Flossbach von Storch Research Institute Abseits des Zufalls

Seite 2 / 3

Der Markt ist mehr als nur der Durchschnitt

Ein naiver Investor kann bei der Anlageentscheidung ex-ante nicht wissen, ob er sich links oder rechts des Medians der dargestellten Häufigkeitsverteilung wiederfindet. Würde er die Grundgesamtheit der Renditen aller aktiven Fonds als völlig zufällig verteilt betrachten (und unser Sample als repräsentativ für alle Fonds der untersuchten Klasse betrachten), dann müsste er damit rechnen, dass er heute mit rund 72 Prozent Wahrscheinlichkeit einen Fonds wählt, der in der Zukunft weniger Rendite liefert als ein passiver Fonds, der nur den Markt abbildet.

Andererseits stellt sich die Frage, ob der weniger naive Investor Kriterien für die Auswahl von Fonds finden kann, die die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass er einen besseren aktiven Fonds findet als den passiven. Dazu müsste er die Frage beantworten können, wie es einigen Fondsmanagern gelungen ist, eine durchaus beachtliche Performance-Persistenz über den langen Zeitraum der Erhebung zu erzielen. Hierbei kommen einem in erster Linie zwei Gründe in den Sinn: Glück und anlage-strategische Konsistenz.

Der Faktor Glück ist eine reine Zufallsvariable. Anlagestrategische Konsistenz hingegen erfordert eine fundierte Anlagestrategie. Eine fundierte Anlagestrategie meint die erfolgreiche Allokation des Aktienvermögens in einem sich stetig wandelnden Umfeld.

Kein noch so talentierter Investor vermag es den Markt korrekt zu timen. Erfahrene Manager erliegen auch gar nicht erst dieser Versuchung, sondern begnügen sich mit der Stärkung der Wetterfestigkeit eines Portfolios. Strategische Konsistenz kann durch persönliche Kontinuität des Fondsmanagements oder durch eine institutionalisierte Anlagephilosophie erreicht werden.

Wie lässt sich diese Kenntnis um die Erfolgsfaktoren nun im Rahmen der Anlageentscheidung nutzen? Dazu greifen wir auf den Satz von Bayes zur Ermittlung bedingter Wahrscheinlichkeiten zurück. Dieser Satz besagt, dass sich für Ereignis A eine Wahrscheinlichkeit nach Eintritt eines Ereignis B berechnen lässt, wenn man die Wahrscheinlichkeiten des Eintritts von Ereignis A, B und von B nach Eintritt von A kennt.

Formal: P(A|B) = P(B|A) * P(A) / P(B)

Nun wissen wir anhand unserer Daten, dass die Wahrscheinlichkeit, einen Fonds mit überdurchschnittlicher Performance in einer Zufallsziehung zu erhalten bei 28,4 Prozent liegt (P(A) = 28,4 Prozent).

Im Folgenden wollen wir zwei Szenarien unterscheiden:

Fall 1:

Zunächst sind wir agnostisch und nehmen an, dass wir keine Kenntnis darüber haben, ob ein Fonds tatsächlich konsequent einer definierten Anlagephilosophie folgt, das heißt die Chance hierfür steht bei 50 Prozent (P(B)=50 Prozent). Ist der Fonds erfolgreich, so gehen wir zudem davon aus, dass es sich in jedem zweiten Fall um einen Fonds mit definierter Anlagephilosophie (P(B|A) = 50 Prozent) handelt.

Daraus folgt: P(A|B) = P(B|A) * P(A) / P(B) = 50,0 Prozent * 28,4 Prozent / 50,0 Prozent = 28,4 Prozent.

Dies impliziert, dass sich eine Prüfung, ob ein Fonds tatsächlich einer definierten Anlagephilosophie folgt, nicht lohnt, da wir die Wahrscheinlichkeit für die Auswahl eines erfolgreichen Fonds ex-ante nicht erhöhen können.