Eine Reportage des ZDF über die Besteuerung von Superreichen hat für Aufregung gesorgt. Der Verband Die Familienunternehmer warf dem Sender in einem offenen Brief vor, Falschinformationen über das deutsche Steuersystem zu verbreiten. Doch ausgerechnet bei ihrer Kritik an der vermeintlich fehlerhaften Rechnung des ZDF unterlief dem Verband selbst ein Rechenfehler.
In dem Beitrag des Formats „ZDF heute Background Check“ ging es um die These, dass Multimillionäre in Deutschland durchschnittlich nur rund 21 Prozent Steuern zahlen würden – deutlich weniger als normale Arbeitnehmer. Der Unternehmerverband widersprach dieser Darstellung vehement und errechnete eine Gesamtsteuerlast von 57 Prozent für Inhaber von Kapitalgesellschaften.
Der Fehler in der Berechnung
Die Familienunternehmer hatten in ihrem Brief vorgerechnet: Bei Kapitalgesellschaften fielen 15,83 Prozent Körperschaftsteuer inklusive Solidaritätszuschlag an, dazu kämen durchschnittlich 15 Prozent Gewerbesteuer sowie 26,375 Prozent Abgeltungsteuer – macht zusammen 57 Prozent Steuerlast.
Das Netzwerk Steuergerechtigkeit wies jedoch darauf hin, dass diese Berechnung fehlerhaft war. „Wer das Einmaleins des deutschen Steuerrechts nicht beherrscht, sollte sich mit der Kritik zurückhalten“, schrieb die Organisation in einer Antwort auf den Brief der Familienunternehmer. Der Verband hatte in seiner Aufregung Steuersätze einfach addiert, statt zu berücksichtigen, dass die Abgeltungsteuer nur auf knapp 70 Prozent des Nachsteuergewinns fällig wird.
Die Familienunternehmer räumten den Fehler in einem Addendum zu ihrem Brief ein. Die tatsächliche kumulierte Steuerbelastung liege bei etwa 51 Prozent, nicht bei 57 Prozent.
Hintergrund der ZDF-Recherche
Der ursprüngliche ZDF-Beitrag thematisierte die Vermögensungleichheit in Deutschland und mögliche Steuerprivilegien für Wohlhabende. Laut Zahlen der Europäischen Zentralbank besitzen die oberen zehn Prozent der Bevölkerung rund 61,2 Prozent des Gesamtvermögens – etwa 10,5 Billionen Euro im Jahr 2023.
Besonders kritisch beleuchtete der Beitrag dabei verschiedene legale Möglichkeiten der Steueroptimierung für Vermögende. So könnten Unternehmer beispielsweise durch geschickte Konstruktionen mit Beteiligungsgesellschaften ihre Steuerlast deutlich reduzieren. Die Familienunternehmer argumentieren hingegen, dass solche Strukturen wichtig seien, um Investitionen zu ermöglichen und Arbeitsplätze zu sichern.
In Deutschland leben laut Boston Consulting Group etwa 3.300 Hochvermögende mit mehr als 100 Millionen Dollar Finanzvermögen. Damit liegt die Bundesrepublik weltweit auf Platz drei hinter den USA und China. Der ZDF-Beitrag schätzt, dass dem Staat durch verschiedene Steuerprivilegien jährlich Milliarden entgehen.