Ex-Skagen-Star Weintraub Filip und die Detektive

Filip Weintraub ist gebürtiger Schwede, mit einer Amerikanerin verheiratet und Vater

Filip Weintraub ist gebürtiger Schwede, mit einer Amerikanerin verheiratet und Vater

DAS INVESTMENT.com: Neun Jahre im norwegischen Stavanger – wie haben Sie das ausgehalten? Die Stadt ist nicht hübsch, liegt am Ende der Welt, und das Wetter hat mitunter apokalyptische Züge.

Filip Weintraub: Rückblickend muss ich mich bei meiner Frau entschuldigen, dass sie diese Zeit mit mir durchmachen musste. Aber zum Arbeiten ist Stavanger ideal. Es gibt keine Ablenkung. In der Tat ist das Wetter mies, und der Regen fällt dort waagerecht, weil es ständig stürmt. Also gab es für mich nur den Bloomberg-Terminal und das Super-Team von Skagen.

DAS INVESTMENT.com: Nun sind Sie in Stockholm und haben sich mit dem Labrusca Family Office selbstständig gemacht. Was war ausschlaggebend für diesen Schritt?

Weintraub: Meine Arbeit ist für mich eine Mischung aus Handwerk und Kunst. Vielen Portfoliomanagern geht es um eine steile Karriere und viel Geld. Dafür vernachlässigen sie mitunter ihre Arbeit. Das ist nicht mein Ding. Portfoliomanagement ist eine intellektuelle Herausforderung und ein grandioses Puzzlespiel, man braucht viel Disziplin. Auch die Höhe des verwalteten Kapitals spielt eine große Rolle. Bei Skagen war ich für 4 Milliarden Euro verantwortlich. Das ist meiner Auffassung nach zu viel Geld, um einen Erfolg nachhaltig fortzuführen. Bei Labrusca ist alles überschaubarer.

DAS INVESTMENT.com: Welchen Anspruch haben Sie an sich?

Weintraub: Unseren Klienten in den kommenden 20 Jahren eine konstante und langfristige Performance der Extraklasse zu liefern.

DAS INVESTMENT.com: Der Halbjahresbericht von Labrusca ist sehr ausführlich. Es werden alle Holdings des Fonds vorgestellt und analysiert, und mitunter ist die Lektüre sehr amüsant. Sind kleine Späße im disziplinierten Geld-Geschäft erlaubt?

Weintraub: Aber natürlich. Nur ist es mit Humor leider so eine Sache. Bei der Hälfte der Leser kommt er an, bei der anderen nicht. Also sind 50 Prozent nicht amüsiert. Aber solange die Ergebnisse stimmen, sehe ich das nicht so eng. Man darf sich selbst nicht zu ernst nehmen.

DAS INVESTMENT.com: Anlageentscheidungen werden bei Ihnen im „War Room“ getroffen. Analysten sind Detektive, die mit ihren Ideen vor dem Portfoliomanagement, den Generälen, bestehen müssen. Das klingt ernst.

Weintraub: Da haben wir etwas übertrieben. Das dürfte besonders Frauen auch etwas zu martialisch vorkommen. Wir müssen wohl noch etwas sensibler werden. Es ist unser erster Bericht, aber das werden wir ändern.

DAS INVESTMENT.com: Über 40 Prozent des Portfolios liegen derzeit in Cash. Trauen Sie den Märkten nicht?

Weintraub: Die Märkte sind uns völlig egal. Wir suchen brillante Investments und werden das Portfolio auf maximal 40 Positionen konzentrieren. Es gibt keinen Grund zur Eile. Wir konnten einige interessante Unternehmen identifizieren, haben jedoch eine andere Preisvorstellung. Die Kernbotschaft des Labrusca Family Office lautet: Es gibt keine Aktie, kein Unternehmen, das relativ günstig oder relativ teuer ist. Es gibt nur einen von uns analysierten Preis. Es gibt tolle Unternehmen, die sind aber noch lange kein gutes Investment.

DAS INVESTMENT.com: Ihre Top-Holding ist Parmalat aus Italien mit über 8 Prozent. Weitere Unternehmen liegen zwischen 2 und 4 Prozent, andere deutlich unter einem Prozent. Was gibt den Ausschlag für die Gewichtung?

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Weintraub: In der Regel streben wir ein Gewicht zwischen einem und 5 Prozent an. Doch es gibt Ausnahmen, und die ergeben sich auch aus unserer preisgetriebenen Investmentphilosophie. Wir möchten einen Euro für 50 Cent kaufen. Die Gefahr, diese 50 Cent zu verlieren, können wir ganz klar einschätzen und die Unternehmen entsprechend gewichten. Parmalat hat so unglaublich viel Cash auf der Bank, dass das Risiko zu verlieren deutlich geringer ist.

DAS INVESTMENT.com: Reduzieren Sie Anteile, wenn Kurse steigen und Ihre Erwartungen erfüllen?

Weintraub: Ja, sofort. Das sorgt manchmal bei Anlegern für etwas Unruhe, weil die Kurse ja so schön anziehen und man auf der Party bleiben will. Doch ein Auftrieb verändert unsere Risikoeinschätzung. Ganz gleich, ob er fundamentale Gründe hat oder nicht.

DAS INVESTMENT.com: Und wenn es bergab geht?

Weintraub: Wir arbeiten nicht mit Stopp-Loss, weil Märkte lange irrational sein können. Bei 10 Prozent minus bleiben wir ruhig. Geht es tiefer, 20 oder sogar 25 Prozent, fokussieren wir uns stärker auf den Fall. Wir holen einen weiteren Detektiv dazu, und die Generäle analysieren. Ändert sich an der Bewertung nichts, kaufen wir nach. Für Value-Investoren ist so ein Fall natürlich ein Traum.

DAS INVESTMENT.com: Unterscheiden Sie zwischen Industrienationen und Schwellenländern?

Weintraub: Nein. Wir beurteilen das Risiko ganz dogmatisch, ganz egal, wo das Unternehmen sitzt.

DAS INVESTMENT.com: Werden Sie in Kürze erneut Milliarden verwalten?

Weintraub: Sicher nicht. Niemand von uns will sich ein Empire aufbauen. Ich werde keine Summe nennen, aber ab einer gewissen Größe machen wir den Fonds einfach dicht. Labrusca ist für uns und unsere Klienten ein Marathon. Kein Sprint.

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