Fehler im System Wie falsche Risikoprofile Anleger um Chancen bringen

Ton Kentgens: „Die aktuelle Form der Risikoprofilierung ist mangelhaft.“

Ton Kentgens: „Die aktuelle Form der Risikoprofilierung ist mangelhaft.“

Thomas Müller – 37 Jahre, 4.000 Euro Nettoeinkommen im Monat und Vater von zwei Kindern – möchte das Studium seiner Kinder finanzieren, das Haus abzahlen und für das Alter vorsorgen. Das Problem: Herr Müller muss damit rechnen, dass ihn sein Anlageberater unzureichend berät. Das liegt weniger am Berater, als vielmehr an der Struktur der Vermögensberatung selbst. Der Fehler liegt dabei meist schon im Fundament: dem Risikoprofil des Kunden.

Die meisten Vermögensberater – egal ob im persönlichen Gespräch oder via Robo-Advisor – erstellen ein Risikoprofil mithilfe eines klassischen Fragebogens. Diese Methode birgt jedoch einige Einschränkungen, die vielen Nutzern nicht bewusst sind. Werden diese Punkte nicht beachtet, kann es zu einem fehlerhaften Risikoprofil kommen, das Anleger um ihre Chancen bringt.

Durch den Fragebogen sollen Finanzberater ein Verständnis für die Risikohaltung eines Kunden bekommen. Über ein Punktesystem werden die Antworten in eine Risikozahl umgesetzt, die den Kunden einem Modellportfolio zuordnet. In der Regel muss der Kunde mindestens fünf Fragen beantworten – eine klassische Methode, die von den meisten Finanzunternehmen angewendet wird. Grundsätzlich gilt: Je mehr Ziele ein Kunde verfolgt und je komplexer dadurch die Vermögensplanung wird, desto detaillierter muss der Fragebogen sein.

Ausfeiltere Risikoprofile

Strebt der Kunde eine ganzheitliche Vermögensplanung an, in der mehrere individuelle Ziele berücksichtigt werden sollen, dann benötigt der Fragebogen entsprechend mehr detaillierte Fragen, um das Risikoprofil zu erstellen. Es gibt jedoch nur wenige Unternehmen, die detailliertere Techniken zur Definition eines Risikoprofils entwickelt haben.

Dazu gehören zum Beispiel psychometrische Fragenkataloge, die durch das Antwortverhalten des Kunden gesteuert werden: bestimmte Antworten führen zu unterschiedlichen Fragen. Das Ergebnis basiert somit auf verhaltensspezifischen Aspekten des jeweiligen Kunden. Es gibt mittlerweile sogar einige wenige Fragenkataloge, die einen Gaming-Charakter haben, das heißt es werden etwa Bilder und Grafiken als spielerische Elemente genutzt.

Der Fragebogen an sich ist zwar ist ein gutes Mittel, um das Risikoprofil des Kunden zu erstellen. So, wie er im Alltag der Finanzbranche umgesetzt und angewandt wird, ist die Methode jedoch unzureichend. Denn: Momentan erstellen Berater und Robo-Advisor vielmehr ein Risikoprofil auf Kontenniveau, Anleger benötigen aber ein Risikoprofil auf Kundenniveau.