die erfolgreiche Navigation im unsicheren Fahrwasser der Kapitalmärkte entscheidend sein.

Das verfügbare Anlageuniversum für eine optimale Portfoliozusammensetzung ist in den letzten Jahrzehnten deutlich gewachsen: Small Caps, Hochzinsanleihen, Schwellenländer und sogar Kryptowährungen sind inzwischen leicht zugänglich. Dies bietet Chancen – die damit verbundene Komplexität will aber auch gemeistert werden. Als Fundament unserer Allokationsentscheidungen dient unsere langfristige Sicht auf die Märkte. Schließlich müssen wir uns optimal strategisch positionieren, um langfristig Erfolg bei der Kapitalanlage zu haben. Apropos langfristig: Für langfristige Anleger gibt es gute Gründe, auch zurzeit noch an einer ausgewogenen Aktienquote festzuhalten. Aber auch andere Ertragskomponenten wie hochverzinsliche Anleihen haben einen Platz im Portfolio verdient.

Die Portfolio-Rolle von Anleihen

Klare und gute Marktmeinungen sind wichtig, entscheidend aber ist die richtige Konstruktion des Portfolios. Wir setzen auf unseren risikobasierten Ansatz: Anstatt lediglich die prozentuale Gewichtung der einzelnen Anlageklassen zu betrachten, analysieren wir die Portfolios aus der Risiko-Faktor-Perspektive. So stellen wir fest, ob das Gesamtrisiko und die aktive Positionierung nur durch das breite Aktienmarktrisiko bestimmt wird oder ob es weitere aktive Risikokomponenten wie Spread-Risiken gibt. Wir prüfen weiter, ob etwa das Zinsexposure das Risiko mindert oder wie es um das Währungsrisiko steht. Beispiel gefällig? Beim Blick auf unsere aktuelle ausgewogene Portfolios stellen wir fest, dass das Aktienmarktrisiko mit mehr als 80 Prozent einen Großteil der Schwankung erklärt, es aber auch andere wichtige Treiber im Portfolio gibt, insbesondere auf der Rentenseite.

Das hat einen Grund. Die Rolle von Anleihen im Portfolio hat sich in den letzten beiden Jahren deutlich gewandelt: von einem zinslosen Risikoträger in der Niedrigzinsphase zu einem Bestandteil mit gleich mehreren Funktionen.

Einerseits sollte die Duration in Krisenphasen, zumindest besser als im Jahr 2022, das Portfolio stabilisieren. Andererseits bringen die derzeitigen Kupons und Gesamtrenditen relevanten Ertrag ins Portfolio. Schaut man sich als Portfoliomanager die unterschiedlichen Anlagemöglichkeiten innerhalb der Renten an, zeigen sich deutliche Unterschiede in der Endfälligkeitsrendite.

Zwar bedeutet eine niedrigere Kreditqualität auch höhere Risiken bei Ausfallraten und Volatilität, die Risiken kompensieren aber die entsprechend höheren Renditen. Vergleicht man hochverzinsliche Anleihen mit europäischen Aktien mit einer Dividendenrendite von derzeit 3,4 Prozent, scheinen sie immer noch eine spannende, renditetreibende Beimischung für die Gesamtallokation zu sein. Wie diese Beimischung gelingt, ist jedoch ein komplexerer und granularerer Prozess.

Komplexe Auswahl

Nicht nur die Anzahl der Anlageklassen, sondern auch die Menge der zur Verfügung stehenden Instrumente kann überwältigend erscheinen. Derzeit zählt der globale Anleihenmarkt mehr als 30.000 einzelne Anleihen. Im Multi-Asset-Kontext stehen neben Einzeltiteln auch Fonds und ETFs zur Verfügung: Hier zählen wir zurzeit fast 7000 Anleihefonds. Kreditqualität, Laufzeitsegmente, Industrie- und geografischer Fokus können gezielt angesteuert werden. Diese größere Auswahl bietet Chancen. Die richtige Lösung zu finden, sei es eine aktive oder passive Strategie, erfordert allerdings auch spezielles Wissen und einen klar strukturierten Prozess. Beim schon genannten Segment der hochverzinslichen Anleihen setzen wir in unseren Portfolios auch Zielfondslösungen ein. Das gibt uns die Möglichkeit, in dieser Anlageklasse auf die Expertise von Spezialisten zu setzen. Wir konzentrieren uns lieber darauf, das Portfolio zu konstruieren. Um einen geeigneten aktiven oder passiven Fonds auszuwählen, werden potenzielle Kandidaten von unseren Fondsanalysten durch ein mehrstufiges Verfahren geschickt.

Trennung Alpha und Beta

Jährlich untersuchen wir pro Anlageklasse systematisch, ob die aktiven Fondsmanager im Vergleich zu passiven Produkten einen konsistenten, stabilen Mehrwert im Zeitablauf liefern können. Ziel dieser Analyse ist es, die strukturellen Gegebenheiten für aktives Portfoliomanagement in der jeweiligen Kategorie zu überprüfen.

