Peter Brodehser, Infrastruktur-Partner der DWS „Das verschafft eine enorme Stärke, um Projekte gewinnen zu können“

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Die Akquise-Möglichkeiten auf der Investment-Seite sehe ich in der Kombination aus der eigenen Reputation und des Netzwerkes und der Firma, die hinter einem steht.  Und auf der Fundraising-Seite haben wir bei der DWS nun zwei Funding-Quellen. Auf der einen Seite institutionelle Gelder, auf der anderes Seite Retail-Gelder. Durch zwei voneinander unabhängige Funding-Quellen stabilisieren sich die dem Fonds zur Verfügung stehenden Investitionsmittel. Auf der Investmentseite verschafft das eine enorme Stärke, um Projekte gewinnen zu können.

Und es gibt genügend Projekt?

Brodehser: Absolut. Die Themen Nachhaltigkeit, erneuerbare Energien sowie Begrenzung des Klimawandels begleiten und prägen die Assetklasse seit längerem. Seit dem Konflikt zwischen Russland und der Ukraine haben wir eine neue Situation. Zuvor wurden sich Gedanken gemacht, ob die eigenen Kinder – salopp gesagt – in zwei Generationen noch einen lebenswerten Planeten haben. Jetzt geht es zudem um Versorgungssicherheit. Habe ich morgen noch Strom, Heizung und etwas zu essen. Die Dringlichkeit ist eine andere. Sehr gut zu sehen ist das bei dem Flüssiggas-Terminal in Wilhelmshaven, von dem ich bereits sprach und das in kürzester Zeit entstand. Die Pläne für diese Terminals lagen seit den 1970er Jahren in den Schubladen. Das Projekt wurde also vor gut 50 Jahren angeschoben und lag seitdem brach. Nun musste die Unabhängigkeit von russischem Gas eingeleitet werden. Antrag, Genehmigung und Bau wurden in wenigen Monaten erreicht. Eine nie dagewesene Geschwindigkeit.

Ist der politische Wille da, geht alles ganz schnell, plötzlich ist es möglich, Tonnen an Bürokratie über Bord zu werfen. Aber war das nicht eher ein Einzelfall, der eher keine Schule machen wird?

Brodehser: Hat eine Bürokratie sich über Jahrzehnte in ein Land hineingefräst, ist diese nicht über Nacht mit einem Federstrich wegzubekommen, leider. Aber es geht in die richtige Richtung, mit einem starken Änderungspotenzial. Die Genehmigungsverfahren müssten ja nicht gleich auf den Kopf gestellt werden. Ein bisschen mehr Effizienz würde der Deal-Pipeline sehr guttun und diese Effizienz wird kommen. Gleich, wer in Berlin an der Regierung ist – der Druck ist groß, es muss gehandelt werden, schließlich geht es um die Sicherheit der Bevölkerung. Ist die nicht gegeben, hat die Bevölkerung kein Vertrauen, kann sich keine Regierung lange halten.

Werden Sie mit weiteren Fonds neben Deutschland und Europa auch die USA und Asien in den Blickpunkt nehmen?

Brodehser: Der Fonds, den wir jetzt  aufgelegt haben, ist, wie der Name bereits verrät, ein auf Europa gerichteter Fonds. Wir verfolgen eine Core-Strategie, investieren also in den Bereich der Infrastruktur, der am konservativsten ist. Die Renditen sind überschaubar, die Volatilität berechenbar. Wir streben eine einstellige IRR, eine einstellige Rendite an. Europa passt gut in diese Anforderung hinein. Der Markt ist mit am stabilsten. Ein gutes Terrain für den Anleger. Die Bäume wachsen nicht in den Himmel, aber sie wachsen dafür stabil und planbar. Zudem haben wir hier genügend Investmentmöglichkeiten.

Das ist nicht die Meinung aller in der Branche…

Brodehser: Die Branche jammert seit 30 Jahren, dass es nicht genügend Projekte geben würde. In meinen Augen ist das ein Jammern auf einem extrem hohen Niveau. Selbstverständlich könnten es gerne immer mehr Projekte sein und immer mehr Geld. Aber hier ist jeweils genügend vorhanden. In erster Linie mangelt es am Personal, das komplexe Projekte umsetzen und ausdauernd betreuen kann. Das ist der wahre Bremsfaktor.

Bremsklotz ist also das fehlende Personal. Wie gehen Sie das Team an, sie sollten ja auch ein Team für die DWS aufbauen…

Brodehser: Viele junge Menschen wollen sich in den Bereich mit erneuerbaren Energien, umweltschonender Infrastruktur und weiteren einbringen. Der Ansturm ist groß. Das Problem liegt eher darin, dass es ein extrem erfahrungsgesteuerter Job ist. Die Ausbildungs- und Anlernzeit ist sehr lang. Bevor eine Kollegin oder ein Kollege eigene Transaktionen verantworten kann – ich rede nur über das eigenständige Begleiten, noch nicht über das Entscheiden von Transaktionen – müssen mindesten fünf Jahre Erfahrung an vorderster Front auf der Habenseite stehen. Wir haben also nicht von heute auf Morgen alleine lauffähige Investment-Manager.

 

 

 

Wir reden hier ausschließlich über hohe bis sehr hohe Millionen-Beträge, das geht nicht ohne Erfahrungsschatz. Projektbegleitung über Monate oder gar Jahre, Vertrags-Konstellationen und vieles mehr müssen gelernt sein. Wir werden auf der Personalseite noch einige Jahre dem Bedarf hinterherhinken. Aber das Problem wird mit jedem Mitarbeiter, den die Branche ausbildet, zum Glück kleiner.

Können Sie ein Beispiel nennen, was in der Praxis so viel Erfahrung erfordert?

Brodeheser: Stromabnahmeverträge, sogenannte Power Purchse Agreements, PPAs, beispielsweise, müssen richtig abgefasst werden. Wenn sie einen Solarpark mit einer glockenförmigen Produktionsform haben, kann kein PPA dagegen gespiegelt werden, der einem Abnehmer eine gleichmäßige Ausbringungsmenge zusichert. Der Produktionsverlauf - in der Nacht kein Strom, morgens steigend, mittags die Spitze erreichend, dann langsam abnehmend - muss im Vertragswerk berücksichtigt werden – um nur ein wichtiges Detail zu nennen.

Wie gehen Sie mit den Themen Taxonomie, ESG und Greenwashing-Vermeidung um?

Brodehser: Nach SFDR ist der DWS Infrastruktur Europa ein Fonds nach Artikel 8. Kurzzeitig war sogar überlegt worden, den Fonds nach Artikel 9 auszurichten. Meines Erachtens in allen Bereichen und zu jeder Zeit in der Kapitalanlage gilt: Transparenz ist das Gebot der Stunde. Jeder Anbieter sollte detailliert skizzieren, welche Maßstäbe er an seine Investments stellt und über die Einhaltung dieser Regeln auch sehr transparent berichten. Wir Reporten eins zu eins was wir machen. Wir versprechen weniger und machen im besten Fall doch mehr.