Fiskalpolitik am Wendepunkt Der drastische Kurswechsel der Bundesregierung

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Zusammen mit den fiskalischen Unterstützungsmaßnahmen in Höhe von rund 3,6 Prozent des BIP, die bereits früher angekündigt worden sind (unter Ausklammerung der meisten von der Regierung abgegebenen Kreditbürgschaften), sollte der fiskalische Impuls in Deutschland im Jahr 2020 damit unter dem Strich etwa 6,0 Prozent des BIP betragen. Zum Vergleich: Die zwei von der Regierung während der Finanzkrise verabschiedeten Konjunkturpakete beliefen sich, verteilt über die Jahre 2008 bis 2010, zusammen auf 3,9 Prozent des BIP 2008.

Abgesehen von den 25 Milliarden Euro an Überbrückungshilfen für KMU werden die Stimuli mehrheitlich mit neu bereitgestellten Mitteln finanziert. Mit Blick auf den Netto-Stimulus in Höhe von rund 76 Milliarden Euro (2,2 Prozent des BIP), den das jüngste Paket 2020 zusätzlich generiert, handelt es sich bei rund 90 Prozent um neue Maßnahmen. Beim Rest handelt es sich um Steuerstundungen und vorgezogene Investitionsausgaben (siehe untenstehende Grafik).

Zusätzlicher Stimulus
Aufschlüsselung des Fiskalpakets (ohne Überbrückungshilfe für KMU), in Milliarden Euro

Mit diesem Fiskalpaket will die deutsche Regierung die Haushalte und Unternehmen unterstützen sowie zu zusätzlichen Konsumausgaben anregen. Gleichzeitig soll auf Ebene der lokalen Regierungen genügend finanzpolitischer Spielraum geschaffen werden, damit die Gemeinden die Krise besser überstehen können (siehe Grafik).

Regierungen
Neue Ausgaben nach Kategorie, in Milliarden Euro

Bezüglich ihres Umfangs sticht unter den verschiedenen Maßnahmen – neben der Überbrückungshilfe für KMU – insbesondere die vorübergehende Senkung der Mehrwertsteuer von 19 auf 16 Prozent sowie des ermäßigten Satzes für eine beschränkte Zahl von Gütern und Dienstleistungen von 7 auf 5 Prozent bis Ende 2020 hervor. Dies sollte etwa 20 Milliarden (0,6 Prozent des BIP) in Form entgangener Steuereinnahmen kosten.

Konsumentenseitig hat die Bundesregierung des Weiteren die Auszahlung eines einmaligen Kinderbonus für Familien in Höhe von 300 Euro pro Kind angekündigt. Im Rahmen dieser Maßnahmen dürften 4,3 Milliarden Euro (0,1 Prozent des BIP) direkt an die Haushalte verteilt werden. Alleinerziehende Eltern werden zudem für zwei Jahre von befristeten steuerlichen Erleichterungen im Umfang von 0,7 Milliarden profitieren.

Zur Unterstützung lokaler Regierungen wird die Bundesregierung 2020 rund 5,9 Milliarden (0,2 Prozent des BIP) an ausgefallenen Steuereinnahmen ausgleichen und darüber hinaus künftig auf permanenter Basis einen größeren Teil der kommunalen Kosten für Unterkünfte übernehmen. Dies wird auf Bundesebene mit zusätzlichen Kosten von 4,0 Milliarden pro Jahr zu Buche schlagen.

Das Paket hat des Weiteren auch den Privatsektor im Visier: Zu den Maßnahmen zählen etwa eine bis 2021 befristete Obergrenze von 40 Prozent für Sozialversicherungsbeiträge, was allein im Jahr 2020 rund 5,3 Milliarden Euro kosten dürfte. Die Regierung beschloss zudem, die EEG-Umlage zur Förderung von Ökostromanlagen 2021 zu senken, was weitere staatliche Aufwendungen von 11 Milliarden Euro (0,3 Prozent des BIP) zur Folge haben wird.

Ein weiterer Schwerpunkt des Stimulus liegt auf Investitionen in die Informationstechnologie-Infrastruktur und Digitalisierung sowie auf zusätzlichen Ausgaben für Investitionen in nachhaltige Technologien. Gemäß Konjunkturpaket werden die Investitionen sowie Forschungs- und Entwicklungsausgaben 2020 um 10,5 Milliarden Euro

(0,3 Prozent des BIP) und 2021 um 6,4 Milliarden steigen, während 6,8 Milliarden (0,2 Prozent des BIP) für Maßnahmen zugunsten einer ökologischeren Ausrichtung der Wirtschaft, das sogenannte Greening,  in den Jahren 2020 und 2021 vorgesehen sind.

Ein Beispiel: Um den Übergang zu Fahrzeugen zu beschleunigen, die mit erneuerbaren Energien angetrieben werden, umfasst das Paket Subventionen von 3.000 bis 6.000 Euro beim Kauf von Elektroautos – bis zu einer Preisobergrenze von EUR 40.000. Diese Maßnahme sowie eine Erhöhung der steuerlichen Absetzbarkeit von E-Autos für Unternehmen werden bis 2021 in Kraft bleiben und sollten sich während der Laufzeit des Programms auf 2,2 Milliarden summieren.

Die oben genannten Maßnahmen sollten dem Greening der Wirtschaft substanziellen Schub verleihen – vor allem in Verbindung mit weiteren Ausgaben für Infrastrukturen für Elektroautos sowie der finanziellen Unterstützung lokaler Regierungen bei einer umweltfreundlicheren Ausrichtung ihrer Fahrzeugflotten, die sich 2020 und 2021 auf 4,6 Milliarden belaufen werden.