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Flossbach von Storch zur EZB-Politik Höhere Inflation nicht nur erwünscht, sondern notwendig

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Staaten in der Schuldenfalle

Ohnehin scheint die Richtung längst vorgegeben. Denn nur in Zeiten ohne nennenswerte Zinsen können die zahlreichen klammen Staaten aus der Eurozone ihre Haushalte finanzieren. In Italien beträgt die Staatsschuldenquote knapp 130 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, in Spanien und Frankreich rund 97 Prozent. Im Vertrag von Maastricht, der in den 1990er Jahren Kriterien für eine Harmonisierung der entstehenden Eurozone festlegen sollte, war eine Schuldenquote von 60 Prozent des BIP vereinbart.

Was die EZB verhindern muss

Für die EZB gilt es, drei Entwicklungen zu verhindern: Ein Abrutschen in eine tiefe Rezession, eine erneute Bankenkrise und ein Auseinanderfallen der Gemeinschaftswährung – wobei diese drei Risiken sich gegenseitig beeinflussen. Wir gehen davon aus, dass die EZB – wie die anderen großen Notenbanken – keine größeren Strukturbrüche zulassen möchte. Der Point of no Return scheint überschritten. Sollten Risiken wie eine wirtschaftliche Abkühlung konkreter werden, wird die EZB nicht untätig zusehen. Dann könnten die Notenbanker zu weiteren unkonventionellen Maßnahmen wie TLTROs, erneuten Anleihekäufen oder sogar zu bisher unerprobten Mitteln wie Helikoptergeld – greifen.

Keine guten Nachrichten für Anleger. Denn höhere Inflationsraten sind bei den Notenbankern nicht nur erwünscht, sondern sogar notwendig. Ein Abbau der hohen Schuldenquoten ist nur durch Inflation möglich. Zumindest wenn man harte Schuldenschnitte und eine Wirtschaftsdepression vermeiden möchte. Dazu muss der Nominalzins lange Zeit deutlich unterhalb der Inflationsrate liegen, wie in der US-Finanzrepression in den vierziger und fünfziger Jahren. Diese Politik eines negativen Realzinses ist heute in der Eurozone bereits Realität, wenngleich (noch) in homöopathischer Dosis. Und die Hoffnung, dass sich das auf kurze Sicht wieder ändern dürfte, schwindet.

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