Feri-Chef im Gespräch „Ich warne vor naiver Diversifikation”

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Welche Motivation stand dahinter?

Straatmann: Die Erkenntnis, dass es nicht mehr ausreicht, sich als Finanzberater mit den Kapitalmärkten und Volkswirtschaften auseinanderzusetzen. Aber auch das Verstehen der Politik alleine wäre zu wenig. Unser Ansatz ist ganzheitlich und bindet zusätzlich technologische Veränderungen, die Digitalisierung und andere Megatrends in die Analyse ein.

Da ist Ihr Haus nicht das einzige.

Straatmann: Das mag sein, wobei ich einige Institute in der Branche eher als verlängerte Research-Abteilungen wahrnehme. Bei uns ist das Research seit 30 Jahren Kernunserer Arbeit. Das Feri Cognitive Finance Institute hingegen soll für unsere Mandanten Impulsgeber für Themen sein, die über unsere Kapitalmarktexpertise hinausgehen. Zusätzliche Beiträge kommen aus einem breiten interdisziplinären wissenschaftlichen Netzwerk. Diesem bieten wir eine Forschungs- und Diskussionsplattform zu jeweils einer bestimmten Fragestellung, beispielsweise zum Erstarken des Populismus oder den Auswirkungen der Kohlenstoffblase. Wir sind also Koordinatoren und Netzwerker und wollen in unserem Institut vor allem vorausdenken und einordnen. In der nächsten Studie thematisieren wir übrigens das Szenario eines Auseinanderbrechens des Euro.

Zur Anlagepolitik. Wie kann man den Spagat aus Renditeerwirtschaftung und möglichen Risikoszenarien schaffen?

Straatmann: Die einfache Antwort wäre die Diversifikation. Doch die bloße Streuung von Risiken im Vermögen reicht nicht aus. Es kommt auf einen intelligenten Ansatz an, bei dem man nicht einfach in jeder Anlageklasse Investments tätigt, sondern gezielt. Soll mein Vermögen komplett im Euro-Raum oder doch lieber auch im außereuropäischen Ausland liegen? Welche Art von Immobilien möchte ich kaufen? Welche alternativen Investments passen in mein Portfolio? Wir verstehen unsere Aufgabe darin, für unsere Mandanten gute und passende Investments auszuwählen und diese investierbar zu machen.

Was ist mit Aktien und Anleihen?

Straatmann: Am Aktienmarkt überlegen wir uns, welche Papiere im aktuellen Umfeld performen und ob man diese auch in einem Szenario eines Aktiencrashs im Depot haben möchte. Auf der Anleiheseite muss man sich fragen, ob der Kunde mit herkömmlichen Staats- und Unternehmensanleihen noch das erreichen kann, was er sich vorstellt. Zusätzliche Kredite oder unpassende Durationen können dabei der schleichende Weg ins Risiko sein. Stattdessen sprechen wir mit unseren Mandanten über Rentenersatzstrategien. Das können etwa Insurance Linked Securities oder Optionsprämienstrategien sein, die man in der Renten-Allokation eines Gesamtvermögens beimischen kann.

Handelt es sich dabei letztlich nicht auch um eine Art der Komplexität?

Straatmann: Um nicht allzu große Abstriche vom früheren Renditeniveau zu machen, muss man heutzutage bereit sein, Komplexität ins Portfolio zu nehmen. Wer das nicht möchte – und dafür haben wir dann auch großes Verständnis –, wird nicht umhin können, seine Renditeerwartungen zu senken. Das ist im aktuellen Umfeld der Preis. Bei alledem sehe ich es als unsere Aufgabe an, herauszufinden, ob der Kunde reif für mehr Komplexität und andere Formen des Risikos ist.

Feri bietet seinen Kunden auch Gespräche über Themen abseits des klassischen Beratungsbedarfs an. Aus welchem Grund?

Straatmann: In vielen Kundengesprächen geht es häufig um individuelle Sorgen und die Frage, wie man mit ihnen klarkommt. In den 30 Jahren, in denen unser Investmenthaus tätig ist, hat sich das strategische Management großer Familienvermögen nachhaltig verändert: Der ganzheitliche Schutz steht heute im Vordergrund. Dabei muss man als Berater auch seine Perspektive erweitern: Oft ist unseren Mandanten etwa der relative Vermögensstandard innerhalb der Gesellschaft wichtiger als die reine Größe ihres Vermögens. Oder sie möchten beraten werden, wie sie sich verhalten sollen, wenn sie ihr Familienunternehmen an einen externen Investor verkaufen. Dass sie dann in ihrer Heimat als „Verräter“ angesehen werden könnten, treibt diese Klientel oft stärker um als die Frage nach dem Kaufpreis.



Über den Interviewten:
Frank W. Straatmann ist Vorstand beim Investmenthaus Feri. Dort verantwortet er das Privatkunden- und Family-Office-Geschäft. Für die Bad Homburger ist der 55-Jährige seit 2001 tätig, seit 2006 als Geschäftsführer bei der Vermögensverwaltungstochter Feri Trust. 2013 folgte die Berufung in den Vorstand der Feri AG.

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