48 Prozent aller Family Offices haben in den vergangenen zwei Jahren ihr Leistungsspektrum erweitert. Der Grund: Die Erwartungen reicher Familien steigen rasant. Sie wollen nicht mehr nur Vermögen verwalten lassen, sondern umfassend betreut werden – von der Familien-Governance bis zur Cybersecurity.
Doch die operative Realität hinkt den Ambitionen hinterher. Das zeigt eine Studie von Campden Wealth und Alti Tiedemann Global, für den 146 Family Offices aus Nordamerika, Europa und Asien befragt wurden. Demnach kämpft die Branche vor allem mit drei Problemen.
Familien erwarten einen umfangreicheren Service
Am häufigsten haben Family Offices sogenanntes „Family Engagement“ neu eingeführt - also Programme zur Einbindung und Bildung der nächsten Generation. 23 Prozent der befragten Offices haben diesen Service in den vergangenen zwei Jahren neu eingeführt – häufiger als jeden anderen. Es folgen Cybersecurity (22 Prozent), Governance (19 Prozent) und Nachfolgeplanung (15 Prozent).
„Die Anforderungen an Family Offices, die Bedürfnisse ihrer Familien zu erfüllen, sind erheblich gestiegen“, erklärt Erik Christoffersen, Leiter der Family Office Practice bei Alti Tiedemann Global. Es gehe den Familien nicht mehr nur um Kapitalerhalt und Wachstum, sondern um die Frage: Was kann unser Geld für uns, die Familie und die Gesellschaft bewirken?
Diese Entwicklung verstärkt ein Globalisierungstrend: 57 Prozent der Family Offices betreuen inzwischen Familienmitglieder, die in verschiedenen Ländern leben. Für 85 Prozent hat deren Unterstützung hohe Priorität. Die größten Herausforderungen dabei sind Steuerplanung (74 Prozent), Investment Management (71 Prozent) und Nachlassplanung (68 Prozent).
Insgesamt identifizierten die Studienleiter 17 neue Service-Bereiche, die Family Offices in den vergangenen Jahren aufgebaut haben. Über 70 Prozent fanden es dabei nicht schwierig, diese Services zu etablieren – egal ob intern oder über Partner. Dennoch hapert es bei der Umsetzung, was an drei zentralen Schwachstellen liege:
1. Die Talent-Krise
Personal ist der größte Kostenfaktor von Family Offices – und zugleich das größte Problem. 70 Prozent haben Schwierigkeiten beim Recruiting qualifizierter Mitarbeiter, 65 Prozent kämpfen um den Erhalt ihrer Schlüsselkräfte. Das Nettowachstum der Teams liegt bei nur zwei bis drei Prozent jährlich.
Besonders dramatisch ist die Lage bei kleinen Family Offices mit weniger als 250 Millionen Dollar verwaltetem Vermögen. Dort machen die Gehälter der Geschäftsführung 72 Prozent der Gesamtkosten aus. Bei großen Offices sind es immerhin noch 39 Prozent.
„Der Pool erfahrener Kandidaten für Schlüsselpositionen schrumpft weiter“, warnen die Studienleiter. Family Offices müssten bei Neueinstellungen häufig Kompromisse eingehen oder reagieren hektisch, wenn wichtige Mitarbeiter gehen.
2. Der Technologie-Rückstand
Technologie sollte Family Offices dabei helfen, ihre komplexer werdenden Aufgaben zu bewältigen. Nur 50 Prozent nutzen jedoch moderne Investment-Technologie, bei operativen Systemen sind es sogar nur 36 Prozent.
Das rächt sich: 42 Prozent sind immer noch auf Excel-Tabellen angewiesen, ein Drittel aggregiert Finanzdaten manuell. „Wer mit veralteten Systemen arbeitet, ist deutlich unzufriedener mit der Qualität seiner Informationen für strategische Entscheidungen“, zeigen die Umfrageergebnisse.
Gleichzeitig experimentieren Family Offices bereits mit künstlicher Intelligenz. 29 Prozent nutzen KI für Research, 19 Prozent für Investment-Reporting. Doch die Technologie-Budgets bleiben bescheiden. Im Schnitt geben Family Offices zwischen 100.000 und 500.000 US-Dollar jährlich für ihre IT aus – ein Bruchteil der CEO-Vergütung.
