Fondsselekteur über Absolute-Return-Fonds „Wenn die Korrelation zu hoch ist, lassen wir die Finger davon“

Andreas Marnett, Leiter Fonds-Research Sal. Oppenheim

Andreas Marnett, Leiter Fonds-Research Sal. Oppenheim

private banking magazin: Welche Kriterien machen für Sie einen guten Absolute-Return-Fonds aus?

Andreas Marnett: Unsere Kernkriterien sind Marktneutralität, positive Renditen und geringe Verlustphasen. Die Fonds sollten außerdem schwankungsarme Ergebnisse erzielen, möglichst in jedem Jahr ein positives. Ihre Renditen sollten oberhalb des risikolosen Zinssatzes liegen. Und nicht zuletzt: In schwierigen Marktphasen wie dem vergangenen August oder September sollten die Absolute-Return-Fonds, die wir für unsere Kunden auswählen, positive Renditen zeigen – oder wenigstens nicht verlieren.

Wie gehen Sie bei der Fondsauswahl für Ihre Kundenportfolios genau vor?

Marnett: Wir betreiben quantitative und qualitative Analyse. Dabei untersuchen wir eingehend, wie die einzelnen Fonds korrelieren, wie sie sich im Vergleich zu Aktien-, Renten- und Rohstoffindizes verhalten und auch, wo sie innerhalb der Peergroup liegen. Und es lohnt sich auch zu überprüfen, ob das, was die Fondsgesellschaft vorgibt, tatsächlich eintritt. Ob beispielsweise dort, wo marktneutral draufsteht, auch wirklich marktneutral drin ist. Wenn uns die Korrelation oder die Draw Downs zu hoch sind, lassen wir die Finger davon. Die quantitative Analyse führen wir systematisch und computergestützt mithilfe moderner statistischer Verfahren durch.

Und ihre qualitative Analyse?

Marnett: Wir stellen vor jeder Investition einen Katalog von etwa 120 Fragen an die Gesellschaften und das Fondsmanagement. Ein weiterer wichtiger Bestandteil ist das Gespräch mit dem Fondsmanager. So bekommen wir einen guten Gesamtüberblick über den Investmentansatz des Fonds. Diese Vorgehensweise beherzigen wir bei der Analyse von einzelnen Fonds. Wir konstruieren aber auch Portfolio-Bausteine aus Absolute-Return-Fonds.

Bausteine - können Sie das näher erklären?

Marnett: Wir bieten unseren Kunden auf Wunsch unterschiedliche Bausteine an, zum Beispiel bestehend aus sieben oder 14 Absolute-Return-Fonds. Bei der Portfoliozusammenstellung schauen wir uns an, wie stark die im jeweiligen Baustein enthaltenen Fonds untereinander korrelieren. Wir hatten zum Beispiel den Fall, dass 2014 viele Equity Long-short-Fonds von März bis September in der Mehrzahl verloren haben. Deshalb streuen wir über verschiedene Segmente. Das heißt, in einem Absolute-Return-Portfolio mischen wir Event-Driven-Fonds, Global Macro, Multi-Asset und CTA-Trendfolger – so dass wir kein Klumpenrisiko haben. Die Fonds innerhalb der Bausteine müssen nicht unbedingt die höchste Performance oder die geringste Volatilität aufweisen, sondern sie sollten möglichst unkorreliert zu ihrer Peergroup und zu den bestehenden Fonds im Portfolio sein. Wir schauen uns vor allem das Rendite-Risiko-Verhältnis des Fonds und des gesamten Portfolios unter Berücksichtigung der Kosten an. Der Baustein insgesamt sollte möglichst marktunabhängig sein. Eine ausgewogene Mischung ist eine gute Diversifikation und schützt vor Verlustphasen.

In welcher Form bieten Sie die Bausteine an?

Marnett: Grundsätzlich beraten wir jeden Kunden individuell. Wir bieten aber auch Strategie-Portfolios an, die 10 bis 15 Prozent Absolute-Return-Fonds als Beimischung enthalten. Das verleiht dem Kundenportfolio Diversifikation, Stabilität und eine gewisse Marktunabhängigkeit. Außerdem bieten wir unseren Kunden auch reine, marktunabhängige Absolute-Return-Portfolios an, die je nach Ausprägung konzentrierter oder diversifizierter ausfallen können.

Wie viele Absolute-Return-Fonds sind überhaupt in Deutschland zum Vertrieb zugelassen?

Marnett: Das ist abhängig von der Datenbank, die man heranzieht. Meines Erachtens sind es über 600. Wenn man auch Dachfonds mit hinzuzählt, fast 700.

Einige Absolute-Return-Fonds sind in letzter Zeit für Neuanleger geschlossen worden.

Marnett: Hier sollte man zwischen einem sogenannten Hard Closing und Soft Closing unterscheiden. Hart geschlossene Fonds sind nicht mehr investierbar, für niemanden. Man kann sie aber weiterhin verkaufen. Soft Closing bedeutet, dass bestehende Investoren weiter investieren dürfen, aber keine neuen mehr angenommen werden. Fonds werden in der Regel dann geschlossen, wenn ein kritisches Volumen erreicht ist.

Inwiefern behindert eigentlich ein großes Fondsvolumen das Fondsmanagement beim Handeln?

Marnett: Besonders große Fonds, zum Beispiel Aktienfonds für Nebenwerte, können Probleme bekommen, attraktive Investments zu finden. Je kleiner und illiquider ein Markt ist, desto eher stoßen Fondsmanager an Grenzen. Vor allem wenn sich das Portfolio auf wenige Titel mit geringer Marktkapitalisierung konzentriert. Große Long-short-Fonds, die beispielsweise 50 Shorts und 50 Longs im Portfolio haben, scheitern in begrenzten oder illiquiden Marktsegmenten am engen Angebot oder müssen hohe Leihekosten aufwenden. Sie können daher ihre Strategie nicht mehr adäquat umsetzen oder büßen bei der Auswahl von Titeln Flexibilität ein, da sie beim Handeln von Titeln keine Preise beeinflussen möchten.

Was glauben Sie: Wie viele der in Deutschland verfügbaren Absolute-Return-Fonds sind für Anleger bereits geschlossen worden?

Marnett: Da gibt es leider keine öffentlich gepflegten Listen. Wir haben damit allerdings Erfahrung, weil wir selbst in Fonds investiert waren und sind, die geschlossen worden sind. Vorsichtig geschätzt, glaube ich, dass etwa 20 bis 30 Fonds geschlossen worden sind. Das ist aber nur ein grober Anhaltspunkt.