Flossbach von Storch Research Institute Was bedeutet eigentlich Nachhaltiges Investieren?

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Ursprünglich entstammt der Begriff der Nachhaltigen Entwicklung der Forstwirtschaft und wurde im Brundtland-Bericht definiert als eine Entwicklung, die die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, dass künftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können. Im Kontext der Geldanlage wird der Begriff der Nachhaltigkeit in der Regel durch das Akronym ESG konkretisiert, das drei unterschiedliche Dimensionen anspricht, die im Wesentlichen die folgenden Aspekte adressieren:

  • Environmental: Effizienter Einsatz von knappen Ressourcen, geringe Umweltemissionen, Klimawandel, Einsatz und Förderung erneuerbarer Energien
  • Social: Menschen- und Arbeitnehmerrechte, Arbeits- und Gesundheitsschutz, Vielfalt und Chancengleichheit, Aus- und Weiterbildung, Versammlungs- und Gewerkschaftsfreiheit
  • Governance: Unabhängigkeit von Vorstand und Aufsichtsrat, auf Langfristigkeit ausgerichtete Vergütungssysteme, Korruptionsbekämpfung, transparentes Reporting

Es ist unstrittig, dass ein Unternehmen in einer marktwirtschaftlichen Ordnung nur dann dauerhaft existieren kann, wenn es die oben aufgeführten Dimensionen, in denen letztlich verschiedenste Stakeholder-Erwartungen zum Ausdruck kommen, in angemessener Weise berücksichtigt. Doch sind diese offensichtlich recht vielschichtig. Ist es trotz dieser Mannigfaltigkeit überhaupt möglich, eine Vereinheitlichung des Begriffs Nachhaltigkeit im Finanzwesen herbeizuführen?

Volumen nachhaltiger Geldanlagen in Deutschland in Milliarden Euro

 Quelle: Forum für Nachhaltige Geldanlage, Flossbach von Storch Research Institute, Stand: Juli 2018

Betrachten wir zur Beantwortung dieser Frage den derzeitigen Markt für nachhaltige Geldanlagen. Das Thema Nachhaltigkeit erlebt im Bereich der Geldanlage bereits seit vielen Jahren einen wahren Boom. Wie obere Abbildung zeigt, hat sich das Volumen dieses Marktes seit dem Jahr 2010 verdreifacht und betrug für Deutschland zuletzt 171 Milliarden Euro. Hiervon entfielen 62 Milliarden Euro auf Spezialmandate und 30 Milliarden Euro auf Investmentfonds. Die restlichen 79 Milliarden Euro gehen auf Kundeneinlagen und Eigenanlagen bei Spezialbanken mit Nachhaltigkeitsfokus zurück. Gemessen am Volumen des gesamten deutschen Fondsmarktes, welches seitens des Bundesverbandes Investment und Asset Management (BVI) auf etwa drei Billionen Euro beziffert wird, ergibt sich ein Anteil der nachhaltigen Geldanlagen von rund 3 Prozent.

Die Ansätze, nach denen nachhaltige Fonds ihre Investitionen auswählen, sind von Produkt zu Produkt sehr unterschiedlich. Sie reichen von einfachen Ausschlüssen über die Integration von Nachhaltigkeitskriterien in die klassische Finanzanalyse bis hin zur gezielten Ausübung von Stimmrechten auf Hauptversammlungen. Die nach Verwendungsgrad populärste Strategie ist die Definition von Ausschlusskriterien. Diese fanden zuletzt als alleinige Strategie oder in Kombination mit anderen Ansätzen bei 90 Prozent der ESG-Produkte Anwendung (siehe Abbildung).

Verwendungsgrad von Selektionsansätzen

 Quelle: Forum für Nachhaltige Geldanlage, Flossbach von Storch Research Institute, Stand: Juli 2018