Fluch oder Segen? Bei Aktienrückkäufen müssen Anleger den Einzelfall abwägen

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Aswath Damodaran, Finanz-Professor an der Stern School of Business der New York University und Autor mehrerer Standardwerke zu Corporate Finance und Unternehmensbewertung, stellt ebenfalls heraus, dass Rückkäufe für Aktionäre positiv sein können. Wenn ein Unternehmen in seinem traditionellen Geschäft hohe Cash-Überschüsse erwirtschaftet, sei es besser, diese an die Aktionäre auszuschütten, als unrentabel zu reinvestieren. Rückkäufe sind zudem flexibler und zumeist steuereffizienter als Dividenden. Ähnlich wie Buffett macht aber auch Damodaran den Vorbehalt, dass Rückkäufe nur dann Ausschüttungen vorzuziehen sind, wenn sich die Ertragskraft eines Unternehmens nicht in der Börsenbewertung niederschlägz – die Aktien also unter ihrem inneren Wert notieren.

Weiterhin wendet sich Damodaran gegen das Argument, dass Aktienrückkäufe zulasten von Investitionen gehen. Denn Anleger, die ihre Anteile im Rahmen von Rückkaufprogrammen abgeben, können ihr Geld ja wieder in Wachstumsunternehmen investieren, die Kapital benötigen. Im Rahmen eines funktionierenden Finanzmarktes ist es viel effizienter, wenn auf diese Weise Kapital von saturierten zu kapitalbedürftigen Firmen umverteilt wird, als wenn cash-generierende Unternehmen selbst anfangen, in ihnen fremden Geschäftsfeldern zu investieren.

Damodaran hat völlig recht, wenn er daran erinnert, dass Unternehmen, die mehr Cash generieren, als sie rentabel reinvestieren können, ihr überschüssiges Geld lieber an Aktionäre zurückgeben sollten, als es durch nicht fokussierte Investments zu verzocken. In Deutschland haben wir mit Daimler ein Paradebeispiel dafür, wie eine hochprofitable Firma in den 1980er und 90er Jahren durch Fehlinvestments in den Flugzeugbauer Fokker, den Elektrokonzern AEG oder den Massenhersteller Chrysler in enormen Umfang Aktionärsvermögen vernichtet hat.

Voraussetzung für die Umlenkung von Kapital in Wachstumsfirmen ist jedoch, dass die Börse genug Möglichkeiten für interessante Anlagen bietet. Und hier sieht es immer schlechter aus: Die Anzahl von börsennotierten Unternehmen nimmt an den Kapitalmärkten der entwickelten Welt immer weiter ab. So ist in Deutschland ihre Anzahl zwischen 2010 und 2017 um fast ein Drittel von 605 auf 407 geschrumpft. Die Anzahl der an den US-Börsen notierten US-Unternehmen ist zwischen 1996 und 2016 von 7.322 auf 3.671 zurückgegangen. Dies entspricht einem Verlust von fast 50 Prozent.