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Flossbach von Storch Warum US-Aktienrückkäufe keine Kursmanipulation sind

Thomas Lehr: Dividenden werden in den USA deutlich höher besteuert als Kursgewinne

Thomas Lehr: Dividenden werden in den USA deutlich höher besteuert als Kursgewinne Foto: Flossbach von Storch

Die Aktienkurse in den USA steigen von Rekord zu Rekord. Nicht wenige Investoren vermuten, dass vor allem die Aktienrückkäufe der großen Konzerne die Kurse in die Höhe treiben. Mehr als eine Billion US-Dollar haben diese in den vergangenen fünf Quartalen in den Kauf eigener Aktien gesteckt. Ist speziell die Rally an den US-Börsen letztlich nur eine künstliche Rally?

Ist die Rally künstlich herbeigekauft?

Die sich derzeit verbreitende These lautet wie folgt: Die riesigen Beträge erhöhen (künstlich) die Nachfrage – Aktienkurse steigen. Zudem verteilt sich der Gewinn der Unternehmen auf immer weniger Aktien, was eine unter Anlegern vielbeachtete Kennzahl nach oben klettern lässt. Den sogenannten „Gewinn je Aktie“. Dass ein Großteil der Aktienrückkäufe vermeintlich mit „billigem Geld“ fremdfinanziert wird, ist scheinbar ein zusätzlicher Beleg dafür, wie wenig nachhaltig die Aufwärtsbewegung an den Börsen ist. Aber stimmt das?

US-Steuerreform begünstigt Aktienrückkäufe

Tatsächlich stecken immer mehr Unternehmen immer mehr Geld in den Rückkauf eigener Aktien. Diesen Trend hat die Steuerreform in den USA begünstigt. Sie gibt US-amerikanischen Unternehmen die Gelegenheit, Gewinne, die im Ausland erwirtschaftet und über Jahre dort angesammelt wurden, steuergünstig zu repatriieren. Sofern Unternehmen keine andere Verwendung für diese Barmittel haben (zum Beispiel Investition, Akquisition, Schuldentilgung), werden diese an die Aktionäre ausgeschüttet. In Europa wäre eine Sonderdividende vermutlich der gängigere Weg. In den USA entscheiden die Unternehmen sich nicht selten für den Aktienrückkauf – auch weil Dividenden in den USA deutlich höher besteuert werden als Kursgewinne.

Aktienrückkäufe eine andere Form der Gewinnausschüttung

Mit anderen Worten: In erster Linie sind Aktienrückkäufe eine Form der Gewinnausschüttung. Und zwar eine, die nicht erst in den zurückliegenden Jahren, sondern bereits seit den 1980er- und 1990er-Jahren immer mehr an Bedeutung gewonnen hat. Etwa die Hälfte ihres Nettogewinns haben Unternehmen aus dem S&P 500 im Schnitt in die sogenannten „Share Buybacks“ gesteckt. Im vergangenen Jahr waren es trotz des beschriebenen Sondereffekts nur unwesentlich mehr. Ein Drittel floss in Dividendenausschüttungen. Im Ergebnis gaben die Unternehmen somit nicht mehr Barmittel an ihre Aktionäre zurück, als sie verdient haben. Davon, dass Aktienrückkäufe in der Breite fremdfinanziert seien, kann schon deswegen nicht die Rede sein. Wer sich die Mühe macht und die einzelnen Unternehmen, die in den vergangenen Jahren eigene Aktien zurückgekauft haben, nach ihrer Verschuldung untersucht, findet dies bestätigt, wenngleich es – wie immer – Ausnahmen von der Regel gibt.

Anleger sehnen sich nach Erklärungen

Dass aktuell besonders intensiv über sie diskutiert wird, hat womöglich auch etwas mit den stark gestiegenen absoluten Beträgen zu tun, die heute für Aktienrückkäufe verwendet werden. Zudem dürsten Anlegern nach Erklärungen. Und wer seit Jahren vergeblich darauf wartet, dass die vermeintlich günstigeren europäischen Aktien nun endlich besser laufen werden als ihre amerikanischen Pendants, wähnt in den milliardenschweren Rückkäufen die Erklärung dafür, weshalb die Rechnung bislang nicht aufging.