Die 4 wichtigsten Änderungen Der Eltif 2.0 – eine neue Welt für „Otto Normalanleger“

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Die 4 wichtigsten Änderungen
Der Eltif 2.0 – eine neue Welt für „Otto Normalanleger“
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Dirk Holz, Geschäftsführer der Commerz Real

Dirk Holz, Geschäftsführer der Commerz Real: „Die Reform könnte auch das für langfristige Infrastrukturprojekte dringend benötigte private Geld stärker denn je mobilisieren.“ Foto: Commerz Real

Europäische Anleger können sich bereits seit 2015 mit dem alternativen Investmentfondsvehikel „European Long-Term Investment Fund“ (Eltif) an langfristigen Private-Asset-Projekten und nicht börsennotierten Unternehmen beteiligen. Bislang sind jedoch die Eltifs in der EU rar gesät. Das liegt am bisherigen engen rechtlichen Korsett, das den Vertrieb erheblich erschwert hat. Nach der im Februar vom Europäischen Parlament verabschiedeten Reform wird sich dies in absehbarer Zeit ändern. Zum Jahresbeginn 2024 gelten neue Regeln, die zum einen dafür sorgen werden, dass deutlich mehr Fondsangebote auf den Markt kommen werden, und zum anderen, dass diese deutlich mehr Investoren ansprechen.

Die aktuellen politischen Herausforderungen im Zuge des seit über einem Jahr andauernden Ukraine-Kriegs und des Klimawandels zeigen eines ganz klar: Langfristige Investitionen in erneuerbare Energien wie Wind- und Solarparks, in die Verkehrsinfrastruktur, in Digitalisierung, in Innovationen in kleinere und mittelgroße Unternehmen und andere Sachwerte sind europaweit dringender erforderlich denn je.

Hierfür sind jedoch Milliarden von Euro erforderlich. Für die erfolgreiche Umsetzung der Transformation werden aktuell enorme Summen an Staatsgeldern, die letztlich vom Steuerzahler kommen, budgetiert. Auch Privatinvestoren können und sollten sich an diesen Mammutaufgaben beteiligen und somit von den Erträgen aus solchen langfristigen Projekten profitieren.

Neue europäische Fondsart für Privatanleger bislang überreguliert

Innerhalb der Europäischen Union gibt es für solche Zwecke als Fondsvehikel den Eltif, der dem offenen Immobilienfonds in Deutschland ähnlich ist. Seit dessen Einführung können sich damit – zumindest relativ vermögende – Privatanleger an Private-Asset-Investitionen beteiligen, um langfristige Projekte der Transformation zu finanzieren, und damit außerbörslich vergleichsweise stabile Erlöse erzielen.

 

 

 

Die vier wichtigsten Änderungen im Überblick

  • Keine Mindestanlagesumme mehr:

Bisher musste ein Privatanleger mindestens 10.000 Euro investieren und mindestens ein Gesamtportfolio von 100.000 Euro nachweisen. Dementsprechend aufwendig sind die Aufklärungs-, Abfrage- und Dokumentationspflichten im Vertrieb. Die Überprüfung des Vermögens fällt künftig genauso weg wie die Mindestanlagesumme. Es gelten dann analoge Regeln wie für Publikumsfonds, also nach den Vorgaben der EU-Finanzmarktrichtlinie MiFID II. Folglich schreibt die Verordnung weder eine Mindestanlagesumme noch eine Vermögensprüfung vor.

  • Mehr Freiheit bei der Anlage:

Auch Asset-Manager profitieren von der Reform. Zum Ersten darf ein einzelnes Asset bald zwanzig statt zehn Prozent des Fondsvolumens ausmachen. Zweitens können kleinere Assets erworben werden, lange war eine Mindestinvestitionssumme von einer Million Euro anstatt von zehn Millionen Euro im Gespräch, erst auf den letzten Metern wurde der Punkt gestrichen.* Allerdings werden sich nach unserer Einschätzung kaum Investments mit einem Wert von unter einer Million Euro realisieren lassen.

. Zudem ist es erlaubt, in Verbriefungsinstrumente und andere Fondsvehikel wie alternative Investmentfonds (AIF) und UCITS-Fonds, die den strengen Struktur-, Veranlagungs-, Informations- und Kontrollvorschriften der EU-Investmentrichtlinie unterliegen, anzulegen. Zudem müssen mindestens 55 Prozent in zulässige Vermögenswerte (Eligible Assets) investiert werden, statt wie zuvor 70 Prozent. Der Eltif 2.0 darf also eine höhere Liquiditätsquote haben.

