Hochvermögende Familien berücksichtigen geopolitische und steuerrechtliche Fragen stärker als früher – nicht nur bei ihren Investitionsentscheidungen, sondern auch bei der Strukturierung ihres Gesamtvermögens. Das zeigt das jüngst erschienene „Family Barometer 2023“. Die Studie wird jährlich gemeinsam von Julius Bär und der Beratungsgesellschaft PWC erarbeitet. Für die aktuelle Ausgabe wurden mehr als 1.500 Personen aus dem Kreis der Schweizer Privatbank, der Unternehmensberatung sowie Experten aus Europa, Asien, dem Nahen Osten und Amerika befragt, die mit vermögenden Kunden arbeiten oder sie beraten.
Diese fünf wichtigsten Themen jenseits der Geldanlage haben die Befragten in der Reihenfolge ihrer Wichtigkeit genannt:
1. Struktur des Familienvermögens
In den letzten Jahrzehnten haben sich wohlhabende Familien über den ganzen Globus verteilt, da sie in verschiedenen Ländern studieren, arbeiten und heiraten. Infolgedessen benötigen wohlhabende Familien mehr spezialisierte Beratung, weil die Anforderungen durch verschiedene gesetzliche Rahmenbedingungen und geopolitische Krisen komplexer geworden sind.
2. Steuern und Regulierung
Die steigende Komplexität macht sich auch in einem anderen Bereich bemerkbar. Steuern wurden im Jahr 2022 noch als viertwichtigstes Thema unter hochvermögenden Familien eingestuft. Inzwischen stehen Steuer- und Regulierungsfragen auf dem zweiten Platz der „brennenden Themen“. Ein Grund: Weil immer mehr vermögende Familien aus beruflichen oder privaten Gründen ihren Wohnsitz ins Ausland verlegen, müssen die Eigentumsstrukturen regelmäßig überprüft werden, um zu beurteilen, ob sie den neuen und länderspezifischen Steuervorschriften entsprechen und zukunftssicher sind. Politische Instabilität und der Druck auf Staatshaushalte führen wahrscheinlich dazu, dass der Trend zu mehr Transparenz und Änderungen im Steuerrecht anhält, so die Studienautoren. Für die Berater von vermögenden Familien werden somit lokale Fachkenntnisse des Steuerrechts immer wichtiger. In der deutschen Family-Office-Branche wird die steuerliche Beratung für Familienvermögen laut einer aktuellen Deloitte-Studie von einem Großteil der Family Offices ausgegliedert.
3. Family Governance
Eine überlegte Family Governance trägt dazu bei, das Vermögen einer Familie über Generationen hinweg zu erhalten. Familien erörtern Fragen der Unternehmensführung, die sich auf die Familienverfassung, gemeinsame Werte, Bildung, Nachfolge und sogar den Zweck des Unternehmens erstrecken, gemeinsam. Dies erfordert jedoch Planung und Organisation, insbesondere wenn kulturelle und generationsbedingte Unterschiede in den Familien größer sind als früher. Auch hier sind die Berater von Familien gefordert.
4. Politische Stabilität
Politische Stabilität ist in diesem Jahr unter hochvermögenden Familien weltweit das viertwichtigste Diskussionsthema. Die Umfrage zeigt, dass vermögende Familien die politische Stabilität und die Geopolitik stärker als früher berücksichtigen – nicht nur bei ihren Investitionsentscheidungen, sondern auch bei der Strukturierung ihres Gesamtvermögens. Für viele Familien bedeutet dies, dass sie von Investitionen in Märkte absehen, wo die geopolitische Situation zu zusätzlicher Komplexität oder einem Vermögensverlust führen könnte.
5. Philanthropie
Viele wohlhabende Familien sehen in Philanthropie laut dem Family Barometer mit ihrem Vermögen eine positive Wirkung zu erzielen und den Familienmitgliedern einen Zweck zu geben, der sie verbindet. Die Diskussion darüber, wie Philanthropie mit den Werten der Familie in Einklang steht, kann den Zusammenhalt zwischen den verschiedenen Zweigen und Generationen einer Großfamilie fördern. Darüber hinaus kann die Einbindung der nächsten Generation einer Familie schon in jungen Jahren Verantwortung und Identifikation mit den Familienwerten vermitteln.
Die gesamte Studie „Family Barometer 2023“ können Sie hier herunterladen.