Finanzierungsvorteil für Familienunternehmen Der gute Name zahlt sich aus

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Das Resultat der Studie lässt sich mit der standortspezifischen Rolle der Banken als präferierter Finanzierungspartner erklären. Nach Abwägung über die Eignung von Kapitalgebern landen viele Familienunternehmen bei ihren Hausbanken und eher selten bei Investoren auf der Eigenkapitalseite. Die „kleine“ Lösung über den Bankkredit ist unkompliziert und im Vergleich zur kapitalmarktbasierten Lösung anonym, vertraut und flexibel. Informations- und Kontrollrechte werden über Jahresgespräche, Quartalsberichterstattung und Covenants realisiert. Ein direkter Eingriff in die Geschäftsleitung über Mitbestimmungsrechte erfolgt nicht und nimmt dem Familienunternehmen die Sorge vor Kontrollverlust und Aufgabe der Unabhängigkeit.  

Selbstverständlich sind die Ergebnisse in den Kontext der untersuchten Größenklasse zu setzen. Bei größeren Unternehmen werden ein gewisser Professionalisierungsgrad sowie Wachstumsavancen unterstellt. Wachstum wirkt auf der Nachfrageseite und führt zu Finanzierungsbedarf, während der Professionalisierungsgrad auf der Angebotsseite wirkt und sich Kreditgeber auf ein zuverlässiges Zahlenwerk beziehungsweise Reporting verlassen können.  

Für Familienunternehmer bedeuten die Ergebnisse, dass die klare Kommunikation und Identifizierung als Familienunternehmen Vorteile bei der Fremdkapitalaufnahme darstellen kann. Aufgrund ihrer Attraktivität genießen sie einen guten Zugang zu Bankkrediten und können dabei ihre Kontrolle und Unabhängigkeit wahren. Die Studie lässt offen, ob die erhöhte Kreditvergabe auch auf eine tatsächlich bessere Bonität zurückzuführen ist. Daher bleibt unabhängig vom Unternehmenstyp bei einer Beurteilung im Tagesgeschäft ein wachsamer Blick ratsam.

Eigenkapitalinvestoren sind wie bereits erwähnt noch nicht im Fokus deutscher Familienunternehmen. Der qua Gesellschafterrolle vorherrschende Drang zur direkten Mitbestimmung ist auf den ersten Blick ein Übel, welches durch den Rückgriff auf Fremdkapital vermieden werden kann. Dennoch stellt sich die Frage, ob die Zielsysteme zwischen Family Offices und privaten Kapitalgebern zwingend so unterschiedlich sein müssen.

Gelingt ein Schulterschluss in der Zukunft, könnte dies die Finanzierungsquellen von Familienunternehmen diversifizieren und am Ende auch noch wider Erwarten ihre Unabhängigkeit von einem einzelnen Kapitalpartner erhöhen.


Über den Autor:
Martin Wendt ist Leiter des Avalgeschäfts für Großunternehmen bei Euler Hermes in Deutschland sowie zuvor für kleine und mittelständische Unternehmen (KMU). Er verantwortet die Risikobewertung für die Absicherung dieser Unternehmen, ein besonderer Fokus liegt dabei auf den Finanzierungsstrukturen, Ausfallwahrscheinlichkeiten und Unternehmensrisiken.

Er ist im Rahmen seiner Doktorarbeit zur Finanzierung von Familienunternehmen an der Leuphana Universität Lüneburg / HSBA Hamburg Autor der Studie in Kooperation mit Roland Berger.

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