Sobald der Spargel sprießt, wird es auch wieder Dividenden regnen. Allein die 40 Dax-Unternehmen dürften dieses Frühjahr bis zu 55 Milliarden Euro ausschütten. Zwar gab es 2021 nach den Belastungen in der Corona-Krise einen kräftigen Dämpfer, doch der externe Schock war schnell überwunden. Inklusive aller Nebenwerte-Segmente unterhalb des deutschen Leitindex könnte die Summe der Ausschüttungen die knapp 70 Milliarden Euro vom vergangenen Jahr deutlich übersteigen – ein guter Anlass, sich anzusehen, was einen guten Dividendentitel auszeichnet.
Einem Spargel sieht man leider nicht an, ob er holzig ist, das zeigt sich erst auf dem Teller. Umso wichtiger ist es, sich direkt am Verkaufsstand für beste Qualität zu entscheiden. Das hebt die Chance auf guten Genuss. Bei Dividendenaktien ist es ähnlich – nur die besten, die Champions, sollten ins Portfolio kommen. Aber warum diese Fokussierung auf Dividenden?
Qualität ist Stabilität plus Performance
Unternehmen, die sich als Dividenden-Champion qualifizieren, sind in jeder Hinsicht Qualitätstitel. Ihre Dividendenzahlungen spiegeln einen stabilen Wachstumskurs wider, der die langfristige Kursperformance ihrer Aktie stützt. Zwar bietet eine Dividendenstrategie in der Regel nicht die Kursfantasie eines explizit auf Wachstumstitel ausgerichteten Portfolios. Doch der Fokus auf hohe Dividendenqualität verbindet die Chance auf gute Aktienperformance mit einer beruhigenden Gewissheit: Dass das Unternehmen mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit auch im kommenden Jahr wieder einen soliden Gewinn erzielt und einen Teil davon ausschüttet.
Zu den fünf wichtigsten Merkmalen eines potenziellen Dividenden-Champions gehören der Gewinn, der Cashflow, die Gewinnverwendung, Transparenz und Kontinuität. Die Höhe der Dividendenrendite spielt in diesem Bewertungsprozess keine Rolle. Einen ausgesprochen hohen Wert sehen wir eher als Warnsignal, vor allem, wenn er aufgrund hohen Verkaufsdrucks auf die Aktie entstanden ist. Im Mindesten erfordert eine hohe Dividendenrendite, die fünf Merkmale noch kritischer zu untersuchen.
Zunächst zum Gewinn als eine zentrale Größe bei der Bewertung der Dividendenqualität. Die über die Jahre ausgewiesenen Unternehmensgewinne sollten nicht allzu volatil und vor allem stets positiv sein. Unbehagen sollte es bereiten, wenn ein hoher Anteil des Gewinns, zum Beispiel 90 Prozent, mit der Dividende an die Aktionäre ausgeschüttet wird. Das lässt in Zukunft in ihrer Höhe stark schwankende Ausschüttungen erwarten. Liegt ihr Anteil dagegen bei der Hälfte des Gewinns, kann die Dividende voraussichtlich auch in Jahren mit schlechterem Unternehmensergebnis gehalten werden oder weiter wachsen – ein klares Signal für eine langfristig solide Geschäftspolitik.
Dann schrillen die Alarmglocken
Allerdings ist der Gewinn eine Größe, deren Höhe sich im Rahmen der Bilanzgestaltung und innerhalb bestimmter gesetzlicher Leitplanken gut steuern lässt. Deshalb ist der Cashflow der fast noch wichtigere Qualitätsfaktor. Die Gewinnausschüttung muss sich zwingend aus dem laufenden Cashflow speisen. Darüber hinaus sollte ein dickes Cashflow-Polster vorhanden sein. Es gibt im Grunde nichts schlechteres als Dividendenzahlungen aus der Substanz eines Unternehmens oder, noch schlechter, aus Neuverschuldung. Ein solches Vorgehen seitens des Managements kann nur kurzfristig funktionieren und ist für Anleger letztlich nichts anderes als eine schrill läutende Alarmglocke.
Mitunter lässt sich die Dividende nur halten, indem das Unternehmen notwendige Investitionen aufschiebt oder gar vernachlässigt. Verlässliche Gewinnausschüttungen dürfen aber nicht zulasten der Zukunft erfolgen. Dies ist ein weniger schrilles, aber ebenso deutliches Signal gegen ein Engagement in dieser Aktie. Denn Einsparungen, die langfristig das Wachstum des Unternehmens einschränken oder zu einem Investitionsstau führen, werden früher oder später die Gewinne belasten. Investoren sollten also darauf achten, dass Dividenden nicht auf Kosten von Produktivität, Innovationsfähigkeit und Wachstum ausgeschüttet werden.
Nicht zuletzt ist eine transparente Dividendenpolitik wichtig. Sie muss nachvollziehbar die Höhe der Gewinnausschüttung regeln. Es darf nicht der Eindruck einer Black Box entstehen, in der ein Vorstand Jahr um Jahr nach freiem Ermessen und für Investoren nahezu unvorhersehbar seine Entscheidung trifft. Eine transparente Dividendenpolitik gehört auch zu den Indikatoren für eine gute Corporate Governance. Sie ist ein wichtiger Gradmesser für den langfristigen Erfolg des Unternehmens.
„Dividendenmonster“, aber kein Champion
Das führt unmittelbar zum fünften Top-Merkmal eines Dividenden-Champions, wie wir ihn verstehen, zur Dividendenkontinuität. Im besten Fall steigt die Dividende langfristig im Einklang mit der Wachstumsrate des Unternehmensgewinns und ohne zwischenzeitliche Ausfälle. Wie eine Dividendenhistorie in diesem Sinne nicht aussehen soll, lässt sich am brasilianischen Ölkonzern Petrobras illustrieren. Der hat mit 21,8 Milliarden US-Dollar Ausschüttung für Furore gesorgt und damit seinen Aktionären eine Dividendenrendite von weit über 50 Prozent beschert.