Gipfelstürmer Family Offices sind Gewinner der Krise

Family Offices ist es gelungen, vergleichsweise sicher durch die Finanzkrise zu steuern: 80 Prozent verzeichneten in den letzten beiden Jahren keinerlei Liquiditätsengpässe. Dass dies nicht zuletzt dem umsichtigen Vorgehen der Family Offices zu verdanken ist, belegen die beiden für sie wichtigsten Kriterien bei der Vermögensanlage: Kapitalerhalt und Diversifikation.

Ähnlich wie andere institutionelle Investoren hat inzwischen ein Großteil der Family Offices eine strategische Asset Allocation definiert. Und diese musste von mehr als der Hälfte der Befragten auch im Zuge der Krise nicht verändert werden, wie die aktuell veröffentlichte Studie „Mythos Family Office 2010“ zeigt.

„Wir konnten feststellen, dass Family Offices ihre gegenüber anderen institutionellen Anlegern größeren Anlagespielräume professionell nutzen, indem sie sehr heterogene Anlageklassen und Finanzinstrumente einsetzen und in diesen über eine hohe Expertise verfügen. So konnten sie sicher durch die Krise navigieren“, unterstreicht Professor Wolfgang Gerke, Präsident des Bayerischen Finanz Zentrums, wissenschaftlicher Leiter und Co-Autor der Studie.

Bereits zum zweiten Mal ermöglicht die Partnerschaft zwischen dem Bayerischen Finanz Zentrum e.V., der Complementa Investment-Controlling AG und J.P. Morgan Asset Management (Schweiz und Deutschland) Einblicke in die diskrete, der breiten Öffentlichkeit üblicherweise verschlossene Welt der Family Offices, die eine sehr vermögende Klientel betreuen.

Vor dem Hintergrund der jüngsten Verwerfungen an den Kapitalmärkten und den erheblichen finanziellen Einbußen zahlreicher Marktteilnehmer lag das Augenmerk der aktuellen Studie 2010 darauf, welche Veränderungen die Finanzkrise bei Family Offices in den Bereichen Asset Management, Risikomanagement und Investment-Controlling hervorgerufen hat.

Zusätzlich wird das Engagement von Family Offices in den Bereichen Private Equity, Hedgefonds und Tangible Assets untersucht „Die sehr positive Resonanz auf die erste Untersuchung und die kooperative Mitarbeit der Family Offices haben uns bewogen, in diesem Jahr die vertrauensvolle Zusammenarbeit fortzuführen. Unsere Arbeit wurde in erheblichem Maße dadurch belohnt, dass sich die Zahl der mitwirkenden Family Offices gegenüber dem Vorjahr mehr als verdoppelte“, betont Gerke.

Breit gestreutes Untersuchungssample

So wurden von Mai bis Juli 2010 insgesamt 64 Family Offices befragt, während sich an der ersten Studie 2009 25 Family Offices beteiligten. Die Teilnehmer der aktuellen Studie haben ihren Sitz vorwiegend in der Schweiz (42,2 Prozent) und in Deutschland (39,1 Prozent), aber auch in Großbritannien, Monaco oder den Bermudas.

Auch die Vermögensinhaber hinter den Family Offices kommen zumeist aus Deutschland und der Schweiz sowie aus Nord- und Südamerika, dem Nahen Osten, Asien oder Israel. Unter den Teilnehmern finden sich zu einem Drittel Single Family Offices und zu rund zwei Dritteln Multi Family Offices.

Von den betreuten Vermögen im Untersuchungssample sind rund ein Zehntel kleiner als 300 Millionen Euro, rund ein Viertel zwischen einer und drei Milliarden Euro und ein weiteres Zehntel über drei Milliarden Euro groß. Den größten Anteil haben mit 40,6 Prozent Vermögen zwischen 300 Millionen und einer Milliarde Euro.

Allokation individuell sehr unterschiedlich

Da sich mit der Finanzkrise für viele Anleger die Bedeutung von Sicherheit und Liquidität gegenüber den Renditezielen gesteigert hat, waren bei der vorliegenden Befragung Veränderungen von Risikobereitschaft, strategischer Asset Allocation und Anlageprozessen sowie Renditeerwartungen von besonderem Interesse.

Die Professionalität der Family Offices zeigt sich nicht zuletzt darin, dass mit 82,8 Prozent ein Großteil der Family Offices eine strategische Asset Allocation etabliert hat. Die effektive Allokation ist jedoch individuell sehr unterschiedlich ausgeprägt.

Insgesamt liegen die langfristigen Renditeerwartungen für die Gesamtvermögen der Family Offices zwischen fünf und zehn Prozent. Im Ländervergleich sind die Renditeerwartungen in Deutschland etwas konservativer als in der Schweiz sowie den anderen Ländern.

