Es bleibt alles anders für Asset Manager: Die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (Esma) veröffentlichte am 21. August 2024 in Deutschland ihre Leitlinien für Fondsnamen. Im Fokus: nachhaltigkeitsbezogene Begriffe wie „grün“, „Klima“, „Umwelt“, „ESG“ oder „nachhaltig“. Eine solche Terminologie wird in naher Zukunft an strenge Regeln geknüpft sein: Mindestens 80 Prozent der Fondsanteile müssen dann auch nachhaltig sein. Doch wie lässt sich Nachhaltigkeit exakt berechnen?
„Green Invest“, „Klimafonds“, „Global Impact“, „Mensch und Natur“ – immer mehr Anlageprodukte wollen schließlich vom Nachhaltigkeitsboom profitieren und bilden daher ESG-Kriterien (Environment, Social, Governance) in besonderem Maße ab. Zumindest suggerieren das ihre Namenszusätze. Die neuen Esma-Leitlinien legen fest, dass Fonds mit ESG- oder nachhaltigkeitsbezogenen Begriffen im Namen zu mindestens 80 Prozent aus Anteilen bestehen, die auch wirklich Nachhaltigkeitsmerkmale oder -ziele erfüllen.
Vorgesehen sind die drei Kategorien nachhaltigkeitsbezogene, übergangsbezogene und impactbezogene Fonds. Erstere müssen PAB-Ausschlüsse (Paris-Aligned Benchmarks) und eine „bedeutende Anlage“ in nachhaltige Investitionen nach Artikel 2 SFDR nachweisen, für die zweite Gruppe gelten die CTB-Ausschlüsse (Climate Transition Benchmark) und „übergangsbezogene Anforderungen“, während die dritte Kategorie mit „messbarer ökologischer und sozialverträglicher Wirkung“ mit den höchsten Ansprüchen konfrontiert ist. Der Mindestanteil von 80 Prozent ist in allen drei Kategorien gleich.
Grundlagenforschung für Asset Manager
Für Anleger verspricht die Leitlinie mehr Transparenz und tatsächlichen Nachhaltigkeits-Impact. Für Fondsanbieter und Asset Manager hingegen ist im Dschungel der Nachhaltigkeitsfonds erstmal Grundlagenforschung angesagt. Es empfiehlt sich ein dreistufiges Vorgehen aus Impact-Analyse, Anpassung der Investmentprozesse und –gegebenenfalls – Änderung der Legaldokumente.
Der erste Schritt erscheint so logisch wie simpel: Asset Manager müssen zunächst prüfen, ob ein bestimmter Fonds unter den neuen Voraussetzungen seinen Namen behalten darf. Logisch ist das, simpel allerdings nicht. Im ersten Schritt sollte die Kategorie definiert werden: Ist der Fonds nachhaltigkeits-, übergangs- oder impact- bezogen?
Dazu müssen Anbieter einen genauen Blick auf die Unternehmen werfen, deren Anteile sich dort wiederfinden. Danach folgt die Prüfung auf PAB- und CTB-Ausschlüsse. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, gilt es zuletzt, den Nachhaltigkeitsanteil – beziehungsweise den Anteil übergangsbezogener Investitionen für die Transformations-Kategorie – von 80 Prozent zu verifizieren.
Das ist ein außerordentlich schwieriger Prozess, da Asset Manager in dieser Gleichung zwei Unbekannten rechnen: Einerseits sind die Nachhaltigkeitsanforderungen mit Formulierungen wie „bedeutende Anlage in nachhaltige Investitionen“, „übergangsbezogene Anforderungen“ und „messbarer ökologischer und sozialverträglicher Wirkung“ von der Esma nicht gerade eindeutig formuliert.
Andererseits nennt die Richtlinie keine klaren Bewertungsfaktoren. Welche Werte sind hier aussagekräftig? Wo finden Asset Manager geeignete KPIs? Ein guter Richtwert ist der Branchenvergleich: Performt ein Unternehmen in ESG-Fragen besser als der Durchschnitt? Oder ist es in Sachen Nachhaltigkeit gar führend innerhalb seines Wirtschaftszweigs? Dann sind seine Anteile in einem Nachhaltigkeitsfonds mit großer Wahrscheinlichkeit richtig aufgehoben.
Erfüllt ein Fonds mit Nachhaltigkeitsbezeichnung die Anforderungen, ist die Arbeit getan. Ergibt sich jedoch eine Diskrepanz zwischen Terminologie und tatsächlichem Nachhaltigkeitsgehalt, ergeben sich zwei Wege der Korrektur. Asset Manager können durch Anpassungen im Investmentprozess den Prozentsatz „grüner Anteile“ im Fonds erhöhen – wie ein Lebensmittelhersteller, der seinem Müsliriegel mehr Vitamine verpasst, damit dieser weiterhin als „gesund“ bezeichnet werden darf.