Die Ergebnisse für hochverzinsliche Anleihen zeigen hier ein gemischtes Bild. Ein Blick auf unsere Kernkriterien wie die Outperformance-Quote, die Höhe der Outperformance und die Stabilität der Top-Performer legt nahe, dass eine genaue Untersuchung auf Strategieebene notwendig ist. Aktive Strategien wählen wir nach einem systematischen Prozess aus, der quantitative und qualitative Analysen kombiniert.

Quantitative Analyse

Zunächst filtern und sortieren wir die gesamte Anlagekategorie nach festgelegten Kriterien. Potenzielle Kandidaten untersuchen wir mittels einer Einzelfondsanalyse auf Basis verschiedener Rendite- und Risikoparameter. Dazu zählen beispielsweise Regressions-, Stilfaktoren-, Volatilitäts-, Drawdown- und Korrelationsanalysen. Für eine exemplarische Analyse sehen wir uns den Nomura US High Yield Bond an.

Der Fonds hat sich seit seinem Start sehr robust entwickelt. Die Benchmark ließ der Fonds bei einem kontrollierten Tracking Error um 0,56 Prozent per annum hinter sich. Dass die Wertentwicklung über diesen langen Zeitraum so stabil und konsistent ist, stellt gerade in diesem Anleihensegment eine beachtliche Leistung dar. Eine Information Ratio von 0,87 über die vergangenen drei Jahre bestätigt diesen Eindruck. Ein Blick auf die Upside und Downside Capture Ratio zeigt ferner, dass sich der Fonds in guten Marktphasen besser entwickelt und in schlechten Phasen weniger stark nachgegeben hat als die Vergleichsgröße.

Qualitative Analyse

In der qualitativen Analyse liegt der Fokus auf der Expertise des Asset Managers, des Teams sowie auf dem Investmentprozess. Besonderes Augenmerk richten wir darauf, dass die Manager den Anlage- und Risikomanagementprozess sowie den Anlagestil konsistent umsetzen. Zudem untersuchen wir, wie das Alpha des jeweiligen Produkts zustande kommt.

 

In der qualitativen Analyse attestiert unser Fonds-Research dem Nomura US High Yield eine überzeugende Anlagephilosophie und eine robuste Strategie. Nomura Corporate Research and Asset Management sucht im Fonds nach Unternehmen mit einer „strong horse philosophy“ – Unternehmen also, die aufgrund von soliden Geschäftsmodellen auch größere Schuldenlasten tragen können. Das erfahrene Fondsmanagerteam hat unter Beweis gestellt, tiefe Einblicke in die Fähigkeiten des Managements der Unternehmen erlangen zu können. Damit reichern sie die fundamentale Analyse an. Darüber hinaus wird dieser Prozess durch eine effiziente Exekution der Trades sowie regelmäßige Gespräche mit Ökonomen und Strategen unterstützt.

Zur detaillierteren Betrachtung eines Fonds wird weiter analysiert, wie das Alpha generiert werden soll. Auch hier erfüllt der Fonds wesentliche Kriterien, da neben einem Fokus auf Firmen, die die Möglichkeiten zu Kreditverbesserungen bieten, auch die Reduzierung von Einzeltitel- bzw. Sektorrisiken im Vordergrund steht. Alpha wird über ein breit diversifiziertes Portfolio generiert, und extreme Wetten auf einzelne Emittenten werden nicht eingegangen. Dies führte in der Historie zur bereits erwähnten stabilen und konsistenten Outperformance gegenüber der Benchmark. Ein wichtiges Kriterium für einen Zielfonds.

 

Die detaillierte Analyse des Nomura US High Yield Bond Fund ergibt, dass der Ansatz aktuell überwiegend positive Merkmale vorweist, insbesondere wegen der konsistenten Umsetzung des robusten Investmentprozesses in Kombination mit einer stabilen Wertentwicklung und einem erfahrenen Investmentteam. Natürlich ist jedoch eine kontinuierliche Überprüfung notwendig, um eine anhaltende Qualität zu gewährleisten.

Fazit

Im neuen Marktregime höherer Zinsen sind Anleihen wieder ein relevanter Baustein für das Portfolio, sowohl als Stabilisator wie auch als Ertragsbringer. Anstatt alles auf eine Anlageklasse zu setzen, sehen wir aber gerade in einem breit diversifizierten Multi-Asset-Ansatz die Lösung für den langfristigen Anlageerfolg. Jedoch ist im aktuellen, anspruchsvollen Marktumfeld ein selektiver Ansatz bei der Investmententscheidung unerlässlich. Die Vielfalt der Möglichkeiten, sei es bei der Auswahl und Gewichtung der Anlageklassen, aber insbesondere auch bei den verfügbaren Fonds, ETFs und Einzeltiteln, bietet Chancen – erfordert, aber auch spezielles Know-how, um die hohe Komplexität zu meistern. Der Schlüssel zum Erfolg liegt unserer Auffassung nach in einer robusten Portfoliokonstruktion, der passenden Vermögensaufteilung und der bestmöglichen Auswahl der Instrumente.


Über den Autor:

Peter Warken arbeitet seit 2015 bei der DWS. Er leitet das Team für die strategische Asset Allocation im Multi-Asset- und Solutions-Bereich. Bevor er zur Asset-Management-Tochter der Deutschen Bank wechselte, sammelte er unter anderem berufliche Erfahrungen bei Goldman Sachs. 

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