Die seit etwa einem Jahr wieder steigenden Leitzinsen wichtiger Zentralbanken in der Eurozone, Großbritannien oder den USA haben die Börsenkurse niedriger verzinster Anleihen in den Keller geschickt. Dieser Absturz war auch die Ursache für die Pleite der kalifornischen Silicon Valley Bank, die stark in US-Staatsanleihen investiert war. Deren Ausfallrisiko ist zwar gering, aber bei einem Verkauf werden ihre stillen Lasten realisiert und die als besonders sicher geltende Investition am Rentenmarkt zum Minusgeschäft. Dieses Problem beträfe auch viele Lebensversicherer in Deutschland, falls deren Kunden ihre Policen stornieren würden.
Dieses Risiko ruft jetzt auch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) auf den Plan. „Die Bafin wird das Liquiditätsmanagement der Unternehmen daher in den kommenden Jahren besonders aufmerksam überwachen“, heißt es in dem aktuell erschienenen Jahresbericht 2022. Demnach zeigten die Prognosen der Aufsichtsbehörde, dass der Zinsanstieg positiv auf die wirtschaftliche Lage und die Solvenz der Unternehmen wirke. Denn er führte beispielsweise dazu, dass der Referenzzinssatz zum Berechnen der Zinszusatzreserve bei 1,57 Prozent verharrte. Daher mussten die Lebensversicherer diese Kapitalpolster nicht weiter aufbauen.
„Allerdings weist die Kapitalanlage und insbesondere die festverzinslichen Anlagen infolge des Zinsanstiegs branchenweit hohe stille Lasten auf“, gibt die Behörde zu bedenken. „Diese müssen meist nicht realisiert werden, da die Kapitalanlage in der Regel bis zur Endfälligkeit gehalten wird“, heißt es von der Bafin weiter. „Genau dies wird allerdings schwieriger, wenn Kapitalanlagen verkauft werden müssen, etwa weil aufgrund eines erhöhten Stornos von Versicherungsverträgen ein erhöhter Liquiditätsbedarf entsteht.“ Bislang habe die veränderte Lage am Kapitalmarkt lediglich zu erhöhtem Abschreibungsbedarf für das vergangene Geschäftsjahr geführt.