Fehler im System Wie falsche Risikoprofile Anleger um Chancen bringen

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Der mehrdimensionale Kunde

Anlageberater gehen bei der Erstellung des Risikoprofils ihres Kunden mithilfe des Fragebogens häufig von maximal einer Zielsetzung des Kunden aus. Viele Kunden verfolgen jedoch mehrere Anlageziele und möchten nicht unbedingt für jedes Ziel das gleiche Risiko eingehen. So hat der Erwerb eines Bootes für den Kunden häufig einen ganz anderen Stellenwert als die private Altersvorsorge.

Das Stichwort lautet: Prioritäten klar festlegen und dabei auch das Timing beachten. Als anschauliches Beispiel soll hier ein Kunde dienen, für das Studium seiner Kinder (Studienbeginn in 5 Jahren) und für seine Altersvorsorge (Renteneintritt in 20 Jahren) sparen möchte. Die Zielsetzung Altersvorsorge hat für ihn die höchste Priorität, liegt aber zeitlich später. Wird das Vermögen für das Studium der Kinder verwendet, bestünde das Risiko, dass zu wenig für die Altersvorsorge bleibt. Hier ist es daher sinnvoll, die Konten nach Zielsetzungen zu trennen und mit den entsprechenden unterschiedlichen Risikoeinstellungen zu versehen.

Umgekehrt gibt es auch die Situation, dass Kunden mehrere Konten für mehrere Zielsetzungen angelegt haben. Im Verlauf der Vermögensplanung sollte gewährleistet sein, dass auf kurzfristige Änderungen reagiert werden kann.

Ein weiteres Beispiel hierzu: Ein Kunde hat ein Konto, um für das Studium der Kinder zu sparen, und ein anderes Konto, um für die private Altersvorsorge zu sparen. Irgendwann stellt sich heraus, dass es nicht genug Vermögen geben wird, um die Kinder studieren zu lassen. Viele Eltern möchten in diesem Fall das Konto, das für die Altersvorsorge bestimmt ist, teilweise auch für die Zielsetzung Studium der Kinder verwenden.

In diesem Fall wird Gebrauch gemacht von einem Konto für mehrere Ziele: die private Altersvorsorge und das Studium der Kinder. Die Konkretisierung und Priorisierung der Zielsetzungen sind das A und O für das Erstellen eines Risikoprofils, das die Basis für echte kundenorienterte Finanzplanung bildet.

Folgen des Nicht-Erreichens

Eine weitere Einschränkung im Hinblick auf die Fragebogen-Methode ist, dass mit dem Fragebogen nur die emotionale Risikohaltung eines Kunden ermittelt werden kann, sprich wie viel Risiko er eingehen möchte. Das sagt nichts darüber aus, ob ein Kunde dieses Risiko überhaupt eingehen kann.

Das Verständnis des Risikos, das ein Kunde eingehen kann, wird immer wichtiger. Dieses Risiko wird teilweise von der Zielsetzung des Kunden bestimmt, aber auch die Konsequenzen des Nicht-Erreichens eines Ziels spielen eine wichtige Rolle. Hierbei müssen sich Kunde und Berater klarmachen, welche Konsequenzen das Nicht-Erreichen eines Ziels hat.

Nur wenn sich Kunde und Berater über diese Einschränkungen und Besonderheiten bewusst sind, kann der Beratungsprozess kundenorientiert gestaltet werden. Wichtig sind hierbei auch transparente Prozesse – und vor allem Kommunikation.