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Flossbach von Storch zu kaufmännischer Kalkulation Die nächste Runde Brexit

Thomas Lehr: Das politische Tagesgeschäft im Vereinigten Königreich mit all seinen Überraschungen hat für Investoren wenig Bedeutung.

Thomas Lehr: Das politische Tagesgeschäft im Vereinigten Königreich mit all seinen Überraschungen hat für Investoren wenig Bedeutung. Foto: Flossbach von Storch

Der Brexit ist ein wunderschönes Beispiel für ein Thema mit einer enormen medialen Aufmerksamkeit. Das große Medienecho führt dazu, dass sich auch viele Anleger mit dem Thema beschäftigen – und zwar nicht erst seit Tagen und Wochen, sondern im Prinzip schon seit 2016. Mittlerweile beglücken uns ganze Heerscharen von Analysten und Anlagekomitees mit immer neuen Wahrscheinlichkeitsrechnungen zum Brexit und dessen möglichen Folgen. Häufig werden diese Analysen sogar täglich aktualisiert. Das vermittelt vielen Anlegern den Eindruck, als sei es wichtig, dass auch sie ihr Depot regelmäßig auf diese neuen Wahrscheinlichkeiten hin ausrichten.

Ich würde hingegen argumentieren, dass der Brexit und das mediale Getöse für einen langfristig orientierten und global aufgestellten Anleger von geringer Bedeutung sind. Und die intensive Beschäftigung damit im besten Fall vergeudete Liebesmühe.

Das mag zuerst einmal überraschend klingen. Aber es kommt aber auf die Perspektive an: Wer sich als politisch interessierter Mensch mit dem Thema befasst, der kommt in der Tat (tages-)aktuell auf seine Kosten und kann sich intensiv mit jeder neuen Volte der Brexit-Aufführung beschäftigen.

Aber: Ist das politische Tagesgeschäft im Vereinigten Königreich mit all seinen Überraschungen tatsächlich für Investoren von Bedeutung? Unsere Antwort auf diese Frage lautet eindeutig Nein. Für uns als Investoren war das Thema nie von großer Relevanz. Damit wir uns nicht falsch verstehen: Der Brexit hat für den Investitionsstandort Großbritannien, für das Leben vieler Menschen und sicher auch für einige Unternehmen eine große Bedeutung.

Für global aufgestellte Unternehmen ist die Bedeutung schon sehr viel geringer. Außerdem hatten die Unternehmen nun schon drei Jahre Zeit, sich mit dem Thema zu beschäftigen und Vorsorge zu treffen. Es gibt bei vorausschauenden Unternehmen sicherlich nicht nur einen Plan B, sondern auch einen Plan C in der Schublade. Andernfalls müsste man dem Management sehr berechtigt vorwerfen, dass es in den vergangenen drei Jahren tief und fest geschlafen hat.

Hier stehen übrigens auch Investoren in der Verantwortung: Sie können und müssen prüfen, ob die Unternehmen, in die sie investieren, sich auf Ereignisse wie den Brexit vernünftig vorbereitet haben. Und noch etwas sollten Investoren im Zusammenhang mit dem Brexit berücksichtigen. Selbstverständlich kann der Brexit – wie viele andere Ereignisse auch – zu Kursschwankungen an der Börse führen. Aber mit Kursschwankungen müssen Anleger an der Börse immer rechnen und angemessen damit umgehen. Im Idealfall können Anleger solche Schwankungen sogar für sich nutzen – etwa für gezielte Käufe.

Das Problem beim Thema Kursschwankungen ist ein anderes: Viele Anleger versuchen, diese Kursschwankungen zu antizipieren. Aber das ist Spekulation. Und wer spekuliert, endet sehr wahrscheinlich auch mit den Ergebnissen eines Spekulanten.

Kaufmännische Kalkulation eines jeden Investments, eine klare Vorstellung davon, wo dessen Chancen und Risiken liegen, sind für den langfristigen Anlagerfolg das viel bessere Rezept als das Spekulieren über die nächsten fünf oder zehn Prozent nach oben oder nach unten am Aktienmarkt. Und im Übrigen auch besser als das Spekulieren über den nächsten Akt im Brexit-Theater.

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