Der Wunsch nach Transparenz ist gestiegen

Knapp über 80 Prozent der befragten Family Offices nutzen eine umfassende Vermögenskonsolidierung als Grundlage zur Schaffung von Transparenz in der Investmenttätigkeit und als mögliche Basis für ein Investment-Controlling. Der Wunsch nach Übersicht und Transparenz mag eine Folge der Finanzkrise sein, in der nach eigenen Angaben einige Family Offices aufgrund mangelnder Transparenz Risiken nicht oder zu spät erkannten.

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Allerdings verfügt nur rund ein Viertel aller Teilnehmer über ein umfassendes Performance-Reporting über alle Vermögenswerte hinweg – Gründe hierfür könnten die Komplexität der Vermögensstruktur und die dieser nicht immer gewachsene IT-Infrastruktur bei den Family Offices sein.

Alternative Anlagen zunehmend im Fokus

Private Equity stellt für Family Offices eine wichtige Anlageklasse dar. Aufgrund der hohen Rendite-erwartungen von zehn bis 20 Prozent haben die Befragungsteilnehmer rund acht Prozent des verwalteten Vermögens in diese Anlageklasse allokiert.

Mit 28 Prozent gibt fast jedes dritte Family Office an, seine Private Equity-Allocation über die nächsten zwölf Monate erhöhen zu wollen. Dabei werden Direkt- und Co-Investitionen präferiert, aber auch indirekte Anlageformen wie Limited Partnerships haben eine hohe Bedeutung. Auch Hedgefonds haben sich in der Allocation alternativer Anlageformen etabliert, nicht zuletzt da sie eine große Vielfalt möglicher Anlagegegenstände und -strategien umfassen können.

Der durchschnittliche Anteil beträgt bei allen untersuchten Family Offices sieben Prozent des verwalteten Vermögens, bei den bereits Investierten liegt die Quote sogar bei durchschnittlich 14,9 Prozent. Insgesamt berücksichtigen rund 80 Prozent der befragten Family Offices Hedgefonds in der Allocation.

Entgegen der naheliegenden Vermutung stellen nicht etwa Spekulationsabsichten, sondern vielmehr Diversifikationsgedanken die wichtigste Motivation für Hedgefonds-Anlagen von Family Offices dar. Renditeerwartungen sind demgegenüber weniger relevant. Die Studienteilnehmer bekundeten auch für die Zukunft großes Interesse an Hedgefonds.

Tangible Assets ermöglichen Diversifikation

Family Offices investieren auch in exotischere Anlageklassen, die typischerweise nicht in der Asset Allocation eines institutionellen Investors zu finden sind: Luxus-Liegenschaften, Yachten, Pferde, Kunstgegenstände oder Sammlungen wie Autos, Wein oder Uhren. Zwei Drittel der befragten Family Offices investieren in solche Tangible Assets.

Als wichtigster Grund hierfür gilt die Diversifikation des Vermögens, gefolgt von der persönlichen Vorliebe oder Leidenschaft des Vermögensinhabers. Aspekte wie Rendite oder Risiko sind nur von untergeordneter Bedeutung. Von den Befragten wurde insbesondere Kunst mit 55 Prozent vor Ferienliegenschaften mit 41 Prozent sowie Wald und Farmland mit 36 Prozent genannt.

„Aus Diversifikationsgründen stellen Tangible Assets eine interessante Beimischung zu traditionellen wie auch alternativen Portfolios dar. Tangible Assets sind mit den anderen Anlageklassen schwach oder sogar negativ korreliert und können sich in Krisensituationen deswegen oft als vorteilhaft erweisen“, erläutert Sibylle Peter, Mitglied der Geschäftsleitung der Complementa Investment-Controlling AG.

Diskrete Player am Finanzmarkt

Da Family Offices ein extrem hohes Maß an Diskretion pflegen, war es auch dieses Jahr eine besondere Herausforderung, Teilnehmer für die Studie zu gewinnen. Dies gelang vielfach nur aufgrund der langjährigen vertrauensvollen Zusammenarbeit, durch persönliche Ansprache und nachhaltige Bestätigung der Wahrung der Anonymität der Ergebnisse.

„Umso dankbarer sind wir den zahlreichen Family Offices für das uns entgegengebrachte Vertrauen“, betont Peter Schwicht, Leiter von J.P. Morgan Asset Management in Deutschland und verantwortlich für das institutionelle Geschäft in Kontinentaleuropa. Er betont, dass durch die enge Zusammenarbeit der drei Partner nun in Ergänzung zu der ersten Studie zusätzlich auch der deutsche Markt etwas umfangreicher abgedeckt werden konnte und der Themenbereich Alternative Assets integriert wurde.

„Wir freuen uns, mit den Ergebnissen der Befragung wieder interessante Schlussfolgerungen – sowohl für die Teilnehmer als auch für die Branche – ziehen zu können“, so das Fazit von Schwicht.

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