  • Fremdkapital bis zu 50 Prozent:

Bislang waren höchstens 30 Prozent Fremdkapital erlaubt. Künftig sind es 50 Prozent. Über den höheren Leverage sind somit höhere Renditen möglich. Das Fremdkapital darf dann zudem auch zur Sicherung der Liquidität eingesetzt werden. Zuvor musste es zwingend in konkrete Assets investiert werden.

  • Ein-Objekt-Fonds sind möglich:

Außerdem fallen etliche Diversifikationsvorgaben weg. Konsequenz: Ab nächstem Jahr sind Ein-Objekt-Eltifs, beispielsweise in eine Offshore-Windanlage, möglich. Dadurch wird der Eltif auch für institutionelle Investoren interessanter.

Sinnvolle Mobilisierung von privatem Kapital für Infrastrukturvorhaben

Zusammenfassend ist zu erwarten, dass der Eltif mit der Reform endlich sein volles Potenzial entfalten kann. Sie macht ihn auf jeden Fall attraktiver – für Produktgeber und Anleger.

Die Reform könnte auch das für langfristige Infrastrukturprojekte dringend benötigte private Geld stärker denn je mobilisieren. Auf der einen Seite wird die steigende Nachfrage bei den Investoren beim aktuell sehr begrenzten Angebot dafür sorgen, dass neue Strategien entwickelt und diese den Markt beleben werden. Auf der anderen Seite kann durch den Wegfall der 100.000-Euro-Grenze ein deutlich größerer Anlegerkreis adressiert werden. Für den „Otto Normalanleger“, der die Energiewende mit seinem privaten Kapital unterstützen will, kann das ein sinnvolles Investment mit einer soliden Rendite werden. Angesichts der von Deutschland und den anderen EU-Staaten geplanten massiven Investitionen in langfristige Transformationsprojekte ist dies ausdrücklich zu begrüßen.

 

 

 

Der Eltif kann in volatilen Zeiten im Depot von Privatanlegern beides sein: eine solide Quelle für Renditen und auch ein Stabilitätsanker. Die Reform des Eltifs macht endlich den Weg frei, damit Privatanleger einfach, flexibel und bereits mit kleinen Beträgen in Erneuerbare- Energien-Projekte und andere Sachwerte investieren können. Die bisherige unsachgemäße Beschränkung gehört bald der Anfangsgeschichte des Eltifs an, dem eine erfolgversprechende Entwicklung bevorsteht.

Bei der Commerz Real beteruen wir unter anderem den Eltif-Fonds Klimavest. Knapp drei Jahre nach seinem Start umfasst dieser rund 1,1 Milliarden Euro Eigenkapital. Angelegt ist dies in 43 Wind- und Solarparks sowie einigen Erneuerbare-Projektentwicklungen in Deutschland, Frankreich, Spanien, Schweden und Finnland. Er generiert über Einspeisevergütungen und langfristige Stromabnahmeverträge, sogenannte Power Purchase Agreements, stetige Mittelzuflüsse für die Investoren. Das ist vergleichbar mit den langfristigen Mietverträgen eines offenen Immobilienfonds.

 

Über den Autor:

Dirk Holz ist seit März 2022 Geschäftsführer (Managing Director) der Commerz Real Fonds Management. Das Unternehmen ist die Luxemburger Kapitalverwaltungsgesellschaft der Commerz Real, der Sachwertetochter der Commerzbank. Vor dieser Zeit war er Leiter für Private Capital Services bei der RBC Investor & Treasury Services Bank. Das Unternehmen gehört zu der Royal Bank of Canada. Weitere berufliche Stationen waren Societe Generale Securities Services sowie PGIM Prudential Investment Management. Und auch die Commerz Real kennt der Diplom-Kaufmann schon ein wenig: Für die Vorgängergesellschaft Commerz Grundbesitz arbeitete er von 2003 bis 2006.

 

* In der vorherigen Version dieses Artikels war noch von einer Grenze von einer Million Euro die Rede. Diese wurde im Gesetz nicht verankert.

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