Noch wenige Vorreiter Wirkung im Blick: Wie Family Offices Impact Investing integrieren

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Beim Aufbau eines Impact-Portfolios können Family Offices aus einer immer breiteren Palette spezifischer Impact-Fonds wählen. Gerade bei Sekundärmarkttransaktionen ist die Wirkung allerdings begrenzt. Idealtypisch finden Impact-Investments auf dem Privatmarkt in den Bereichen Private Equity und Private Debt statt. Speziell Unternehmen in der Gründungsphase stehen im Fokus. Auch Immobilien- oder Infrastrukturinvestments wird ein potenziell hoher Impact zugeschrieben.

Impact Investing: Family Offices als Trüffelschwein

„Wir versuchen als erstes die Frage zu klären, was die Familie wirklich unter Impact versteht. Bedeutet es, dass man in Unternehmen investiert, die diesen Impact hoffentlich bewirken oder möchte man selbst Impact erzielen?“, sagt Michael Jänsch, Geschäftsführer des Focam Family Office. Focam will neben bekannten Kriterien bei Investitionsentscheidungen, zunehmend auch Impact als Faktor etablieren.

Die meisten Impact-Investments seien dabei auf der Venture-Capital-Seite zu finden – entweder als Direktinvestitionen oder über VC-Fonds, die sich Impact-Themen auf die Fahne schreiben. Und die Arbeit eines Multi Family Offices bestehe auch darin, „eine Art Trüffelschwein zu sein“, das am Markt den passenden Anbieter oder das passende Unternehmen findet, das die Wünsche der Familie erfüllt.

„Wenn wir über das Liquide sprechen, haben wir für die Auswahl und das Reporting von Nachhaltigkeitskriterien verschiedene Anbieter, die wir nutzen“, fährt Jänsch fort. Neben MSCI ist das zum Beispiel Screen17, ein junges Unternehmen, das mit einem Scoring-System Unternehmen laufend in Bezug auf die 17 UN-Nachhaltigkeitsziele analysiert. Darüber können die Focam-Portfoliomanager bestimmte Themen justieren, anpassen und die Portfolien darauf ausrichten. Zudem arbeitet das Multi Family Offices mit dem Climate-Tech right based on science sowie der Wertestiftung in Frankfurt zusammen. Um Themen wie Impact Investing und Nachhaltigkeit auszubauen, brauche es für Family Offices auch externe Unterstützung, ist sich Jänsch sicher. Eben weil die Themen so komplex und vielfältig sind. 

 

Komplex ist beim Impact Investing speziell die konkrete Wirkungsmessung. Hierin liegt gleichzeitig eine der größten Herausforderungen. Denn bisher hat sich noch kein einheitlicher Impact-Messungs- und -Management- Standard etabliert. Es gibt allerdings eine Vielzahl anerkannter Frameworks. Dazu gehören:

Five Dimensions of Impact des Impact Management Projects (IMP)
Operating Principles for Impact Management
IRIS catalogue of impact metrics (GIIN)

Über diese und andere Rahmenwerke hinaus nutzt mehr als die Hälfte der von der Bundesinitiative Impact Investing im Rahmen einer Studie befragten Investoren – darunter zahlreiche Family Offices – in Deutschland eigene Metriken und Indikatoren, um Wirkung zu messen. Das erschwert die Vergleichbarkeit unterschiedlicher Ansätze und Investoren zusätzlich. Multi oder Single Family Offices sind beim Impact Management und der Messung gefordert. Sie müssen mit Unternehmen und Fondsmanagern vorab Ziele und Maßzahlen definieren, diese individuell tracken, um neben der finanziellen Rendite auch einen Impact-Return zu bestimmen.

Impact-Kennzahlen genau wie Finanzkennzahlen ermitteln

„Mit der gleichen Ernsthaftigkeit, mit der man vorher Ebit, Umsatz oder Marktanteile geplant und ermittelt hat, muss man auch Impact-Kennzahlen ermitteln“, sagt Fritz. Seiner Meinung nach sollte der Fokus dabei derzeit noch nicht auf einer Standardisierung des firmenübergreifenden Reportings des Impacts, sondern auf einer Standardisierung der internen Abläufe des Berichtswesens und dem Abgleich von Investitionsentscheidungen liegen.

Stefan Fritz von Primepulse.
Stefan Fritz von der
Investmentgesellschaft
Primepulse.
©Primepulse

Erstaunlich: Am häufigsten wird laut der Marktstudie der Bundesinitiative Impact Investing die EU-Taxonomie mit der Offenlegungsverordnung SFDR von Impact- Investoren als Rahmenwerk genutzt (41,4 Prozent) – obwohl Impact Investing darin weder definiert noch umschrieben wird.

Wollte man das Verhältnis zwischen Regulatorik und Impact Investing als Beziehungsstatus beschreiben, hieße es ohnehin: „Es ist kompliziert.“ Einerseits zwingen regulatorische Rahmenbedingungen Multi Family Offices zum regelmäßigen Reporting in Bezug auf soziale und ökologische Probleme zur Datenerfassung und Berichterstattung. So kann die Regulierung für besseren Schutz vor „Impact Washing“ sorgen – wenn Unternehmen oder Fonds eine Wirkung für sich beanspruchen, die sie in Wirklichkeit nicht haben.

Andererseits besteht die Gefahr, dass Bestimmungen zu spezifisch und dadurch nicht praktikabel sind. So könnte der Regulator mit seinen Initiativen Impact Investing auch ausbremsen. „Was momentan mit der Regulatorik geschaffen wurde, ist ein Berg, den kaum einer mehr überblicken kann“, bemängelt Eberle. „Beispiel Taxonomieverordnung: Es gibt keine abschließende Möglichkeit, alle Anforderungen und Vorgaben zu den geforderten Messungen valide zu erfüllen.“

Wie Impact Investing bei professionellen Investoren in der Breite ankommt

4L Capital begegne dem mit Transparenz. „Wir kommunizieren, an welchem Punkt bestimmte regulatorische Anforderungen nicht eins zu eins umsetzbar sind, und zeigen auf, was wir tun und wie wir es tun. Damit holen wir die Kunden ab.“ Yvonne Brückner sieht für die Family Offices eine Menge Arbeit. „In der Praxis haben viele Family Offices alle Hände voll zu tun mit dem Tagesgeschäft. Längst nicht alle sehen sich da in einer edukativen Rolle, sondern sind intensiv
damit beschäftigt, die Bedürfnisse und Impulse der Vermögensinhaber zu bedienen – ohne zusätzlich eigene Themen zu setzen“, sagt sie. Daher erwarte sie nicht, dass Family Offices Impact Investing systematisch vorantreiben werden.

Yvonne Brückner von
Resfutura. © Resfutura

Stattdessen dürfte es mehrere Treiber geben: eine Weiterentwicklung der Regulatorik (sowohl auf der unternehmerischen als auch auf der Kapitalanlageseite) – Fortschritte in Impact-Management und -Messung, ein wachsendes Angebot an hochwertigen und transparenten Investmentprodukten, ein Kompetenzaufbau bei Family Offices und Vermögensinhabern und nicht zuletzt der bei vielen Familien anstehende Generationenübergang. Die jüngere Generation wird die Anlageziele ihrer Familien für die nächsten Jahrzehnte bestimmen – und dabei stärker die Wirkung im Blick haben. Dann könnten Family Offices auch in der Breite die Vorreiterrolle einnehmen, die ihnen bereits jetzt zugeschrieben wird.


Dieser Text erschien im private banking magazin Ausgabe 02/2023. Die PDF-Version des Magazins finden Sie hier zum Download.

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