3. Governance-Defizite
Große Defizite gibt es zudem bei der Familien-Governance. Zwar sehen 62 Prozent der Family Offices dies als Schlüsselpriorität. Doch zwei Drittel haben keinen formellen Mechanismus für Konfliktlösungen dokumentiert, fast die Hälfte arbeitet ohne schriftlichen Nachfolgeplan.
Die Folgen zeigen sich in den Zufriedenheitswerten. Office-Governance, Nachfolgeplanung und die Vorbereitung der nächsten Generation landen am Ende der Bewertungsskala. „Ohne solide Governance-Strukturen sind Family Offices anfällig für Familienkonflikte, die ihre Kontinuität und Effektivität bedrohen können“, so die Studienautoren. 45 Prozent der Family Offices glauben, ihre Nachfolger seien unzureichend auf künftige Aufgaben vorbereitet.
Outsourcing als strategische Antwort
Angesichts dieser Herausforderungen setzen Family Offices verstärkt auf externe Partner. Zwischen 86 und 96 Prozent lagern bestimmte Services komplett oder teilweise aus – am häufigsten Rechtsberatung, Steuerplanung und IT-Services.
Dabei spielt auch der Kostendruck eine Rolle. Während große Family Offices mit mehr als einer Milliarde Dollar nur 20 Basispunkte ihres verwalteten Vermögens für den Betrieb ausgeben, sind es bei kleinen Offices 61 Basispunkte. Die Gesamtkosten stiegen 2024 um fast fünf Prozent – deutlich über der Inflationsrate von 2,9 Prozent.
Doch die Qualität des Outsourcings schwankt: Nur 27 Prozent der Family Offices bescheinigen ihren externen Partnern durchweg exzellente Leistungen. 42 Prozent sind nur zufriedenstellend bedient.
„Der Schlüssel zum erfolgreichen Outsourcing liegt nicht nur in der Auswahl der richtigen Partner, sondern auch darin, wie diese Beziehungen gemanagt werden“, betonen die Autoren. Erfolgreiche Family Offices behandelten externe Dienstleister als echte Erweiterung ihres Teams.
Davon könnten Multi Family Offices und Wealth Manager profitieren, denn Family Offices suchen zunehmend strategische Partner, die eine breite Palette von Services anbieten und andere externe Beziehungen koordinieren können.
Cybersecurity als größtes Risiko
70 Prozent der Family Offices sehen Cybersecurity als ihr größtes operationales Risiko – ein Anstieg von 59 Prozent im Vorjahr. Der Grund: 60 Prozent haben bereits mindestens einen Cyberangriff erlebt.
Phishing-Attacken sind mit 48 Prozent am häufigsten, gefolgt von Datenpannen (19 Prozent) und Malware (17 Prozent). Das hatte für einige Family Offices bereits ernste Folgen: 17 Prozent erlitten finanzielle Verluste, 15 Prozent mussten die Preisgabe persönlicher Informationen verkraften. Trotzdem fühlen sich die meisten Family Offices sicher. Zwischen 74 und 89 Prozent sind zuversichtlich, Angriffe abwehren zu können.
Was Wealth Manager jetzt tun sollten
„Family Offices genießen im Allgemeinen hohe Mitarbeiterloyalität, bieten ihren Familien konstante Investment-Performance und haben die Kapazität, Komplexität zu bewältigen“, schlussfolgert Dominic Samuelson, CEO von Campden Wealth. „Aber sie haben auch Schwächen bei familienbezogenen Themen wie Governance und Nachfolgeplanung.“
Für Wealth Manager und Multi-Family Offices ergeben sich daraus aber auch Möglichkeiten. Family Offices brauchen professionelle Partner, die ihnen dabei helfen, diese Herausforderungen zu meistern. Besonders gefragt sind spezialisierte Expertise und die Fähigkeit, verschiedene Services aus einer Hand anzubieten.
Wer Family Offices als Kunden gewinnen will, muss laut der Studienleiter mehr bieten als nur Investment Management. Gefragt sind ganzheitliche Lösungen, die operative Exzellenz mit familienzentrierten Services verbinden.