Fluch oder Segen? Bei Aktienrückkäufen müssen Anleger den Einzelfall abwägen

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2017 hat das McKinsey Global Institute die Studie „Measuring the economic impact of short-termism” veröffentlicht. Mit ihr wurde darauf hingewiesen, dass umfangreiche und regelmäßige Aktienrückkäufe ein guter Indikator dafür sein können, dass Unternehmen vorwiegend kurzfristige Ziele verfolgen – und damit langfristig oft zu den Verlierern gehören.

Die Finanzkrise 2008 offenbarte den prozyklischen Charakter vieler Rückkaufprogramme. In der Vergangenheit war festzustellen, dass Rückkäufe prozyklisch waren, weil Unternehmen vor allem zu Konjunkturhöhepunkten Cash-Flow-Überschüsse erwirtschafteten, die sie bei hohen Kursen zu Aktienrückkäufen verwenden. In schlechten Zeiten waren die Kurse niedrig, aber dann fehlte das Geld für Rückkäufe. So überstieg in den USA von 2005 bis 2007 – also genau den Jahren vor der Finanzkrise – der Gesamtbetrag der Rückkäufe die gezahlten Dividenden deutlich. Im Jahr 2007 war der Gesamtbetrag der Rückkäufe sogar 32 Prozent höher als die in diesem Jahr gezahlten Dividenden.

Wertvernichtung in Reinkultur

Besonders schlimm wirken sich hohe Rückkäufe in guten Zeiten aus, wenn nach dem Abschwung Eigenkapital fehlt. So hatten beispielsweise Unternehmen wie General Electric oder die Ing Group vor der Krise 2008 Aktien zurückgekauft. Sie gingen deshalb unterkapitalisiert in den Abschwung und mussten ihre Finanzierungslöcher zu deutlich niedrigeren Kursen mittels Kapitalerhöhungen stopfen, welche die Anteile ihrer Altaktionäre stark verwässerten.

General Electric schaffte dies sogar innerhalb eines Jahres: In den ersten drei Quartalen 2008 kaufte die Firma Aktien im Gegenwert von 3,2 Milliarden US-Dollar zu einem Durchschnittskurs von 31,82 US-Dollar. Im vierten Quartal wurden dann Aktien im Gegenwert von 12 Milliarden US-Dollar zu einem Kurs von 22,25 US-Dollar wieder ausgegeben – Wertvernichtung in Reinkultur.

Warren Buffett hat sich in seinem Geschäftsbericht für 1999, der genau auf dem Höhepunkt der Börsenblase der Jahrtausendwende erschien, mit dem Thema Aktienrückkäufe kritisch auseinandergesetzt. Er griff die damals seiner Ansicht nach verbreitete Praxis an, überhöhte Aktienkurse durch Rückkäufe zu stützen und sogar weiter nach oben zu treiben. „Wenn man Ein-Dollar-Banknoten für 1,10 US-Dollar kauft, ist dies ein schlechtes Geschäft für alle, die lange dabei bleiben wollen“, schrieb er. Allerdings machte er auch geltend, dass er zu anderen Zeiten gerne in Unternehmen investiert hat, die umfangreiche Aktienrückkaufprogramme haben. Voraussetzungen für erfolgreiche Investments waren aber für ihn, dass „ein Unternehmen sowohl unterbewertet war als auch ein aktionärsfreundliches Management hatte.“